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Polizeieinsatz gegen Werder-Fans
Bremer Fanhilfe will Vorfall von Wolfsburg vor Gericht prüfen lassen

Beim Start der Fußball-Bundesliga Anfang August sind Bremer Fans von der Polizei bei ihrer Ankunft in Wolfsburg auf Pyrotechnik durchsucht worden. Rechtlich sei dies nicht erlaubt, sagen Kritiker. Die Aktion könnte nun ein Nachspiel vor Gericht haben.

Von Thorsten Poppe |
Ein Aufgebot der Polizei steht vor dem Hauptbahnhof in Wolfsburg und wartet auf Fans des Fußball-Bundesligisten SV Werder Bremen
Großes Polizeiaufgebot am Hauptbahnhof in Wolfsburg zum Bundesliga-Saisaonauftakt zwischen Wolfsburg und Werder Bremen (IMAGO / Nordphoto / IMAGO / nordphoto GmbH / KrËger)
„Wir werden jetzt so genannte Sichtkontrollen bei Ihnen durchführen. Daraus können sich natürlich auch womöglich Durchsuchungsmaßnahmen ergeben, und zwar der Sachen und der Personen.“

„Das ist ja wohl nicht wahr!“

„Sollten Sie den Anweisungen der Polizei nicht Folge leisten, können die Maßnahmen auch mit Zwang durchgesetzt werden.“

„Ihr seid doch nicht ganz dicht.“
Empörung und Verwunderung der Bremer Fans am ersten Bundesliga-Spieltag auswärts beim VfL Wolfsburg. Die Polizei kontrolliert damals direkt am Bahnhof alle ankommenden Anhänger auf Pyro. „Wir haben von 165 Betroffenen Rückmeldungen bekommen, die allesamt das Gleiche berichten. Intensive Kontrollen, teilweise bis auf die Unterhose, oder mit Griffen in den Intimbereich“, berichtet Wilko Zicht von der grün-weißen Fanhilfe. Er und andere unterstützen ehrenamtlich Anhänger bei rechtlichen Auseinandersetzungen mit der Polizei.
„Und, dass alles, ohne dass ein Anlass bestanden hätte, der das hätte erklären können. Das ist natürlich ein Umgang mit Gästefans, der auf keinen Fall einreißen sollte. Und darum haben wir da ganz laut die Stimme erhoben, dass es so nicht geht!“
Szenekundige Beamte aus Bremen hatten im Vorfeld der Partie die zuständige Polizeiinspektion Wolfsburg-Helmstedt gewarnt. Sie wiesen „auf eine hohe Wahrscheinlichkeit des Mitführens und des Abbrennens von pyrotechnischen Gegenständen durch Angehörige der Bremer Ultra-Gruppierungen hin“.

Wir haben von 165 Betroffenen Rückmeldungen bekommen, die allesamt das Gleiche berichten. Intensive Kontrollen, teilweise bis auf die Unterhose, oder mit Griffen in den Intimbereich

Wilko Zicht, grün-weiße Fanhilfe

Damit sah sich die Polizei in Wolfsburg legitimiert, Pyros wurden bei den Kontrollen aber nicht gefunden. Inzwischen werden die Vorgänge an diesem ersten Spieltag anders bewertet. Das niedersächsische Innenministerium teilte per Pressemitteilung zu der Polizeimaßnahme mit: „Dafür lagen in dem konkreten Fall nicht die notwendigen Voraussetzungen vor – weder im Hinblick auf die Gefahr der Verwendung von Pyrotechnik im Stadion, noch hinsichtlich möglicher körperlicher Auseinandersetzungen zwischen rivalisierenden Fangruppen.“

Unterschiedliche Bewertung der Gefahrenlage

Schon im Vorfeld des Fußballspiels ist es zu komplett unterschiedlichen Bewertungen der Gefahrenlage gekommen, wie eine schriftliche Unterrichtung der niedersächsischen Regierung an den Landtag deutlich macht. Als sogenanntes Rot-Spiel stufte die Polizeiinspektion die Partie ein. Beide Fanlager stünden sich rivalisierend gegenüber. Laut eigener Aussage hat die Polizei auch den gastgebenden VfL Wolfsburg über die Einstufung als Risikospiel informiert. Der Club hingegen hielt die Partie für unbedenklich.

Werder-Ultras machten am Bahnhof kehrt

Genau wie der SV Werder Bremen, dessen Ultras wegen dieser Polizeimaßnahme am Bahnhof direkt kehrtgemacht und wieder nach Hause gefahren sind. „Das ist eine Entwicklung, die wir wirklich nicht gutheißen können“, sagte Werder-Präsident Hubertus Hess-Grunewald in der Halbzeitpause des Spiels auf Sky. „Wir haben das Ampelsystem grün, gelb, rot. Das war ein Grün-Spiel! Und dass die Wolfsburger Polizei dann zu der Einschätzung kommt, das ist ein Rot-Spiel, und muss, ohne dass schon irgendwas passiert ist, im Vorfeld schon solche Maßnahmen treffen, da muss ich sagen, das ist außerordentlich bedenklich!“
Ein politisches Umdenken forderte Hess-Grunewald für die Zukunft, Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius hat sich für die Polizeimaßnahme schon einmal entschuldigt. Der hat sich die Polizeiinspektion Wolfsburg-Helmstedt bislang nicht angeschlossen. Auch ein Interview will dort niemand geben. Schriftlich teilt man auf Deutschlandfunk-Anfrage mit, sollten weitere rechtsstaatliche Überprüfungen erforderlich sein, nehme das seinen verwaltungsgerichtlichen Gang.

Bremer-Fanhilfe will Vorfall vor Gericht prüfen

Wilko Zicht von der Bremer Fanhilfe will den Einsatz auf jeden Fall von einem Gericht überprüfen lassen. „Es ist zumindest bisher nicht ersichtlich, dass die Polizei dort vor Ort verstanden hat, dass sie sich so nicht verhalten darf. Und auch wenn sie jetzt vielleicht ein bisschen Gras über die Sache wachsen lassen will, ist natürlich schon zu befürchten, dass sie bei nächster Gelegenheit zu ähnlich falschen Maßnahmen kommt. Dann wäre es schon hilfreich, wenn es ein klares Urteil des Verwaltungsgerichts gäbe, das es ihr verbietet.“ Beim nachfolgenden VfL-Heimspiel gegen Schalke 04 hat die Polizeiinspektion Wolfsburg-Helmstedt jedenfalls auf eine solche Maßnahme verzichtet.