Elke Durak: Kommenden Freitag wird der Aufsichtsrat von Opel beraten, wie es mit dem Unternehmen vor allem hier in Deutschland weitergehen kann und soll. Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg hat ja für mögliche staatliche Hilfen klare Kriterien verlangt, auf deren Grundlage dann entschieden werden soll. Das Unternehmen müsse vor der Krise gesund gewesen sein, ein tragfähiges Konzept für die Zukunft haben und keine Jobs zulasten anderer Arbeitsplätze retten wollen. Nun also der Standort Eisenach: Am Telefon ist der Wirtschaftsminister von Thüringen, Jürgen Reinholz. Schönen guten Morgen, Herr Reinholz!
Jürgen Reinholz: Herzlichen guten Morgen!
Durak: Seit 1992 werden in Eisenach für Opel Autos gebaut, zurzeit vor allem der neue Corsa. Knapp 1800 Beschäftigte sind dabei. Wie ist das, war der Standort Eisenach bis zur Krise gesund im Sinne der Guttenberg'schen Kriterien?
Reinholz: Ja, durchaus. Eisenach gilt ja als das effizienteste Werk im Opel-Reigen insgesamt. Es hat einen gewissen kleinen Nachteil, es ist ein reines Montagewerk, es produziert keine Teile für andere Werke, aber es ist das effizienteste und produktivste.
Durak: Welche Rolle spielt denn Opel Eisenach für Ihr Bundesland? Knapp 1800 Arbeitsplätze, das scheint mir jedenfalls eine große Zahl für ein eher kleines Bundesland?
Reinholz: Ja, es ist einer der größten Arbeitgeber in Thüringen, und man darf ja nicht nur die 1800 Arbeitnehmer im unmittelbaren Werk sehen, sondern man muss auch die Dienstleistungsunternehmen unmittelbar um das Werk herum sehen, die auch dort letztendlich von Arbeit profitieren.
Durak: Und was würde geschehen, wenn jegliche Rettungspläne scheitern würden, für Thüringen?
Reinholz: Das wäre schon für die Region Eisenach eine kleine Katastrophe. Nun muss man mal sehen, wie die Rettung insgesamt aussieht, ob man sich dazu entscheidet, was auch wir unterstützen würden, eine gesamteuropäische Lösung zu finden, oder ob es nur eine Lösung gibt für die Werke in Deutschland oder ob es gegebenenfalls eine Einzellösung für Eisenach gibt.
Durak: Hat sich Ihre Landesregierung, haben Sie sich da schon festgelegt? Es heißt ja, Sie hätten eine Bürgschaft von bis zu 40 Millionen Euro schon mal ins Gespräch gebracht und eine direkte Beteiligung auch nicht ausgeschlossen?
Reinholz: Ja, das haben wir getan, das haben wir aber schon im Dezember letzten Jahres getan, als die Bundesregierung reagiert hat. Wir haben gesagt, okay, die Länder, die von der Opel-Krise mitbetroffen sind, müssen natürlich mit ins Boot, das wollen wir gerne auch tun. Die Größenordnung ist noch zu entscheiden.
Durak: Es könnte ja einen Arbeitnehmeranteil folgendermaßen geben: Kurzarbeit und Lohnverzicht, obwohl Eisenach ja gut ausgelastet ist. Wäre das etwas, was Sie den Arbeitnehmern empfehlen würden?
Reinholz: Das müssen wir mal sehen. Ich hatte vergangene Woche eine sehr langes Gespräch mit der Geschäftsführung in Eisenach und auch mit dem Betriebsratsvorsitzenden, Harald Lieske. Wir haben alle möglichen Szenarien miteinander besprochen. Man muss abwarten, wie sich Opel in der Summe entscheidet.
Durak: GM hatte ja mal mit dem Gedanken gespielt, den Sitz Eisenach zu verkaufen, ist also davon ausgegangen, dass sich ein Käufer findet. Eisenach, wie gesagt, ist ausgelastet, montiert gut, aber Sie könnten nicht selbstständig produzieren, oder?
Reinholz: Das glaube ich nicht. Sie haben das Thema angesprochen, Verkauf an einen der großen in Europa. Das wäre eine Alternative. Wie gesagt, derjenige, der das Werk kauft, kauft eines der effizientesten Automobilmontagewerke der Welt. Und was nicht mit Geld zu bezahlen ist: Sie haben eines der besten Qualitäts- und Kostensicherungssysteme, die es überhaupt gibt. Die sind ja letztendlich in Eisenach entwickelt und dann auf alle anderen Opel-Werke übertragen worden.
