
Kein Präsident vor ihm hat so schnell so viele Dekrete unterzeichnet wie Donald Trump: Harte Einwanderungspolitik, Einschnitte bei der Bildung, umstrittene Begnadigungen, Abschaffung von staatlichen Behörden - die Liste umfasst mehr als 140 Erlasse. Viele Vorhaben wurden jedoch von der Justiz blockiert, etwa zur geplanten Abschaffung des Geburtsrechts auf die US-Staatsbürgerschaft oder die drastischen Kürzungen im Staatsapparat. Kritiker werfen dem Präsidenten zudem vor, mit seiner wechselhaften Zoll- und Außenpolitik die Weltwirtschaft in Unsicherheit gestürzt und Verbündete brüskiert zu haben.
"Trump hebelt die Gewaltenteilung aus"
Der Politikwissenschaftler Jan-Werner Müller von der Princeton University im US-Bundesstaat New Jersey sagte im Deutschlandfunk, er sei überrascht, dass Trump nicht einmal versucht habe, eine Fassade der Legalität zu errichten. Stattdessen hebele er die Gewaltenteilung aus, häufe Macht an und treibe die USA mehr und mehr in die Autokratie.
Ermöglicht wird ihm das nach Ansicht Müllers auch durch die Schwäche der Opposition und die fehlende Kontrollfunktion durch den Senat. Dieser lasse zu, dass der Präsident etwas eindeutig Illegales tue wie das Zurückhalten oder Umwidmen längst genehmigter Gelder. Trump habe die Republikanische Partei längst in einen Persönlichkeitskult umgewandelt und dulde keinen Widerspruch, sagte Müller.
Opposition in Schockstarre
Die oppositionellen Demokraten ihrerseits erwachten nur langsam aus der Schockstarre der ersten Monate nach Trumps Amtsantritt. Trotzdem weigerten sie sich immer noch, seine Politik komplett zu blockieren, so die Analyse des Princeton-Professors. Er nehme aber wahr, dass auch viele Trump-Wähler zunehmend enttäuscht seien von dessen Amtsführung und dass sich die Stimmung im Land zu Ungunsten des Präsidenten verändere.
Wie die ARD berichtet, liegen die Zustimmungswerte für Trump derzeit bei etwa 39 Prozent. Das sei ein Minus von elf Prozentpunkten seit der Wahl und der wohl schlechteste Wert, den je ein Präsident nach 100 Tagen eingefahren habe. Besonders bei jungen Wählern und hispanischen Amerikanern, die ihm 2024 noch vielfach ihre Stimme gegeben hatten, zeige sich wachsende Enttäuschung.
"Mischung aus Mafia-Boss und Schulhof-Bully"
Die Art und Weise, wie der US-Präsident sein Amt führt, erinnert den Politikwissenschaftler Müller mehr an Trumps Zeit als Geschäftsmann: "Ich tue etwas Illegales und warte ab, ob die andere Seite vor Gericht zieht." Dabei wirke der Präsident zunehmend wie eine "Mischung aus Mafia-Boss und Schulhof-Bully", dem völlig egal sei, was andere über ihn denken.
Für Müller ist der Kipppunkt zwar noch nicht erreicht, aber falls wieder mehr Menschen gegen die Regierung demonstrierten, Gerichte weitere Urteile gegen Trump-Pläne fällten und die Demokraten als Opposition stärker würden, könnte sich die Lage spätestens bei den Midterm-Wahlen im kommenden Jahr deutlich verändern.
Anlässlich seiner ersten 100 Tage im Amt will Trump am heutigen Dienstag in Michigan eine Rede halten. Der Sieg in diesem sogenannten Swing State war maßgeblich ausschlaggebend für Trumps erneute Wahl zum Präsidenten im vergangenen November.
Diese Nachricht wurde am 29.04.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.