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Politiker oder Banker - wer hat das Sagen?

Beim umstrittenen Rückkauf der EnBW-Anteile und den damit in Zusammenhang nun veröffentlichten E-Mails entstehe der Eindruck, dass das Primat der Politik nicht gegolten habe. Dieser Eindruck sei aber falsch, betont Thomas Strobl, Landesvorsitzender der CDU Baden-Württemberg.

Thomas Strobl im Gespräch mit Friedbert Meurer |
    Friedbert Meurer: Fast fünf Milliarden Euro hat das Land Baden-Württemberg dafür bezahlt, wieder ganz in den Besitz des Energiekonzerns EnBW zu gelangen – eine Menge Geld auch für das reiche Baden-Württemberg. Stefan Mappus hat aber jenen folgenschweren Kaufvertrag am Landesparlament vorbei geschlossen; der Staatsgerichtshof entschied, das war Verfassungsbruch. E-Mails legen den Verdacht nahe, dass nicht Mappus, sondern der Investment-Banker Dirk Notheis die Fäden zog. Und der Rechnungshof prüft, was das alles eigentlich die so sparsamen Schwaben gekostet hat.

    Am Telefon begrüße ich Thomas Strobl, er ist der Landesvorsitzende der CDU Baden-Württembergs. Guten Morgen, Herr Strobl.

    Thomas Strobl: Guten Morgen und grüß Gott!

    Meurer: Wie groß ist der Schaden, den Stefan Mappus für Ihr Bundesland angerichtet hat?

    Strobl: Nun, das wird sich zeigen, ob überhaupt im ökonomischen Sinne ein Schaden entstanden ist. Ich glaube, dass das auch jetzt unabhängig von dem, was der Rechnungshof heute sagen wird, für den Moment schwer zu beantworten ist. Das wird die Geschichte zeigen. Es ist ja so, dass der Rückkauf der Energie Baden-Württemberg zunächst über alle Parteien hinweg, also auch von den Grünen und den Sozialdemokraten, begrüßt worden ist. Das ist ja gar keine Frage, dass dieses Unternehmen auch einen enormen Gegenwert hat und dass es natürlich ein Unternehmen ist, das man auch einsetzen könnte - jetzt unter dem Stichwort Energiewende sozusagen - als ein Instrument innerhalb der Energiewende. Es spricht ja auch manches dafür, dass man im Bereich der Daseinsfürsorge eine starke Rolle des Landes Baden-Württembergs hat, auch als Eigentümer hat.

    Meurer: Aber die Umstände finden Sie doch heute auch nicht mehr richtig?

    Strobl: Das sind ja zwei Dinge, die man voneinander trennen muss. Insofern ist die Frage grundsätzlich, ob es richtig war, die EnBW Seitens des Landes Baden-Württemberg sozusagen zurückzukaufen, richtig gewesen oder nicht. Das ist der eine Punkt. Da wird auch die langfristige Wertentwicklung des Unternehmens eine Rolle spielen. Die andere Frage ist die: War das alles im Einzelnen richtig gewesen. Das sind, glaube ich, zwei Dinge, die man voneinander trennen muss: erstens das "ob" – wie gesagt, das ist eine Frage, die sich langfristig in meinen Augen beantworten wird -, und das zweite, war das alles in den Einzelheiten richtig.

    Meurer: Wie entsetzt, Herr Strobl, sind Sie eigentlich über die E-Mails, die jetzt bekannt werden, des Deutschland-Chefs von der Investmentbank Morgan Stanley, Dirk Notheis, der ja da nun ganz kräftig austeilt?

    Strobl: Ganz offen gesprochen: Ich habe das mit großer Überraschung gelesen und muss auch sagen, das kann man niemandem erklären. Es entsteht der falsche Eindruck, dass in der Politik die Banker sagen, wo es langgeht. Das ist ein Vorurteil, das in der Bevölkerung ja durchaus verbreitet ist.

    Meurer: Ist der Eindruck aber hier richtig?

    Strobl: Dieser Eindruck wird hier leider durch diesen E-Mail-Verkehr bestätigt. Meine politische Erfahrung ist wirklich nach 20 Jahren, die ich in der Politik, wenn man die Kommunalpolitik hinzurechnet, bin, dass das in Wahrheit eben nicht so ist. Natürlich, genauso wie andere Lobbyisten und viele andere mehr gibt es seitens auch der Banken Ratschläge an die Politik, aber die Politik entscheidet eben dann unabhängig von diesen Ratschlägen. Der E-Mail-Verkehr zwischen Dirk Notheis und Stefan Mappus lässt leider einen anderen Eindruck entstehen und er bestätigt damit ein Vorurteil, das aber so nicht richtig ist.

    Meurer: Dirk Notheis sagt, Entschuldigung, um da konkret zu werden, Dirk Notheis von Morgan Stanley sagt per E-Mail dem Ministerpräsidenten Baden-Württembergs, schalte doch nicht den Finanzminister ein, warte doch bis ganz zum Schluss, und genau das tut dann Mappus und später stellt sich das als Verfassungsbruch heraus. Also zog da nicht der Banker die Fäden?

    Strobl: Noch einmal: Dieser Eindruck entsteht. Ob das in dem einzelnen Fall so war, dafür gibt es ja einen Untersuchungsausschuss. Das ist aber nicht generell in der Politik so, und was mich ärgert ist, dass dieser E-Mail-Verkehr sozusagen jetzt als Beleg herangezogen werden kann, dass es eben immer so ist, oder anders gesprochen, dass der Primat der Politik eben bei uns nicht mehr gilt. Das ist aber ein falscher Eindruck, der durch diese E-Mails bestätigt wird, und das ist ärgerlich.

    Meurer: Sie gehörten zu den Truppen von Stefan Mappus, waren sein Generalsekretär. Was empfinden Sie, wenn Sie da lesen, dass Ihre Truppen Angela Merkel töten konnten?

    Strobl: Na ja, also ich war der Generalsekretär der CDU Baden-Württemberg, als der Vorsitzende Günther Oettinger hieß, und ich war Generalsekretär der CDU Baden-Württemberg, als der Vorsitzende Stefan Mappus hieß. Ich war weder der Generalsekretär von Oettinger, noch der von Mappus, sondern der der CDU Baden-Württemberg. Diese E-Mails, die spezielle, die Sie jetzt zitiert haben, aber auch die anderen, das ist eine Tonalität insbesondere vor dem Hintergrund, dass es um ein Geschäft von knapp fünf Milliarden geht, die ich mir in den Einzelheiten nicht zueigen machen möchte, und ich sage auch ganz offen, ich hätte mir nicht vorstellen können, dass in einer solchen Tonlage und auch mit einer solchen Leichtigkeit ein Geschäft dieser Dimension vorbereitet wird.

    Meurer: Thomas Strobl, der Landesvorsitzende der CDU Baden-Württemberg, bei uns im Deutschlandfunk. Herr Strobl, haben Sie besten Dank und auf Wiederhören.

    Strobl: Danke Ihnen, einen schönen Tag.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.