Durak: Fände sich, Herr Reinholz, ein Käufer für Eisenach, dann würde das ja nicht einer europäischen Lösung entsprechen, sondern einer Einzellösung für Ihren Standort. Wie verhält es sich da mit der Solidarität für andere Opelaner?
Reinholz: Ich hatte es ja schon gesagt, Priorität hat natürlich erst mal eine gesamteuropäische Lösung, dann eine deutsche Lösung und im Notfall eine Einzellösung für die einzelnen Standorte. Aber wir sind natürlich daran interessiert, dass Opel in Europa erhalten bleibt.
Durak: Herr Reinholz, es gibt ja verschiedene Möglichkeiten, wenn Bundesländer - es ist ja nicht nur Thüringen betroffen - wenn Bundesländer zum Beispiel Bürgschaften geben, das dauert aber etwas länger, Banken zu finden, die das Geld aufbringen, und der Bund könnte Kredite ausgeben, das geht schneller. Wofür plädiert die thüringische Landesregierung?
Reinholz: Ja, ganz oben auf der Liste steht natürlich erst mal das Thema Bürgschaften, weil von der reinen Lehre her sollte natürlich der Staat nicht unbedingt als Unternehmer auftreten. Schwierige Situationen erfordern natürlich im Ernstfall auch schwierige Entscheidungen, und es gibt ja schon ein Werk, ein Automobilwerk in Deutschland, an dem der Staat auch beteiligt ist. Das wäre auch noch eine Lösung, aber wir würden natürlich eine privatwirtschaftliche verbürgte Lösung präferieren.
Durak: Marktwirtschaftler, Herr Minister, meinen, wenn Unternehmen Krisen nicht überstehen, müssten sie auch in Konkurs gehen. Weshalb nicht Opel?
Reinholz: Ich weiß nicht, ob das immer so die reine Lehre ist. Mit Lehman Brothers haben wir ja gesehen, dass das nicht unbedingt die cleverste Entscheidung war.
Durak: Das ist kein Unternehmen, das ist eine Bank gewesen.
Reinholz: Ja, ja, das war auch nicht gerade die cleverste Entscheidung, da hat man auch gesagt, na ja, wir lassen mal eine Bank in Konkurs gehen. Ob man ein riesiges Geflecht wie Opel und GM in Konkurs gehen lassen sollte, da habe ich meine starken Zweifel dran.
Durak: Autobau hat in Eisenach eine sehr, sehr lange Tradition. Zuletzt war die Stadt die Wartburg-Stadt und hat sich einen guten Namen gemacht. Sehen sich die Thüringer noch in dieser Tradition?
Reinholz: Ja natürlich. Sie dürfen nicht vergessen, dass der erste BMW, das Dixi, überhaupt in Eisenach produziert worden ist und Eisenach eine sehr, sehr lange Tradition als Automobilstadt hat und ich hoffe, auch noch haben wird.
Durak: Sie sagten eingangs unseres Gesprächs, ginge Opel kaputt, auch in Eisenach, wäre das eine Katastrophe für Thüringen. Dies wirtschaftlich und arbeitsplätzemäßig gesehen und auch mental?
Reinholz: Ja natürlich, sowohl als auch. Wir haben, wie gesagt, 1700 Beschäftigte unmittelbar am Werk, 600 Beschäftigte drumherum, die im Dienstleistungsbereich tätig sind. Das wäre für eine Region wie den Landkreis Eisenach, für die Stadt Eisenach schon eine kleine Katastrophe.
Durak: Politiker sind ja gut beraten, wenn sie sich auf alles Mögliche vorbereiten. Hat die Landesregierung von Thüringen schon Überlegungen, Konzepte, was mit den Arbeitsplätzen oder den Arbeitskräften passiert, wenn sie denn den Arbeitsplatz verlieren würden?
Reinholz: Also wir gehen erst mal davon aus, dass die Arbeitsplätze nicht verloren gehen. Wenn es wider Erwarten doch kommen sollte, was ich, wie gesagt, persönlich nicht glaube, weil immer noch die dritte Variante des eigenständigen Verkaufs auch noch ansteht, dann wird die Landesregierung alles das tun, was sie in ihrem Instrumentenkoffer hat, um letztendlich ...
Durak: Was hat sie denn da drin?
Reinholz: Nun, wir sind ja nun immer noch Ziel-1-Gebiet in der Europäischen Union und verfügen demzufolge natürlich über größere Mengen an ESF-Mitteln.
Durak: Was ist das? Entschuldigung.
Reinholz: Europäischer Sozialfonds, also Mittel, die man einsetzen kann, um Arbeitsplätze zu stützen, um Weiterbildung, Qualifizierung zu finanzieren. Also ich denke, da haben wir schon reichhaltig Erfahrung auch aus der Mitte der 90er-Jahre heraus.
