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Prager Visionen

Die Rede von US-Präsident Barack Obama in Prag zur nuklearen Abrüstung gilt als richtungsweisend. Kern seiner Botschaft in Tschechien war der Glaube an Veränderung.

Von Ursula Welter |
    Einzug eines Hoffnungsträgers. Zu den Klängen der Moldau von Smetana. Er sei stolz, inmitten dieser großen Stadt zu stehen, im Zentrum Europas, stolz Michelle Obama nach Prag gebracht zu haben. Der US-Präsident auf dem Hradschin-Platz, vor der Kulisse der Burg.

    Prag, Barack Obama erhebt die Stadt zum Symbol für das, was der Kern seiner Rede sein soll: der Glaube an Veränderung.

    Hier habe sich die Kraft der Bürger entfaltet, hier seien friedliche Prozesse in Gang gebracht worden. Dass ein Mann wie er eines Tages amerikanischer Präsident werde, dass er vor diesem Publikum in Prag würde reden können, dass Tschechien frei und Mitglied von EU und NATO sein würde - solche Vorstellungen seien lange als Träume abgetan worden. Gut deshalb, dass es eine Menge Leute - wie die Tschechen - gegeben habe, die die Zweifel beiseite geschoben hätten.

    Wir sind hier, sagt Obama, wegen des Prager Frühlings und wir sind hier, weil vor 20 Jahren Menschen in Prag Widerstand geleistet haben.

    Kleine Länder könnten eine wichtige Rolle spielen, und junge Leute - von denen Tausende auf den Hradschin-Platz gekommen sind - könnten alte Konfliktmuster aufbrechen:

    Keine der Herausforderungen, ob Klima, Wirtschaftskrise oder die weltweite militärische Bedrohung, könne einfach und schnell gelöst werden. Dazu sei er nach Prag, nach Europa gekommen, diese Aufgaben gemeinsam in Gang zu setzen: In der Klimafrage, in der Förderung von Wind- und Sonnenenergie würden die USA nun ihre Verantwortung übernehmen:

    Neue Wege. Dazu gehöre auch, mit Russland zu reden, sagt Barack Obama, wissend, dass die alten Ängste in Tschechien nicht ausgestanden sind.

    Gefahren machten vor Grenzen nicht halt, und es brauche die enge Zusammenarbeit aller, eben auch mit Russland. Auch für sein Vorhaben einer Welt ohne Atomwaffen. Die Existenz tausender nuklearer Sprengköpfe sei die größte Gefahr seit dem Kalten Krieg. Generationen würden mit der Angst leben, dass ihre Städte, ihre Existenz durch einen Nuklearschlag zerstört werden könnten, auch eine schöne Stadt wie Prag:

    Die Gefahr eines nuklearen Krieges sei gesunken. Aber die Gefahr eines nuklearen Angriffs sei gestiegen. Mehr Länder hätten das Material, Atomtests würden fortgesetzt, der Schwarzmarkt mit spaltbarem Material blühe. Eine Bombe genüge.

    Die USA hätten die große Verantwortung, zu handeln - als große Nuklearmacht, die die Bombe eingesetzt hat. Wir können das nicht allein, sagt Obama, aber wir können es beginnen.
    Eine Welt ohne Atomwaffen ? Wenn die Stimmen, die sich für den Frieden und für Fortschritt aussprechen, zusammen ertönten, dann sei das Ziel nicht zu hochgesteckt. Und genau dieses Echo klinge bis heute durch die Gassen von Prag, das sei der Geist von 1968, das seien die erfreulichen Töne der Samtenen Revolution, das seien die Stimmen der Tschechen, die eine Nuklearmacht gewaltfrei in die Knie gezwungen hätten.

    Und so hinterließ der amerikanische Präsident den Tschechen das Lob für ihre Vergangenheit und damit verbunden eine klare Botschaft für die Zukunft.