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Politiker in der Wirtschaft
Kritik an Bahrs Wechsel zur Allianz

Es ist bereits der dritte Politiker-Wechsel in die Wirtschaft in kurzer Zeit, und Lobbywächter fürchten eine Interessen-Kollision: Daniel Bahr (FDP), früherer Bundesgesundheitsminister, geht zur Allianz. Als Minister habe er private Krankenversicherungen unterstützt, lautet die Kritik.

Von Michael Braun | 30.09.2014
    Der FDP-Politiker Daniel Bahr
    Kritik an seinem Wechsel in die Wirtschaft: Der FDP-Politiker Bahr (picture alliance / dpa / Paul Zinken)
    Er bleibt bei seinen Leisten. Daniel Bahr hat Volkswirtschaft studiert und sich im Masterstudium auf Gesundheitsökonomie spezialisiert. Das hat er in seiner politischen Arbeit als Bundesgesundheitsminister nutzen können. Das kommt ihm nun zupass: Rund ein Jahr nach der politischen Arbeit wechselt er in die private Krankenversicherung. Zunächst als Generalbevollmächtigter zur Allianz Private Krankenversicherung AG, später als Vorstand. Die Allianz wolle ihn nicht wegen seiner politischen Beziehungen, sondern brauche ihn für eine "operative Position", sagt die Allianz-Sprecher Christian Teichmann:
    "Er wird zuständig für Vertriebsfragen und die Ausgabenseite der Krankenversicherung, also das heißt: Abrechnung und Verträge mit Leistungserbringern wie Ärzten oder Kliniken."
    Keine Lobbyaufgaben
    Als die Personalentscheidung bekannt wurde, kamen Assoziationen zu Ronald Pofalla auf: Der ehemalige Kanzleramtsminister geht mit dem Auftrag zur Bahn, die politischen Beziehungen des Staatsunternehmens zu pflegen. Und zu Dirk Niebel. Der ehemalige Entwicklungshilfeminister wird Lobbyist beim Rüstungskonzern Rheinmetall. Das sei bei ihm anders, sagte Bahr der Süddeutschen Zeitung. Er ziehe mit seiner Familie nach München. Lobbyarbeit machten bei der Allianz andere, er nicht. So stellt das auch die Allianz dar:
    "Nein, er hat keine Lobbyaufgaben, sondern er ist im echten unternehmerischen Geschäft unterwegs."
    Vorarbeit für die berufliche Karriere
    Bahr hat in seiner Amtszeit die private Krankenversicherung politisch unterstützt. Die FDP sorgte dafür, dass die Versicherungspflichtgrenzen sanken und sich damit der Kreis möglicher Kandidaten für die private Krankenversicherung größer wurde. Bekannt wurde Bahr vor allem wegen des "Pflege-Bahr": Das ist ein Zuschuss von fünf Euro, wenn Versicherte zusätzlich zur gesetzlichen Versicherung privat für den Pflegefall vorsorgen. Der gemeinnützige Verein Lobbycontrol, der Machtstrukturen zwischen Politik und Wirtschaft ausleuchten will, sieht auch Bahrs Wechsel in die private Versicherungswirtschaft kritisch, fragt sich, ob Bahrs Ministereinsatz für die private Krankenversicherung politisch begründet war oder Vorarbeit für die spätere berufliche Karriere. Timo Lange von Lobbycontrol:
    "Da hat sich ein Minister stark für eine Branche eingesetzt, hat auch Instrumente politisch entwickelt, mit entwickelt, die ja auch seinen Namen tragen. Aber genau das sind doch diese Alarmzeichen, die dazu führen müssen, dass man es genauer prüfen müsste, welche Beziehungen gab es zwischen dem künftigen Arbeitgeber, also jetzt der Allianz, und Herrn Bahr. Das sind all diese Faktoren, die in die Bewertung mit einfließen müssen."
    Die Allianz Private Krankenversicherungs AG ist sozusagen eine Enkelin der börsennotierten Allianz SE: Deren Tochter ist die Allianz Deutschland AG und deren Tochter wiederum die Spartengesellschaft Allianz PKV AG. Sie ist nach Debeka, DKV und Axa der viertgrößte private Krankenversicherer mit rund 650.000 Kunden und einem Umsatz von 3,3 Milliarden Euro. Das sind elf Prozent des Geschäfts der Allianz Deutschland AG und ist nach der Lebens- sowie der Schaden- und Unfallversicherung der kleinste Geschäftsbereich.