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Politik und Tierrechte
Philosoph Ladwig: Vom Menschen dominierte Nutztierhaltung abschaffen

Bernd Ladwig, Professor für politische Theorie und Philosophie an der FU Berlin, fordert, Tieren gesetzlich dieselben Grundrechte zuzusprechen wie Menschen. Es gebe keinen Grund, Individuen nur aufgrund ihres Erbguts zu diskriminieren, sagte Ladwig im Dlf.

Bernd Ladwig im Gespräch mit Birgid Becker | 28.06.2020
Der Politikwissenschaftler Bernd Ladwig im Studio von Deutschlandradio Kultur.
Der Politikwissenschaftler und Philosoph Bernd Ladwig fordert: Grundrechte auch für Tiere. (Deutschlandradio - Andreas Buron)
Das Recht auf körperliche Unversehrtheit, das Recht einer Mutter, nicht von ihrem Kind getrennt zu werden, das Recht, nicht in engen Räumen eingesperrt zu werden: Tiere hätten in vielerlei Hinsicht die gleichen Bedürfnisse wie Menschen, sagte Ladwig im Dlf.
"Tiere sind wir ja auch", erklärte er weiter. "Was uns von anderen Tieren unterscheidet ist, dass wir über unsere Pflichten nachdenken können und aus Einsicht Veränderungen vornehmen können. Wir sind deswegen auch moralisch verantwortlich."
Er betrachte Tiere unter dem Gesichtspunkt, dass es Individuen seien, denen es etwas ausmache, wie wir als Menschen sie behandelten, "die etwas empfinden können, die leiden können, die Freude empfinden können und Ähnliches mehr." Es sei falsch, Individuen nur aufgrund ihres Erbgutes zu diskriminieren.
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Fleisch, Eier und Milch entstehen unter Missachtung tierischer Rechte
Ladwig forderte, langfristig die vom Menschen dominierte Nutztierhaltung abzuschaffen. "Die Fleischwirtschaft, die Massenproduktion von Milch und Eiern, das alles ist nur um den Preis der Missachtung tierischer Bedürfnisse zu haben, und ist moralisch unzulässig."
In einer Welt, in der Tiere die gleichen Grundrechte hätten wie Menschen, müsse es zudem verboten sein, Wildtiere in Zoos zu halten, einzusperren oder aus ihrem natürlichen Lebensraum herauszureißen.
Tieren müsste gesetzlich garantiert werden, dass ihr Wohl und ihre Interessen geschützt werden - analog zu den menschlichen Grundrechten. Daher sei es auch wichtig, dass es Interessensvertreter für Tiere gebe wie Tierrechtsanwälte und Ähnliches. Wichtig sei dabei, dass uns Menschen klar sein müsse, dass "wir Entscheidungen treffen, die auch Tiere angehen und die auch aus deren Perspektive akzeptabel sind."
Mit Blick auf die aktuelle Diskussion um die Situation in Schlachthöfen sagte Ladwig im Dlf: All das sei nur möglich, indem man auch die Grundrechte von Tieren missachte. In den Schlachthöfen träfen sich aktuell Fragen menschlicher und tierischer Grundrechte. Doch nicht nur die Politik, auch Verbraucher könnten etwas an den dortigen Zuständen ändern:
"Das Minimum, was man tun kann, ist, bewusster als Bürger und Konsumenten zu entscheiden."
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.