Remme: Beobachter sind sich nicht ganz einig über die Motive des amerikanischen Präsidenten. Sicher ist: Anderthalb Jahre vor den nächsten Wahlen entdeckt George Bush den afrikanischen Kontinent. Vom Bürgerkrieg in Liberia bis zur Aids-Epidemie im Süden des Kontinents- die USA sichern ihre Hilfe bei der Stabilisierung zu. Kritiker führen dazu an, es gehe den USA weniger um das Wohl der anderen als darum, die eigenen wirtschaftlichen und strategischen Interessen zu sichern. Tatsache ist: Als Öl-Lieferant hat Afrika für die Amerikaner in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. George Bush ist also in Afrika unterwegs, und bevor er morgen nach Uganda und Nigeria weiterreist, besucht er heute Botswana. Gestern führte er Gespräche in Südafrika. In Pretoria kam es zu anti-amerikanischen Demonstrationen. Am Telefon in Kapstadt bin ich jetzt mit Horst Kleinschmidt verbunden. Er ist Menschenrechtler und stellvertretender Generaldirektor im südafrikanischen Umweltministerium. Guten Morgen, Herr Kleinschmidt.
Kleinschmidt: Einen schönen guten Morgen.
Remme: Herr Kleinschmidt, nicht nur im sogenannten alten Europa, auch in Südafrika gab es kritische Stimmen zum Irak-Krieg. Nelson Mandela zum Beispiel hat kein Blatt vor den Mund genommen. Wie belastet sind die Beziehungen zwischen Südafrika und den USA?
Kleinschmidt: Auf der einen Seite muss man sagen, dass die Medien in Südafrika über die letzte Woche hin dem amerikanischen Präsidenten gegenüber sehr kritisch eingestellt waren. Das hat sich aber scheinbar in den Gesprächen selber gestern ganz anders ausgegeben. Und zwar kann man sehen - so wird jedenfalls behauptet auch von Sprechern der beiden Regierungen -, dass die Sache der Auseinandersetzung mit Irak jetzt eine Sache der Vergangenheit ist und dass man miteinander auf vielen Ebenen kooperiert, inklusive zum Beispiel der Sache Simbabwe.
Remme: Das klingt aber mehr nach einer höflichen Kommentierung offizieller Sprecher. Es bleiben ja andere Konflikte wie zum Beispiel die Rolle der Amerikaner beim Internationalen Strafgerichtshof.
Kleinschmidt: Genau, das bleibt weiterhin so. Südafrika hat zu diesem Zeitpunkt nicht nachgegeben, wie es andere afrikanische und andere Staaten gemacht haben. Bei uns ist es weiterhin so, dass wir diese Garantie, die die Amerikaner diesbezüglich gesucht haben, ihnen nicht gegeben haben.
Remme: Ist bereits erkennbar, dass Südafrika dafür einen Preis zahlen muss?
Kleinschmidt: Das ist erkennbar insofern, als gesagt worden ist, dass militärische Kooperationen diesbezüglich für Südafrika abgesagt wird.
Remme: Herr Kleinschmidt, wie erklären Sie sich dieses plötzliche Interesse der Amerikaner für den afrikanischen Kontinent?
Kleinschmidt: Zum einen hat man wahrscheinlich nötig, dass der Kampf gegen den Terrorismus weltweit Alliierte für die Amerikaner benötigt und dass sich keineswegs in verschiedenen Staaten, die unbeobachtet bleiben, dort anti-amerikanische Terroristen organisieren und so weiter. Es ist zum Beispiel gestern durch die Unterhaltungen auch erreicht worden, dass Südafrika versprochen hat, sich stärker einzusetzen mit Friedenssoldaten in spannungsgeladenen afrikanischen Ländern, um damit dem amerikanischen Militär weniger Druck auszuüben.
Remme: Kann denn Südafrika im weltweiten Kampf gegen den Terror etwas beisteuern?
