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Privatbanker wieder auf der Anklagebank

Drei Monate nach dem überraschenden Abbruch geht der Strafprozess gegen die frühere Führung des Bankhauses Sal. Oppenheim neu an den Start. Die Staatsanwaltschaft wirft der Ex-Führung der einst größten europäischen Privatbank und einem damals engen Geschäftspartner vor, das Geldhaus mit Immobiliengeschäften um rund 145 Millionen Euro geschädigt zu haben.

Von Barbara Schmidt-Mattern | 20.06.2013
    Es ist kein schlechtes Omen, sondern schnöder Alltag vor Gericht, dass zu Beginn großer Verfahren erst einmal Geduld gefragt ist, weil die Verteidigung ihr Recht auf Anträge und damit gegebenenfalls auf Einspruch nutzt. So auch im Mammutprozess gegen die ehemalige Führung der Sal.-Oppenheim-Bank und den Immobilienhändler Josef Esch, denen teils schwere Untreue vorgeworfen wird. Nachdem der Strafprozess schon einmal im Frühjahr abgebrochen und nun neu begonnen wurde, hat einer der Verteidiger heute am Landgericht Köln erneut eine sogenannte Besetzungsrüge ausgesprochen. Gerichtssprecher Dirk Eßer erläutert:

    "Neu ist jetzt eine Rüge in Bezug auf die Schöffen. Es wird insgesamt gerügt, dass das System der Zuteilung der ehrenamtlichen Richter, also der Schöffen, zu den Strafkammern manipulationsanfällig sei."

    Voraussichtlich Mitte nächster Woche will die zuständige Wirtschaftsstrafkammer entscheiden, ob das Gericht nun vorschriftsmäßig besetzt ist oder nicht. Eßer:

    "Eine Besetzungsrüge wird ja zu Beginn des Prozesses erhoben, um möglicherweise nachher in einem Revisionsverfahren sie noch einmal mit Erfolg erheben zu können. Deswegen überrascht es auch nicht, dass die Fragen hier noch einmal auf die Tagesordnung kommen."

    Der zuständige Sprecher ließ durchblicken, dass man ein erneutes Platzen des Prozesses verhindern wolle. Heute jedoch war der erste Verhandlungstag nach nur anderthalb Stunden schon wieder beendet. An einer weiteren Verzögerung haben offenbar auch die Angeklagten kein Interesse, wie Klaus Volk, der Verteidiger von Christopher Freiherr von Oppenheim erklärt:

    "Ich denke, dass meine Kollegen die Absicht hatten, das außerhalb der Hauptverhandlung entscheiden zu lassen. Sie haben es ja auch schriftlich eingereicht. Die Kammer aber hat Bedenken, es auch außerhalb der Hauptverhandlung zu entscheiden, hält es für korrekter, wenn es in öffentlicher und mündlicher Hauptverhandlung geschieht. Und deshalb kommt es dazu, dass wir jetzt noch ein paar Tage Verzögerung haben. Man kann solche Fragen nach Zuständigkeit und so weiter schlecht mit Gefühlen beantworten. Ich glaube, das Gefühl, dass die meisten jetzt bewegt, ist: Jetzt könnt's allmählich mal losgehen."

    Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten teils schwere Untreue vor. Gemeinsam sollen die fünf Herren die einstmals renommierte Privatbank Sal. Oppenheim mit dubiosen Immobiliengeschäften schwer geschädigt haben. Die Verluste liegen im dreistelligen Millionenbereich. Seit ihrer Pleite 2009 ist Sal. Oppenheim nunmehr nur noch eine Tochter der Deutschen Bank. Zusätzlich geht es im jetzt neu aufgerollten Prozess auch um jene waghalsigen Kreditgeschäfte zwischen dem Bankhaus und der Karstadt-Mutter Arcandor. 86 Prozesstage sind bis Mai 2014 angesetzt. Den Angeklagten drohen im Fall einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Haft.