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Prosecco-Streit mit Italien

In Kroatien wird bei Familienfesten zum Kuchen gerne ein Gläschen Prosek, Dessertwein, gereicht. Aufgrund der Ähnlichkeit zum Prosecco wollen die Italiener den Prosek verbieten lassen. Der Streit rührt am Stolz der Kroaten, die am 1. Juli offiziell der EU beitreten.

Von Ralf Borchard | 05.06.2013
    Manchen Kroaten ist nicht wirklich danach, die Korken knallen zu lassen zum EU-Beitritt am 1. Juli. Auch kroatischen Wein-Produzenten nicht. Ein bizarrer Streit mit Italien ist der Grund. Es geht um die Ähnlichkeit von Prosek und Prosecco:

    Die Hintergründe lernt man am besten bei Andro Tomic kennen, einem renommierten Winzer auf Hvar, einer lang gestreckten kroatischen Urlaubsinsel zwischen Brac und Korcula.

    In Tomics Kellergewölben wird bei einer Weinprobe zunächst Weißwein, dann Rosé, dann Rotwein angeboten, schließlich Prosek, ein Dessertwein, den man typischerweise bei Familienfesten, etwa zum Kuchen trinkt. Den Namen Prosek wollen die Italiener verbieten lassen:

    "Strittig ist nur dieser Name: Prosek", sagt Tomic. "Der Name, den wir schon seit Jahrhunderten verwenden. Und die Italiener haben eine Region, eine Sorte, eben Prosecco. Wir werden noch eine Zeit lang streiten, aber am Ende sind Prosek und Prosecco doch zwei ganz unterschiedliche Produkte. Prosek ist ein natürlicher Dessertwein mit hohem Zucker- und Alkoholgehalt, und Prosecco ist ein Frizzante, ein Schaumwein."

    Die Wut kroatischer Winzer richtet sich zunächst gegen die eigene Regierung. Sie hat den Italienern den Verzicht auf den Namen Prosek zunächst zugesagt:

    "Unsere Leute in den Ministerien sind schlicht inkompetent. Sie konnten die ganze Geschichte nicht richtig erklären. Bei so etwas müssen zuerst Fachleute befragt werden, Winzer, Historiker, Anwaltskanzleien, die Erfahrung im Schutz solcher Marken und Rechte haben."

    Die Lage ist derzeit unübersichtlich. Die kroatischen Winzer wollen ihren Dessertwein auch nach dem 1. Juli als Prosek verkaufen, italienische Winzer drohen mit Klage. Diesen Streit hin oder her – Andro Tomic hofft, im europäischen Markt seine Nische zu finden, auch für kroatischen Rotwein. Dass Kroatien der EU beitritt, ist für ihn etwas Selbstverständliches:

    "Ich denke, dass vor allem Dalmatien schon lange zu Europa gehört, sehr lange. Wir haben europäische Gewohnheiten, wir leben europäisch. Ich reise viel und ich sehe nicht, dass ein Italiener ein größerer Europäer ist als ich. Vor allem dieser Teil Kroatiens lebt schon durch den Tourismus absolut europäisch. Auf den Inseln hatten wir schon immer Kontakt zu Ausländern, vor allem zu Deutschen. Hier waren früher mehr als 50 Prozent der Touristen Deutsche."

    Es ist deutlich zu spüren, dass der Streit um den Prosek, der landesweit für Schlagzeilen sorgt, an den Stolz Kroatiens rührt. Man fühlt sich ohnehin benachteiligt, weil Rumänien und Bulgarien schon 2007 EU-Mitglieder wurden, Kroatien warten musste - und jetzt zweifeln immer noch viele in der EU, ob der Beitritt richtig ist. Bei Andro Tomic werden am 1. Juli die Korken nur leise knallen.