Kleinschmidt: In der hiesigen lokalen Ebene natürlich. Vor einigen Jahren herrschte zum Beispiel auch hier große Unterstützung für internationalen Terrorismus. Zum anderen aber kann Südafrika im Rahmen Liberia oder so auch Unterstützung liefern. Deswegen ist der Druck auf die amerikanischen Soldaten nicht so groß in vielen Ländern.
Remme: Ich habe die plötzliche Zuwendung der Amerikaner erwähnt. Ich will einmal anders herum nachfragen, Herr Kleinschmidt: Hat man denn bisher ein starkes amerikanisches Engagement vermisst?
Kleinschmidt: Es ist lange versucht worden, dass Amerika Afrika etwas ernster nimmt. Das wurde einmal versucht durch Präsident Clinton und jetzt eben mit George Bush. Man verspricht sich in Regierungskreisen scheinbar einiges davon. Es sind zum Beispiel in der Frage Aids ohne Bedingung gestern - und es erstaunt einen, dass das ohne Bedingungen ablief - große Gelder eingesetzt worden. Es war ursprünglich befürchtet worden, dass riesige Bedingungen diesbezüglich in den Wege gestellt werden, aber gestern scheint es ohne all diese Schwierigkeiten besprochen worden zu sein.
Remme: Wenn Sie sich die Probleme auf dem Kontinent anschauen: Wie können denn die Amerikaner helfen? Geht es da alleine um Dollar?
Kleinschmidt: Nein, es müsste eigentlich um Handel gehen. Was wichtig zu sehen ist, ist, dass George Bush hier nicht mit besonders wichtigen Unterhändlern im Bereich Handel zugegen war. Handel wurde also nicht an eine so wichtige Stelle gestellt wie man sich das hätte erwarten können.
Remme: Herr Kleinschmidt, bei aller Wertschätzung für das Engagement der Amerikaner in Afrika: George Bush konnte sich bisher nicht zu einer Entschuldigung für den Sklavenhandel durchringen.
Kleinschmidt: Das ist richtig.
Remme: Wie wichtig wäre eine solche Entschuldigung?
Kleinschmidt: Ich glaube, vor allem aus den USA, wohin Sklaven in großen Zahlen verschleppt wurden, ist eine Entschuldigung sehr wichtig. Diese Entschuldigung ist aber im Senegal nicht geschehen und auch weiterhin bisher auf der Reise nicht geschehen. Das ist, glaube ich, symbolisch sehr wichtig. Er hat diesbezüglich zwar gesagt, dass es eine Sünde sei, dass in der Vergangenheit rassische Unterdrückung geschehen ist. Er hat sich aber nicht entschuldigt.
Remme: Wird denn in Südafrika eine solche Entschuldigung offen angemahnt?
Kleinschmidt: In Südafrika selber nicht. Insofern aber, als auch für südafrikanische Zwecke die Meinung für ganz Afrika gilt, verfolgen wir diese Debatte natürlich längst.
Remme: Wir haben gehört von Truppen in Liberia, von Wirtschaftshilfe, von Mitteln - vielen, starken, großen Mitteln im Kampf gegen Aids -. Afrika gilt ja nun im westlichen Medienecho immer noch als Kontinent der Katastrophen. Ich habe vor diesem Hintergrund sogar den Eindruck, das ist in jüngster Zeit noch schlimmer geworden, die schlechten Nachrichten nehmen zu. Täuscht dieser Eindruck?
Kleinschmidt: Es ist wahrscheinlich so, dass in verschiedenen Staaten Afrikas die Armut zugenommen hat und damit auch die politische Unsicherheit. Das heißt jedoch trotzdem, dass sich im südlichen Afrika die Wirtschaften verstärkt haben. Der südafrikanischen Wirtschaft geht es relativ gesehen etwas besser in jüngster Zeit, und daher auch den Nachbarstaaten, mit Ausnahme Simbabwes. Das heißt, dass sich Afrika in zwei Teile teilt: ein Teil, der wirtschaftlich vorausgeht und einer, der das leider nicht mitmacht, wo es schlimmer aussieht und wo deshalb auch die politische Unsicherheit zunimmt.
