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Prognosen nach Referendum
Deutliches Votum gegen Abtreibungsverbot in Irland

In Irland zeichnet sich eine Zeitenwende im Umgang mit Schwangerschaftsabbrüchen ab. Nach dem Referendum signalisieren Umfragen eine deutliche Mehrheit für die Streichung eines Verfassungszusatzes, der de facto ein Abtreibungsverbot enthält.

Von Stephanie Pieper | 26.05.2018
    Ein Wähler erhält den Stimmzettel zum Referendum über eine Streichung des achten Verfassungszusatzes in Irland, der einem Abtreibungsverbot gleichkommt. Die Iren stimmen am 25. Mai 2018 ab.
    Viele Iren waren aus dem Ausland extra zurück in ihre Heimat gereist, um an dem Abtreibungsreferendum teilzunehmen (AFP / Barry Cronin)
    Eine historische Entscheidung zeichnet sich ab, die den Weg frei macht für das irische Parlament, das seit 35 Jahren geltende Abtreibungsverbot zu lockern. Der öffentlich-rechtliche Sender RTE veröffentlichte nach Schließung der Wahllokale am späten Abend eine Prognose, die auf der Befragung von knapp 4.000 Wählern unmittelbar nach ihrer Stimmabgabe beruht. Demnach haben sich die Iren mit mehr als Zweidrittelmehrheit für die Streichung des achten Verfassungszusatzes entschieden: Fast 70 Prozent votierten der Prognose zufolge dafür, rund 30 Prozent dagegen.
    Eine Umfrage im Auftrag der Tageszeitung "Irish Times" kommt zu einem ähnlichen Ergebnis; die Auszählung der Stimmen beginnt erst Samstagmorgen. Viele Iren waren aus dem Ausland extra zurück in ihre Heimat gereist, um an dem Abtreibungsreferendum teilzunehmen - auch, weil viele Beobachter ein deutlich knapperes Ergebnis erwartet hatten.
    Schwangerschaftsabbruch im Ausland
    Bislang dürfen Frauen und Ärzte in Irland nur dann eine Schwangerschaft beenden, wenn das Leben der werdenden Mutter in Gefahr ist - in allen anderen Fällen, auch nach Vergewaltigungen oder bei einer schweren Missbildung des Fötus, nicht. Tausende Irinnen fahren jedes Jahr vor allem nach Großbritannien, um dort abzutreiben.
    Der Gesetzentwurf der konservativen Regierung in Dublin sieht vor, Schwangerschaftsabbrüche bis zur zwölften Woche zu legalisieren; diese Regelung hatte eine Bürgerversammlung nach Anhörung zahlreicher Experten vorgeschlagen. Nach Aussage des Gesundheitsministers soll das Gesetz noch in diesem Jahr das Parlament passieren.
    Katholische Kirche verliert an Einfluss
    Die Abtreibungsgegner hatten für ein "No"-Votum gekämpft; sie wollten den Schutz des ungeborenen Lebens so wie bisher in der Verfassung verankert sehen. Auch die in Irland lange extrem einflussreiche katholische Kirche hatte sich gegen eine Liberalisierung ausgesprochen; ihre Autorität hat jedoch unter den Missbrauchsskandalen der vergangenen Jahrzehnte gelitten. Das voraussichtlich deutliche Votum für die Legalisierung von Abtreibungen signalisiert für Irland eine Zeitenwende. Die Einführung der Homo-Ehe hatten die Bürger vor drei Jahren in einem Referendum ebenfalls mit überwältigender Mehrheit gebilligt.