Montag, 13. Mai 2024

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Politologe Ulrich von Alemann
"Erwarte, dass Spitzenämter wieder getrennt werden"

Die Ankündigung des Rücktritts von Andrea Nahles sei "keine Lösung wie mit dem gordischen Knoten", sagte Politologe Ulrich von Alemann im Dlf. Die Nachfolgefindung werde sich bis in den Herbst hinziehen. Er vermutet, dass dann Partei- und Fraktionsvorsitz nicht weiter in einer Hand liegen werden.

Ulrich von Alemann im Gespräch mit Philipp May | 02.06.2019
SPD-Vorsitzende Andrea Nahles
Nach dem angekündigten Rücktritt von Andrea Nahles bleiben nur wenige profilierte Personen in der SPD - vor allem für das Amt in der Fraktion, sagte Politologe Ulrich von Alemann im Dlf (imago / Emmanuele Contini)
Der angekündigte Rücktritt von Andreas Nahles von ihren Ämtern als Partei- und Fraktionschefin der SPD sei "keine Lösung wie mit dem gordischen Knoten, der durchhauen wird und man ganz neu anfangen kann", sagte Ulrich von Alemann, Politikwissenschaflter der Universität Düsseldorf, im Deutschlandfunk. "Ich erwarte, dass die beiden Spitzenämter wieder getrennt werden."
Das Ganze werde sich lang hinziehen und vermutlich bis weit in den Herbst dauern. Es werde eine Mitgliederentscheidung geben, glaubt Ahlemann. "Ob das so klug ist, weiß ich nicht. Man sollte einfach schauen, wer am kompetentesten und attraktivsten für die Wähler wäre." Die Personaldecke sei allerdings sehr eng, mit den drei Ministerpräsidenten für die SPD, warf der Politologe ein.
Die stellvertretende Vorsitzende der SPD, Malu Dreyer, werde zwar den Übergang moderieren und sei "eine gute Lösung, aber keine Lösung für die Zukunft". Dann blieben wenig andere profilierte Personen, insbesondere für die Bundestags-Fraktion. Diese seien weitgehend für die Öffentlichkeit unbekannt.
"Lage ist höchst bedenklich"
Für die Zukunft stellt Ahlemann der SPD angesichts der jüngsten Umfragen kein gutes Zeugnis aus: "Die Lage ist höchst bedenklich." Die SPD sei bereits ein bisschen nach links gerückt und wird weiter nach links rücken, vermutet Alemann. Damit werde sie an die Mitte und an die Grünen verlieren.
Die Frage sei, ob die Große Koalition so fortgesetzt werden könne, eine vorgezogene Bundestagswahl sei denkbar. Ob dann allerdings ein überzeugendes, anderes Dreier-Bündnis wie etwa Jamaika zustande käme, sei ebenfalls offen. Auch in der Kanzlerfrage rechnet Alemann der SPD kaum Chancen aus.
"Die Grünen sind die deutlich zweitstärkste Partei geworden. Ob es für die SPD noch ein wichtiger Punkt sei, überhaupt einen Kanzlerkandidaten aufzustellen, weil die Chancen minimal sind, sei die Frage. "Sie werden es machen. Aber ein SPD-Kanzler ist in weite Ferne gerückt."