Durak: Dankeschön! Das war der Wirtschaftsminister von Thüringen, Jürgen Reinholz, CDU. Ich wünsche Ihnen einen guten Tag!
Reinholz: Wünsche ich Ihnen auch, herzlichen Dank!
Jürgen Reinholz: Herzlichen guten Morgen!
Durak: Seit 1992 werden in Eisenach für Opel Autos gebaut, zurzeit vor allem der neue Corsa. Knapp 1800 Beschäftigte sind dabei. Wie ist das, war der Standort Eisenach bis zur Krise gesund im Sinne der Guttenberg'schen Kriterien?
Reinholz: Ja, durchaus. Eisenach gilt ja als das effizienteste Werk im Opel-Reigen insgesamt. Es hat einen gewissen kleinen Nachteil, es ist ein reines Montagewerk, es produziert keine Teile für andere Werke, aber es ist das effizienteste und produktivste.
Durak: Welche Rolle spielt denn Opel Eisenach für Ihr Bundesland? Knapp 1800 Arbeitsplätze, das scheint mir jedenfalls eine große Zahl für ein eher kleines Bundesland?
Reinholz: Ja, es ist einer der größten Arbeitgeber in Thüringen, und man darf ja nicht nur die 1800 Arbeitnehmer im unmittelbaren Werk sehen, sondern man muss auch die Dienstleistungsunternehmen unmittelbar um das Werk herum sehen, die auch dort letztendlich von Arbeit profitieren.
Durak: Und was würde geschehen, wenn jegliche Rettungspläne scheitern würden, für Thüringen?
Reinholz: Das wäre schon für die Region Eisenach eine kleine Katastrophe. Nun muss man mal sehen, wie die Rettung insgesamt aussieht, ob man sich dazu entscheidet, was auch wir unterstützen würden, eine gesamteuropäische Lösung zu finden, oder ob es nur eine Lösung gibt für die Werke in Deutschland oder ob es gegebenenfalls eine Einzellösung für Eisenach gibt.
Durak: Hat sich Ihre Landesregierung, haben Sie sich da schon festgelegt? Es heißt ja, Sie hätten eine Bürgschaft von bis zu 40 Millionen Euro schon mal ins Gespräch gebracht und eine direkte Beteiligung auch nicht ausgeschlossen?
Reinholz: Ja, das haben wir getan, das haben wir aber schon im Dezember letzten Jahres getan, als die Bundesregierung reagiert hat. Wir haben gesagt, okay, die Länder, die von der Opel-Krise mitbetroffen sind, müssen natürlich mit ins Boot, das wollen wir gerne auch tun. Die Größenordnung ist noch zu entscheiden.
Durak: Es könnte ja einen Arbeitnehmeranteil folgendermaßen geben: Kurzarbeit und Lohnverzicht, obwohl Eisenach ja gut ausgelastet ist. Wäre das etwas, was Sie den Arbeitnehmern empfehlen würden?
Reinholz: Das müssen wir mal sehen. Ich hatte vergangene Woche eine sehr langes Gespräch mit der Geschäftsführung in Eisenach und auch mit dem Betriebsratsvorsitzenden, Harald Lieske. Wir haben alle möglichen Szenarien miteinander besprochen. Man muss abwarten, wie sich Opel in der Summe entscheidet.
Durak: GM hatte ja mal mit dem Gedanken gespielt, den Sitz Eisenach zu verkaufen, ist also davon ausgegangen, dass sich ein Käufer findet. Eisenach, wie gesagt, ist ausgelastet, montiert gut, aber Sie könnten nicht selbstständig produzieren, oder?
Reinholz: Das glaube ich nicht. Sie haben das Thema angesprochen, Verkauf an einen der großen in Europa. Das wäre eine Alternative. Wie gesagt, derjenige, der das Werk kauft, kauft eines der effizientesten Automobilmontagewerke der Welt. Und was nicht mit Geld zu bezahlen ist: Sie haben eines der besten Qualitäts- und Kostensicherungssysteme, die es überhaupt gibt. Die sind ja letztendlich in Eisenach entwickelt und dann auf alle anderen Opel-Werke übertragen worden.
Durak: Fände sich, Herr Reinholz, ein Käufer für Eisenach, dann würde das ja nicht einer europäischen Lösung entsprechen, sondern einer Einzellösung für Ihren Standort. Wie verhält es sich da mit der Solidarität für andere Opelaner?