Remme: Wenn Sie diese Teilungen erwähnen: Sind die Stationen seiner Afrikareise so gesehen klug gewählt?
Kleinschmidt: Wahrscheinlich eher als die Staaten, von denen man große Erwartungen hat, dass sie wirtschaftlich die Beziehungen mit den USA verstärken können, in Frage Öl, aber auch in den Fragen anderer Mittel.
Remme: Horst Kleinschmidt war das, stellvertretender Generaldirektor im südafrikanischen Umweltministerium. Herr Kleinschmidt, vielen Dank für das Gespräch.
Kleinschmidt: Vielen Dank.
Link: Interview als RealAudio
Kleinschmidt: Einen schönen guten Morgen.
Remme: Herr Kleinschmidt, nicht nur im sogenannten alten Europa, auch in Südafrika gab es kritische Stimmen zum Irak-Krieg. Nelson Mandela zum Beispiel hat kein Blatt vor den Mund genommen. Wie belastet sind die Beziehungen zwischen Südafrika und den USA?
Kleinschmidt: Auf der einen Seite muss man sagen, dass die Medien in Südafrika über die letzte Woche hin dem amerikanischen Präsidenten gegenüber sehr kritisch eingestellt waren. Das hat sich aber scheinbar in den Gesprächen selber gestern ganz anders ausgegeben. Und zwar kann man sehen - so wird jedenfalls behauptet auch von Sprechern der beiden Regierungen -, dass die Sache der Auseinandersetzung mit Irak jetzt eine Sache der Vergangenheit ist und dass man miteinander auf vielen Ebenen kooperiert, inklusive zum Beispiel der Sache Simbabwe.
Remme: Das klingt aber mehr nach einer höflichen Kommentierung offizieller Sprecher. Es bleiben ja andere Konflikte wie zum Beispiel die Rolle der Amerikaner beim Internationalen Strafgerichtshof.
Kleinschmidt: Genau, das bleibt weiterhin so. Südafrika hat zu diesem Zeitpunkt nicht nachgegeben, wie es andere afrikanische und andere Staaten gemacht haben. Bei uns ist es weiterhin so, dass wir diese Garantie, die die Amerikaner diesbezüglich gesucht haben, ihnen nicht gegeben haben.
Remme: Ist bereits erkennbar, dass Südafrika dafür einen Preis zahlen muss?
Kleinschmidt: Das ist erkennbar insofern, als gesagt worden ist, dass militärische Kooperationen diesbezüglich für Südafrika abgesagt wird.
Remme: Herr Kleinschmidt, wie erklären Sie sich dieses plötzliche Interesse der Amerikaner für den afrikanischen Kontinent?
Kleinschmidt: Zum einen hat man wahrscheinlich nötig, dass der Kampf gegen den Terrorismus weltweit Alliierte für die Amerikaner benötigt und dass sich keineswegs in verschiedenen Staaten, die unbeobachtet bleiben, dort anti-amerikanische Terroristen organisieren und so weiter. Es ist zum Beispiel gestern durch die Unterhaltungen auch erreicht worden, dass Südafrika versprochen hat, sich stärker einzusetzen mit Friedenssoldaten in spannungsgeladenen afrikanischen Ländern, um damit dem amerikanischen Militär weniger Druck auszuüben.
Remme: Kann denn Südafrika im weltweiten Kampf gegen den Terror etwas beisteuern?
Kleinschmidt: In der hiesigen lokalen Ebene natürlich. Vor einigen Jahren herrschte zum Beispiel auch hier große Unterstützung für internationalen Terrorismus. Zum anderen aber kann Südafrika im Rahmen Liberia oder so auch Unterstützung liefern. Deswegen ist der Druck auf die amerikanischen Soldaten nicht so groß in vielen Ländern.
Remme: Ich habe die plötzliche Zuwendung der Amerikaner erwähnt. Ich will einmal anders herum nachfragen, Herr Kleinschmidt: Hat man denn bisher ein starkes amerikanisches Engagement vermisst?
