
Eine Stichwahl wird entscheiden, ob Kroatien in den kommenden fünf Jahren von einem Präsidenten oder einer Präsidentin vertreten wird. Das amtierende Staatsoberhaupt Ivo Josipovic gewann zwar als Kandidat der regierenden Sozialdemokraten die Abstimmung, verfehlte aber die erforderliche Mehrheit. Der 57-Jährige errang 38,5 Prozent der Stimmen und gab sich entspannt und siegessicher:
"Unser Kroatien verdient ein Programm das ganz deutlich sagt, was unsere Zukunft ist und wo sie sich befindet. Die Demokratie, die ich verspreche ist für jeden Menschen, für jeden einzelnen Politiker, der weiß was er will, der aufrichtig und ehrlich ist, und der seinem Volk dienen will."
Ob seine Herausforderin, die Kandidatin der größten Oppositionspartei HDZ, Kolinda Grabar Kitarovic, dazugehört, lässt er offen.
Herausforderin Kolinda Grabar Kitarovic
Die 46-Jährige konnte mehr als 37 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Die Konservative tritt gegen den Amtsinhaber bei der Stichwahl an. Dabei könnte ihre Vergangenheit ihr Stimmen kosten: Die ehemalige Diplomatin war Außenministerin in der ersten konservativen Regierung von Ex-Premier Ivo Sanader, der derzeit wegen Korruption im Gefängnis sitzt. Doch auch sie setzt auf Sieg:
"Das Wahlergebnis ist erst der Beginn meine lieben Freunde, wir werden wirkliche Veränderungen nach Kroatien bringen, und wir werden es nicht zulassen, dass jemand sagt, Kroatien könne nicht reich sein, Kroatien wird seinen Platz in der Gemeinschaft der entwickelten reichen westlichen Staaten einnehmen, weil wir das können, wollen und möchten."
Die Wirtschaftskrise in Kroatien lässt sich jedoch nicht einfach abwählen und der Einfluss des Staatsoberhauptes ist begrenzt. Der erhoffte wirtschaftliche Aufschwung durch den Beitritt in die Europäische Union vor eineinhalb Jahren blieb bisher aus. Die Enttäuschung ist entsprechend groß, die Stimmung schlecht. Auch die Sozialdemokraten haben seit ihrer Regierungsübernahme 2011 in der Bevölkerung deutlich an Zustimmung verloren. Sie werden dafür verantwortlich gemacht, dass die Wirtschaft stagniert und öffentliche Verschuldung sich verdoppelt hat.
Student erhielt mehr als 16 Prozent der Stimmen
Für eine Überraschung bei der Wahl sorgte der 24 Jahre alte Student Ivan Sincic. Er erreichte mit seiner Fundamentalkritik am "politischen Establishment" und an den internationalen Banken aus dem Stand mehr als 16 Prozent der Stimmen. Seine Partei mit dem Namen "Lebende Wand" setzt sich für Bürger in finanziellen Schwierigkeiten ein, das brachte ihm offenbar die Stimmen der Enttäuschten und einen großen Startvorteil für die Parlamentswahlen im kommenden Jahr. Der eigentliche Verlierer der Wahl ist der Rechtspopulist Milan Kujundzic, er kam auf nur etwa sechs Prozent. Die Wahlbeteiligung war trotz des Schnees und der Kälte überraschend gut, fast jeder zweite Stimmberechtigte ging zur Wahl. Die Stichwahl ist für den 11. Januar 2015 geplant.