Freitag, 19. April 2024

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Protest gegen EU-Flüchtlingspolitik
Künstler bestatten ertrunkene Syrerin

Eine Künstlergruppe hat in Berlin eine im Mittelmeer ertrunkene Syrerin bestattet. Damit wollen die Aktivisten gegen die EU-Flüchtlingspolitik protestieren. Die Frau und ihre Tochter waren auf einem Schiff nach Italien unterwegs gewesen, das auf offener See kenterte.

16.06.2015
    Der Sarg mit der Leiche einer im Mittelmeer ertrunkene Syrerin steht am 16.06.2015 während der Bestattung auf dem muslimischen Teil des Friedhofs Berlin-Gatow.
    Rund 200 Personen nahmen an der muslimischen Bestattung teil. (picture alliance / dpa / Gregor Fischer)
    Die Bestattung auf dem muslimischen Teil des Friedhofs Berlin-Gatow mit rund 200 Teilnehmern wurde von einem Imam geleitet. In seiner Grabrede sagte er: "Das ist das mindeste, was wir solchen Menschen anbieten können: sie anständig zu begraben."
    Die sterblichen Überreste der Frau waren nach Angaben der Berliner Künstler- und Aktivistengruppe "Zentrum für politische Schönheit" zuvor in Italien exhumiert worden. Der Ehemann und drei Töchter der Frau hätten das Unglück überlebt. Sie befänden sich inzwischen in Deutschland und warteten auf Asyl, hieß es. Die Residenzpflicht von Asylbewerbern habe es der Familie nicht erlaubt, an der Beerdigung teilzunehmen. Sie sollen aber der Aktion zugestimmt haben.
    Viele an Bord sind ertrunken
    Entgegen der Ankündigung der Aktivisten wurde das Kind der Frau, das auf der Flucht ebenfalls ertrunken sein soll, nicht mit ihr bestattet. Beide seien Anfang März auf einem Schiff von Libyen nach Lampedusa unterwegs gewesen, das gekentert sei, so die Aktivisten. Rund 40 Flüchtlinge seien an Bord gewesen, viele seien ertrunken.
    Für Sonntag kündigte die Gruppe zudem an, vor dem Kanzleramt die Grundsteine für einen neuen Flüchtlings-Gedenkfriedhof zu legen. Mit beiden Aktionen wollen sie unter dem Motto "Die Toten kommen" gegen die europäische Flüchtlingspolitik protestieren. Der "Eskalationsbeaufragte" der Gruppe, Stefan Pelzer, lud Bundespräsident Joachim Gauck mit Blick auf weitere geplante Aktionen "zur nächsten Bestattung" ein.
    Gruppe für umstrittene Aktionen bekannt
    Pelzer wehrte sich gegen Vorwürfe, bei dem Begräbnis handele es sich um eine Inszenierung. "Wer ernsthaft glaubt, dieses Ereignis sei nur eine Geschichte, ist an Geschmacklosigkeit nicht zu überbieten", sagte er. Er warf der Bundesregierung vor, die Flüchtlinge durch strenge Kontrollen an den europäischen Außengrenzen zur Überseefahrt zu zwingen.
    Das "Zentrum für politische Schönheit" ist bekannt für umstrittene Aktionen, darunter die Umsetzung von Gedenkkreuzen für DDR-Maueropfer und eine gefälschte Pressemitteilung der Bundesregierung.
    (pg/tzi)