Kleinschmidt: Es ist lange versucht worden, dass Amerika Afrika etwas ernster nimmt. Das wurde einmal versucht durch Präsident Clinton und jetzt eben mit George Bush. Man verspricht sich in Regierungskreisen scheinbar einiges davon. Es sind zum Beispiel in der Frage Aids ohne Bedingung gestern - und es erstaunt einen, dass das ohne Bedingungen ablief - große Gelder eingesetzt worden. Es war ursprünglich befürchtet worden, dass riesige Bedingungen diesbezüglich in den Wege gestellt werden, aber gestern scheint es ohne all diese Schwierigkeiten besprochen worden zu sein.
Remme: Wenn Sie sich die Probleme auf dem Kontinent anschauen: Wie können denn die Amerikaner helfen? Geht es da alleine um Dollar?
Kleinschmidt: Nein, es müsste eigentlich um Handel gehen. Was wichtig zu sehen ist, ist, dass George Bush hier nicht mit besonders wichtigen Unterhändlern im Bereich Handel zugegen war. Handel wurde also nicht an eine so wichtige Stelle gestellt wie man sich das hätte erwarten können.
Remme: Herr Kleinschmidt, bei aller Wertschätzung für das Engagement der Amerikaner in Afrika: George Bush konnte sich bisher nicht zu einer Entschuldigung für den Sklavenhandel durchringen.
Kleinschmidt: Das ist richtig.
Remme: Wie wichtig wäre eine solche Entschuldigung?
Kleinschmidt: Ich glaube, vor allem aus den USA, wohin Sklaven in großen Zahlen verschleppt wurden, ist eine Entschuldigung sehr wichtig. Diese Entschuldigung ist aber im Senegal nicht geschehen und auch weiterhin bisher auf der Reise nicht geschehen. Das ist, glaube ich, symbolisch sehr wichtig. Er hat diesbezüglich zwar gesagt, dass es eine Sünde sei, dass in der Vergangenheit rassische Unterdrückung geschehen ist. Er hat sich aber nicht entschuldigt.
Remme: Wird denn in Südafrika eine solche Entschuldigung offen angemahnt?
Kleinschmidt: In Südafrika selber nicht. Insofern aber, als auch für südafrikanische Zwecke die Meinung für ganz Afrika gilt, verfolgen wir diese Debatte natürlich längst.
Remme: Wir haben gehört von Truppen in Liberia, von Wirtschaftshilfe, von Mitteln - vielen, starken, großen Mitteln im Kampf gegen Aids -. Afrika gilt ja nun im westlichen Medienecho immer noch als Kontinent der Katastrophen. Ich habe vor diesem Hintergrund sogar den Eindruck, das ist in jüngster Zeit noch schlimmer geworden, die schlechten Nachrichten nehmen zu. Täuscht dieser Eindruck?
Kleinschmidt: Es ist wahrscheinlich so, dass in verschiedenen Staaten Afrikas die Armut zugenommen hat und damit auch die politische Unsicherheit. Das heißt jedoch trotzdem, dass sich im südlichen Afrika die Wirtschaften verstärkt haben. Der südafrikanischen Wirtschaft geht es relativ gesehen etwas besser in jüngster Zeit, und daher auch den Nachbarstaaten, mit Ausnahme Simbabwes. Das heißt, dass sich Afrika in zwei Teile teilt: ein Teil, der wirtschaftlich vorausgeht und einer, der das leider nicht mitmacht, wo es schlimmer aussieht und wo deshalb auch die politische Unsicherheit zunimmt.
Remme: Wenn Sie diese Teilungen erwähnen: Sind die Stationen seiner Afrikareise so gesehen klug gewählt?
Kleinschmidt: Wahrscheinlich eher als die Staaten, von denen man große Erwartungen hat, dass sie wirtschaftlich die Beziehungen mit den USA verstärken können, in Frage Öl, aber auch in den Fragen anderer Mittel.
Remme: Horst Kleinschmidt war das, stellvertretender Generaldirektor im südafrikanischen Umweltministerium. Herr Kleinschmidt, vielen Dank für das Gespräch.
Kleinschmidt: Vielen Dank.
Link: Interview als RealAudio