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EnBW legt Angebot für Windenergie-Firma Prokon vor

Der Energieversorger EnBW will die insolvente Windenergie-Firma Prokon übernehmen. Das wäre ein Riesenschritt für EnBW auf seinem Weg in die Energiewende. Gestern Abend war bekannt geworden, dass der Energieversorger ein rund eine halbe Milliarde schweres Angebot gemacht hat. Die Prokon-Gläubiger scheinen nicht abgeneigt.

Von Michael Brandt | 13.05.2015
    Schild der Prokon Unternehmensgruppe
    Schild der Prokon Unternehmensgruppe (dpa/picture alliance/Carsten Rehder)
    Die ENBW hat sich auf die Fahnen geschrieben, den Anteil an erneuerbaren Energien zu erhöhen. Bis 2020 sollen es 40 Prozent sein, Ausgangspunkt waren 19 Prozent im Jahr 2012. Und da würde Prokon, so ENBW-Chef Frank Mastiaux heute Vormittag - Zitat - perfekt ins Portfolio passen.
    "Weil es unter allen Gesichtspunkten einfach Sinn macht. Prokon passt mit seinen Kernaktivitäten, seiner Kompetenz und seiner motivierten Mannschaft großartig zu uns und unserer Strategie."
    Interessiert sei die ENBW aber nur an der Windkraft bei Prokon. Andere Unternehmensbereich wie etwa die Herstellung von Biodiesel und Pflanzenöl, Holzverarbeitung oder Biomasse sollen nicht übernommen werden, so Projektleiter Dirk Güsewell:
    "Wir selber werden das Kerngeschäft mit den genannten Windaktivitäten, sofern die Gläubigerversammlung sich für unser Angebot entscheidet. Wir werde mit den anderen Aktivitäten keine Berührung mehr haben."
    Die ENBW hat gestern ein verbindliches Übernahmeangebot an den Gläubigerausschuss von Prokon gemacht, entscheiden darüber wird die Prokon-Gläubigerversammlung Anfang Juli. Bis dahin will die EnBW bei den Gläubigern für ihren Vorschlag werben, so Frank Mastiaux
    "Wir haben auf Basis einer fairen Bewertung des Unternehmens ein Angebot in Höhe eines mittleren zweistelligen Millionenbetrags gemacht, dass für die Gläubiger zeitnah eine substanziell Zahlung in bar vorsieht."
    Der größte Teil der Prokon-Gläubiger sind Inhaber von Genussrechten. Sie haben rund 1,4 Milliarden Euro in den Windanlagenbauer investiert. Wenn sie das Angebot der EnBW annehmen, würden sie also rund ein Drittel ihres Geldes zurückbekommen, dafür künftig aber jede Beteiligung verlieren würden. Ein Alternativvorschlag aus der Gläubigerrunde wäre, die Firma in eine Genossenschaft umzuwandeln, was aber für die Zukunft ein hohes Risiko bedeuten würde.
    Die Prokon war im Jahr 2013 in Schieflage geraten, nachdem bekannt geworden war, dass ein erheblicher Teil von neuen Einlagen in die Auszahlung der Zinsen an alte Investoren gesteckt wurde. Kritiker sprachen von einem Schneeballsystem und die Firma musste im Januar 2014 Insolvenz anmelden.
    Dass ändere aus Perspektive der ENBW aber nichts daran, so Mastiaux, dass das Kerngeschäft, nämlich die Windkraft gesund sei:
    "Die derzeit sehr schwierige Situation hat an der Stärke und Fähigkeit von Prokon und seinen Mitarbeitern nicht geändert. Das traditionelle Kerngeschäft, die Planung, der Bau und die Wartung von Windkraftanlagen ist unserer Ansicht nach im wesentliche gesund und deutlich ausbaufähig."
    Und gemeinsam mit den Windkraft-Aktivitäten der EnBW selbst würde ein Schuh daraus. Die Prokon betreibt derzeit 54 Windparks in Deutschland und Polen mit insgesamt 318 Windenergieanlagen und Gesamtleistung von 537 Megawatt. Dazu kommen 170 noch nicht realisierte Windpark-Projekte mit insgesamt 4200 Megawatt in Deutschland, Polen und Finnland. Bei Windkraftanlagen sind die Planungsvorläufe ungewöhnlich lang, so dass auch noch nicht gebaute, aber geplante Projekte erhebliches Potenzial bergen.
    Mit Hilfe der EnBW könnten diese Projekte dann umgesetzt werden und die die EnBW selbst käme ihrem Ziel von 40 Prozent erneuerbaren Energien bis 2020 einen großen Schritt näher. Wenn, wie gesagt, die Gläubiger der Prokon im Juli zustimmen.