Reinholz: Ich hatte es ja schon gesagt, Priorität hat natürlich erst mal eine gesamteuropäische Lösung, dann eine deutsche Lösung und im Notfall eine Einzellösung für die einzelnen Standorte. Aber wir sind natürlich daran interessiert, dass Opel in Europa erhalten bleibt.
Durak: Herr Reinholz, es gibt ja verschiedene Möglichkeiten, wenn Bundesländer - es ist ja nicht nur Thüringen betroffen - wenn Bundesländer zum Beispiel Bürgschaften geben, das dauert aber etwas länger, Banken zu finden, die das Geld aufbringen, und der Bund könnte Kredite ausgeben, das geht schneller. Wofür plädiert die thüringische Landesregierung?
Reinholz: Ja, ganz oben auf der Liste steht natürlich erst mal das Thema Bürgschaften, weil von der reinen Lehre her sollte natürlich der Staat nicht unbedingt als Unternehmer auftreten. Schwierige Situationen erfordern natürlich im Ernstfall auch schwierige Entscheidungen, und es gibt ja schon ein Werk, ein Automobilwerk in Deutschland, an dem der Staat auch beteiligt ist. Das wäre auch noch eine Lösung, aber wir würden natürlich eine privatwirtschaftliche verbürgte Lösung präferieren.
Durak: Marktwirtschaftler, Herr Minister, meinen, wenn Unternehmen Krisen nicht überstehen, müssten sie auch in Konkurs gehen. Weshalb nicht Opel?
Reinholz: Ich weiß nicht, ob das immer so die reine Lehre ist. Mit Lehman Brothers haben wir ja gesehen, dass das nicht unbedingt die cleverste Entscheidung war.
Durak: Das ist kein Unternehmen, das ist eine Bank gewesen.
Reinholz: Ja, ja, das war auch nicht gerade die cleverste Entscheidung, da hat man auch gesagt, na ja, wir lassen mal eine Bank in Konkurs gehen. Ob man ein riesiges Geflecht wie Opel und GM in Konkurs gehen lassen sollte, da habe ich meine starken Zweifel dran.
Durak: Autobau hat in Eisenach eine sehr, sehr lange Tradition. Zuletzt war die Stadt die Wartburg-Stadt und hat sich einen guten Namen gemacht. Sehen sich die Thüringer noch in dieser Tradition?
Reinholz: Ja natürlich. Sie dürfen nicht vergessen, dass der erste BMW, das Dixi, überhaupt in Eisenach produziert worden ist und Eisenach eine sehr, sehr lange Tradition als Automobilstadt hat und ich hoffe, auch noch haben wird.
Durak: Sie sagten eingangs unseres Gesprächs, ginge Opel kaputt, auch in Eisenach, wäre das eine Katastrophe für Thüringen. Dies wirtschaftlich und arbeitsplätzemäßig gesehen und auch mental?
Reinholz: Ja natürlich, sowohl als auch. Wir haben, wie gesagt, 1700 Beschäftigte unmittelbar am Werk, 600 Beschäftigte drumherum, die im Dienstleistungsbereich tätig sind. Das wäre für eine Region wie den Landkreis Eisenach, für die Stadt Eisenach schon eine kleine Katastrophe.
Durak: Politiker sind ja gut beraten, wenn sie sich auf alles Mögliche vorbereiten. Hat die Landesregierung von Thüringen schon Überlegungen, Konzepte, was mit den Arbeitsplätzen oder den Arbeitskräften passiert, wenn sie denn den Arbeitsplatz verlieren würden?
Reinholz: Also wir gehen erst mal davon aus, dass die Arbeitsplätze nicht verloren gehen. Wenn es wider Erwarten doch kommen sollte, was ich, wie gesagt, persönlich nicht glaube, weil immer noch die dritte Variante des eigenständigen Verkaufs auch noch ansteht, dann wird die Landesregierung alles das tun, was sie in ihrem Instrumentenkoffer hat, um letztendlich ...
Durak: Was hat sie denn da drin?
Reinholz: Nun, wir sind ja nun immer noch Ziel-1-Gebiet in der Europäischen Union und verfügen demzufolge natürlich über größere Mengen an ESF-Mitteln.
Durak: Was ist das? Entschuldigung.
Reinholz: Europäischer Sozialfonds, also Mittel, die man einsetzen kann, um Arbeitsplätze zu stützen, um Weiterbildung, Qualifizierung zu finanzieren. Also ich denke, da haben wir schon reichhaltig Erfahrung auch aus der Mitte der 90er-Jahre heraus.
Durak: Dankeschön! Das war der Wirtschaftsminister von Thüringen, Jürgen Reinholz, CDU. Ich wünsche Ihnen einen guten Tag!
Reinholz: Wünsche ich Ihnen auch, herzlichen Dank!