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Präsident Putins Pressekonferenz
Geht er oder bleibt er?

Vor 20 Jahren wurde Kremlchef Wladimir Putin zum ersten Mal Russlands Präsident. Bei seiner jährlichen großen Pressekonferenz vor rund 2.000 Journalisten aus aller Welt ging es auch um die Frage, wie es nach dem Ende seiner Amtszeit weitergeht.

Von Thielko Grieß | 19.12.2019
Der russische Präsident Wladimir Putin während seiner Jahrespressekonferenz 2019
Die innenpolitisch vielleicht wichtigste Botschaft war, dass Wladimir Putin Verfassungsänderungen in zwei Punkten offen gegenüber steht (imago images / ZUMA Press / Kremlin Pool)
Die Frage nach dem in Berlin getöteten russisch-georgischen Staatsbürger Selimchan Changoschwili kam wohl nicht überraschend, denn Wladimir Putin schien auf sie gut vorbereitet zu sein. Der Fall hatte zu einer diplomatischen Auseinandersetzung geführt: Der Generalbundesanwalt in Karlsruhe geht dem Verdacht nach, russische Stellen könnten in die Tötung verwickelt sein. Russland und Deutschland verwiesen je zwei Botschaftsmitarbeiter der anderen Seite des Landes.
Putin hatte vor anderthalb Wochen nahegelegt, die Zuspitzung des Skandals hätte vermieden werden können, wenn Deutschland rechtzeitig auf das Gesuch Russlands reagiert hätte, Changoschwili auszuliefern. Unter anderem Bundesaußenminister Heiko Maas hatte daraufhin erklärt, ein solches Gesuch habe es nie gegeben. Heute nun die Frage: Wer hat denn nun Recht?
"Eine offizielle Anfrage über die Staatsanwaltschaft gab es tatsächlich nicht, weil unsere Behörden das für sinnlos hielten". Der Staatschef deutete an, es habe Sondierungen zwischen Geheimdiensten gegeben, ob es eine Auslieferung geben könne. Deutsche Stellen hätten daraufhin aber schon negativ reagiert.
Putin nimmt US-Präsident Trump in Schutz
Aber er hielt, wie schon vor anderthalb Wochen, an seiner grundsätzlichen Haltung fest: Der Getötete sei als Terrorist für Anschläge verantwortlich gewesen, wofür Putin aber erneut Belege schuldig blieb. Wenige Sätze später unterstrich er, sowohl Russland als auch europäische Länder stünden vor dem Problem, wie mit heimkehrenden IS-Kämpfern umzugehen sei. Dazu müssten die Sicherheitsbehörden beider Seiten ihre Zusammenarbeit verbessern. "Dazu rufen wir auf. Wir hoffen, dass sie besser wird. Das heißt nicht, dass es sie nicht gibt. Es gibt sie. Aber ihr Niveau und ihr Charakter sind unzureichend."
Bei anderen außenpolitischen Themen blieb der Präsident bei bekannten Linien: So wies er die Entscheidung der Weltantidopingagentur WADA, Russlands Sportler nicht unter deren nationaler Fahne antreten zu lassen, als unbegründet zurück. Praktisch gleichzeitig wurde bekannt, dass Russland dagegen Einspruch erheben will.
Gegen das in der Nacht in Washington eingeleitete Amtsenthebungsverfahren nahm Putin seinen amerikanischen Kollegen Trump in Schutz. Es handele sich um die Fortsetzung eines inneramerikanischen politischen Kampfes. An die Adresse des Amerikaners richtete er aber auch den Appell, den Vertrag zur Abrüstung einiger Typen nuklearer Waffen, auf Englisch New Start genannt, zu verlängern – gleich morgen oder bis Ende dieses Jahres.
"Aber bisher hat es auf alle unsere Vorschläge keine Antwort gegeben. Aber wenn es New Start nicht mehr geben wird, dann gibt es nichts mehr auf der Welt, was einen Rüstungswettlauf noch aufhält."
Offen gegenüber Verfassungsänderungen in zwei Punkten
Die innenpolitisch vielleicht wichtigste Botschaft war, dass Wladimir Putin Verfassungsänderungen in zwei Punkten offen gegenüber steht. Erstens regte er an, so verstehen ihn jedenfalls viele Kommentatoren in Moskau, den Passus über die Begrenzung der Amtszeiten des Präsidenten zu verschärfen. Die Gesamtamtszeit eines Präsidenten könne auf maximal zwei Wahlperioden, also zwölf Jahre, beschränkt werden. In anderen Worten: Das, was Putin selbst erreicht hat, inzwischen in der vierten Amtszeit zu regieren, wäre damit für Nachfolger nicht mehr möglich.
Zweitens kann sich Putin vorstellen, die Kompetenzen des Parlaments auszuweiten. Was die Situation im Land betrifft, ergab die Pressekonferenz kaum neue Akzente. Mit Blick auf Infrastruktur, Einkommen oder auch medizinische Versorgung sagte der Präsident im Wesentlichen, die Lage heute sei nicht ideal, aber besser als in den 90er-Jahren. An weiteren Verbesserungen arbeite man. Ähnliche Formulierungen verwendete er auch in den vergangenen Jahren.