Sommer 2011, Lubmin am Greifswalder Bodden. Arbeiter sichern Spundwände, zwischen denen sich zwei Röhren aus der Ostsee heraus ein paar Hundert Meter rauf aufs Land schieben. Hier enden die beiden Stränge der Nord-Stream-Pipeline, die von heute an jedes Jahr 55 Milliarden Kubikmeter sibirisches Erdgas nach Europa transportieren. Geboren wurde die Pipelineidee in den Jahren der rot-grünen Koalition, als der Atomausstieg ganz oben auf der politischen Agenda stand.
" ... und dann hat man verschiedene Gutachten in Auftrag gegeben bei den deutschen Energieforschungsanstalten und hat dann gesagt, oh, diese Gutachten sagen voraus, wir brauchen sehr viel mehr Gas, und deswegen hat man gesagt, wir brauchen diese Nord-Stream-Pipeline",
erinnert sich Jonas Grätz von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. Mittlerweile hat sich aber vieles geändert: Die verfügbare Gasmenge ist gestiegen, gleichzeitig wird weniger Gas gebraucht, außerdem hat die Europäische Union den Gasmarkt liberalisiert: Alle Gaslieferanten haben Zugang zu den Pipelines! Die Folge: An der Leipziger Energiebörse hat sich ein Gas-Spotmarkt gebildet, auf dem kurzfristig verfügbares Erdgas gehandelt wird. Dessen Preise sind in der Regel günstiger, als die Preise von Gazprom, die Langfristverträge von 20 bis 30 Jahren favorisieren. Jonas Grätz geht davon aus,
"...dass eine erhöhte Marktmacht, also ein erhöhter Anteil eines Gasexporteurs dazu führt, dass die Preise eben steigen, und da sehe ich schon diese kritische Masse erreicht, weil Gazprom auch sehr stark auf dem deutschen Markt vertreten ist durch Tochterunternehmen, wie die Wingas, ein Gemeinschaftsunternehmen mit Wintershall, und anderen Beteiligungen, dass sie eben versuchen können, den Preis hochzuhalten.""
Die E.ON Ruhrgas AG, Anteilseignerin des Nord-Stream-Konsortiums, lässt deshalb von einem Schiedsgericht in Stockholm die Preisbindung von Gas an den Ölpreis überprüfen. Verliert Gazprom, hätte dies auch Konsequenzen für die russische Innenpolitik: Mit dem hohen Gaspreis finanziert Europa nicht nur die schwierige Exploration des Gases in Sibirien, es subventioniert auch den niedrigen Gaspreis im russischen Binnenmarkt.
"Das stimmt, aber das wird sich jetzt aber ändern. Das zumindest verspricht die russische Regierung, das Gas für den Binnenmarkt auf Weltmarktniveau anzuheben."
Alexander Rahr von der Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik, Berlin, wertet dies als Beleg dafür, dass Europa zumindest politisch kaum erpresst werden kann – zumal Europa sein Gas mittlerweile aus so vielen Quellen bezieht, dass Russlands Einfluss sinkt. Ökonomisch sieht das aber anders aus: 2020 werden nach Berechnungen des Freiburger Öko-Instituts in der EU nur fünf Prozent mehr Gas benötigt als im Jahr 2008, was eigentlich zu sinkenden Gaspreisen führen müsste. Dank der Nord-Stream-Pipline rückt diesen Effekt aber in weite Ferne.
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