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Portugal-Besuch
König Felipe VI. besucht iberische Nachbarn

Nur zweieinhalb Wochen nach seiner Inthronisierung reist der spanische König Felipe VI. nach Portugal. In Lissabon dürfte das gut ankommen. Die Beziehungen zu Madrid waren lange von Spannungen geprägt. Doch längst scheinen gemeinsame Interessen im Vordergrund zu stehen.

Von Thilo Wagner | 07.07.2014
    Felipe VI. wurde zum König von Spanien ausgerufen.
    Felipe VI. wurde zum König von Spanien ausgerufen. (AFP / Rafa Rivas)
    Der Besuch von Felipe VI. in Portugal wird mit einem alt bekannten Ritual beginnen. Der neue spanische König legt einen Kranz nieder am Grabe des portugiesischen Dichters und Seefahrers Luís Camões. Damit will der 46-jährige Monarch der portugiesischen Kultur und Sprache seinen Tribut zollen. Doch eine Kuriosität lässt sich nicht verbergen: Als Luís Camões im Jahr 1580 starb, kam ein anderer Felipe aus Madrid nach Lissabon und regierte die beiden iberischen Staaten fortan in Personalunion. An den Verlust der Unabhängigkeit erinnern sich geschichtsbewusste Portugiesen bis heute nur ungern, sagt der Historiker José Sardica von der Katholischen Universität in Lissabon:
    "Dass der jetzige König Felipe heißt, wird von der portugiesischen Presse sogar ironisch aufgegriffen. Schließlich verbindet man in Portugal mit den Felipes jene Könige, die im 16. und 17. Jahrhundert regierten und mit dem Verlust der portugiesischen Unabhängigkeit in Verbindung gebracht werden."
    Spanien ist Portugals wichtigster Handelspartner
    Die Zeiten des anti-spanischen Nationalismus sind aber auch in Portugal längst vorbei. Dafür ist die jüngste Geschichte der beiden iberischen Staaten einfach zu eng miteinander verbunden: zunächst der zeitgleiche Umsturz der autoritären Regime Mitte der 1970er-Jahre, dann der Beitritt zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft ein Jahrzehnt später und schließlich die Finanz- und Wirtschaftskrise der vergangenen Jahre. Spanien ist Portugals wichtigster Handelspartner, spanische Reisende sind das Rückgrat des portugiesischen Tourismus, entlang der Grenze entsteht eine Vielzahl von gemeinsamen Entwicklungsprojekten.
    Und trotzdem bleibt etwas von dem Misstrauen zwischen den iberischen Völkern bestehen. Ein Grund dafür ist ein Sprichwort, das in Portugal allgegenwärtig ist: "De Espanha nem bom vento, nem bom casamento" – aus Spanien kommt weder ein guter Wind noch eine gute Ehe.
    Die spanische Journalistin Virginia López hat das Sprichwort zum Anlass genommen, ein leicht ironisches Buch über die spanisch-portugiesischen Verhältnisse zu schreiben:
    "Die Zeiten haben sich geändert, das Sprichwort ist nicht mehr aktuell. Aber ich lebe seit zehn Jahren hier in Portugal und ich muss mir das immer wieder anhören. Da habe ich gedacht: Momentmal, was ist da los? Alles hat sich zwar verändert, aber wenn jemand merkt, dass ich Spanierin bin, kommt als Antwort immer dieses Sprichwort."
    Keine iberischen Brüder, sondern Nachbarn
    Virginia López hat eine Erklärung gefunden: Portugiesen und Spanier seien keine iberischen Brüder, sondern Nachbarn. Und wie bei echten Nachbarn gäbe es zwei Seiten: Hilfsbereitschaft, Respekt, aber auch Neid. Virginia López hat zudem einen grundlegenden Unterschied ausgemacht, der immer wieder auffällt:
    "Wenn sich ein Spanier und ein Portugiese auf der Straße treffen, dann spielt der Spanier immer den reichen, wohlhabenden Mann, und der Portugiese tut so, als ob er arm sei. Das ist auch der Unterschied zwischen Flamenco und Fado. Der Spanier will immer mehr sein, als er wirklich ist. Und der Portugiese macht das Gegenteil: Er zweifelt immer daran, dass er wirklich etwas schaffen kann. Das Beste wäre ein Mittelding: Die Spanier brauchen Wasser auf ihren übertrieben feurigen Seelen und die Portugiesen ein bisschen mehr Salz im Essen."
    Dass die Beziehungen zwischen kulturell eng verbundenen, aber unterschiedlich großen Nachbarstaaten nicht immer reibungslos verlaufen, ist sicher kein Sonderfall, den es nur auf der iberischen Halbinsel gibt.
    Darunter leidet aber nicht das Ansehen des spanischen Königshauses in Portugal. Das Land ist seit 104 Jahren Republik und hat mit der Monarchie so früh gebrochen wie kaum ein anderer europäischer Staat. Monarchistische Tendenzen gibt es in Portugal nicht, würden sich die Portugiesen aber einen König wünschen, so der Geschichtsprofessor Sardica, dann käme er dem Bild von Felipes Vater Juan Carlos sehr nahe.
    "Die Portugiesen fühlen sich mit Juan Carlos sehr verbunden, weil er hier in Portugal gelebt hat und sehr gut portugiesisch spricht. Und auch für Juan Carlos ist Portugal etwas ganz besonders. Ein Teil seines Charakters ist hier in Portugal geformt worden, und das weiß er."
    An seinem Portugiesisch muss Felipe VI. noch arbeiten, um eines Tages so gut sprechen zu können wie sein Vater. Dass er Portugal besucht, ist ein Zeichen für die Kontinuität der spanisch-portugiesischen Zusammenarbeit. Für viele Portugiesen ist Felipe VI. auch deshalb ein würdiger König.