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Pneumologen fordern Werbeverbot
E-Zigaretten als Einstiegsdroge?

Drei Millionen Menschen rauchen E-Zigarette, das übliche Rauchverbot gilt für sie nicht. In der Bahn ist sie trotzdem verboten und darf auch nicht an Minderjährige verkauft werden. Suchtexperten fürchten, dass die E-Zigarette zum Tabakrauchen verleitet.

Von Daniela Siebert | 20.04.2018
    Eine Frau raucht in Hamburg eine elektrische Zigarette. Die elektronische Zigarette wird als "gesunde Alternative" zum Rauchen gehandelt, da sie keinen Tabak verbrennt. Kritiker warnen aber davor, die Auswirkungen des E-Glimmstängels zu unterschätzen.
    Die elektronische Zigarette wird als "gesunde Alternative" zum Rauchen gehandelt, da sie keinen Tabak verbrennt. Kritiker warnen davor, die Auswirkungen des E-Glimmstängels zu unterschätzen. (dpa / Marcus Brandt )
    Die Sonne scheint, warmer Aprilwind streicht über die Wiese vor dem Reichstagsgebäude. Bei den vielen jungen Menschen, die diese Szenerie genießen, scheinen E-Zigaretten kein Thema.
    "Noch nicht so die Möglichkeit dazu gehabt, und den Willen."
    "Also das machen schon manche, aber die meisten Jugendlichen greifen dann eher zu normalen Zigaretten."
    Und selbst die wenigen, die E-Zigaretten probiert haben, zeigen sich wenig begeistert.
    "Unangenehm, weil ich einfach mit dem ganzen Geschmack nicht klarkam, mit dem ganzen Zeug, das hat alles nicht getaugt, ich habe wieder aufgehört damit."
    "Meine Mutter ist auf die E-Zigarette umgestiegen, und ich habe probiert, dran gezogen, ist nicht so mein Fall, ich musste stark husten, bei ihr war Tabak drin, es ist zwar praktisch, weil die Finger nicht stinken, aber mein Fall ist es jetzt nicht."
    Junge Erwachsene häufigste Konsumenten
    Über drei Millionen Deutsche haben schon E-Zigarette geraucht, bilanziert die Drogenbeauftragte der Bundesregierung Marlene Mortler. Berücksichtigt man auch das bloße Ausprobieren, Studien sprechen dann von "Jemalskonsum", dann sind Jugendliche und junge Erwachsene die häufigsten Konsumenten. Ein Problem, findet die Fachgesellschaft der Lungenärzte, die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie. Robert Loddenkemper.
    "Die kommen zur E-Zigarette, und dann gibt es eben Untersuchungen, die zeigen, dass viele dann umschwenken auf die Tabakzigarette."
    Und zwar dauerhaft. Verantwortlich machen die Pneumologen dafür vor allem das Ritual, das da etabliert wird.
    "Das ist eine vorwiegend psychische Abhängigkeit, die sich natürlich körperlich dann auch bemerkbar machen kann. Die E-Zigaretten sehen ähnlich aus wie die Tabakzigaretten, und das führt eben dazu, dass es ein Ritual ist und dass man also durchaus das als Gewohnheit dann akquiriert."
    Propylenglykol, Glyzerin, Nikotin
    Natürlich sehen die Pneumologen auch in vielen Inhaltsstoffen der E-Zigaretten ein Problem, etwa in Propylenglykol, Glyzerin, Aromastoffen und dem Nikotin, die beispielsweise Zellen-, Herz- und Lungenschäden auslösen könnten. Entscheidend für ihre derzeitige Informationsoffensive zum Thema E-Zigarette sind aber neue Zahlen.
    "Da gibt es jetzt verschiedene Publikationen, die darauf hinweisen, dass wenn man zwei Gruppen vergleicht, einmal Jugendliche, die keine E-Zigaretten rauchen und Jugendliche, die E-Zigaretten rauchen, dass die, die E-Zigaretten rauchen, mindestens doppelt, wenn nicht vierfach so häufig doch anfangen mit Tabakzigaretten."
    Beim "Verband des E-Zigarettenhandels" VD-EH stößt das auf Widerspruch. Geschäftsführer Dac Sprengel:
    "Den Einstieg mit E-Zigaretten, den gibt es eigentlich nicht. Das sind 1,4 Prozent, die den Einstieg mit E-Zigaretten machen. Natürlich sind jüngere Menschen neugieriger, besser vernetzt, kriegen mehr Informationen rein, sind experimentierfreudiger, aber die E-Zigarette ist ein Produkt für Raucher, und auch jüngere Menschen, die mit der E-Zigarette anfangen, sind Raucher gewesen vorher."
    "Nicht für Nichtraucher, Jugendliche und Kinder"
    Ganz harmlos findet auch der VD-EH seine Produkte nicht. Auf seiner Internetseite schreibt er.
    "Die E-Zigarette eignet sich nicht für Nichtraucher, Jugendliche und Kinder."
    Als Einstiegsdroge ins Tabakzigarettenrauchen - die sogenannte "Gateway-Hypothese" - dürfe man die E-Zigarette nicht klassifizieren, so Dac Sprengel:
    "Wir sehen den Zusammenhang nicht. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen beispielsweise hat in ihrem ganz aktuellen Jahrbuch 2018 - das ist im März rausgekommen - keinen 'Gateway-Effekt' gesehen."
    Das stimmt so nicht. Die Hauptstelle für Suchtfragen schreibt vielmehr:
    "Denkbar erscheint zudem gemäß der sogenannten Gateway-Hypothese, dass elektrische Inhalationsprodukte insbesondere bei Kindern und Jugendlichen den konsekutiven Einstieg in den Tabakkonsum begünstigen."
    "Generell auf Rauchen oder Dampfen verzichten"
    Die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und die Bundesdrogenbeauftragte leiten aus dieser Gefahr konkrete Forderungen ab: ein Werbeverbot für E-Zigaretten und ihre Einstufung als "gesundheitsgefährdende Suchtmittel". Marlene Mortler:
    "Nikotinhaltige Zigaretten bzw. E-Zigaretten sind immer schädlicher, also das Suchtpotential ist wesentlich höher, aber es schließt nicht aus, dass die E-Zigaretten, die kein Nikotin enthalten, das Maß aller Dinge sind. Am liebsten ist mir, dass wir in erster Linie auf unsere Gesundheit schauen, und gesund sein und bleiben, heißt: generell auf das Rauchen oder Dampfen zu verzichten."