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Proteste in Hongkong
Regierungschefin Lam bleibt bei ihrem Kurs

In Hongkong haben regierungskritische Demonstranten erneut den Flughafen lahmgelegt. Die umstrittene Regierungschefin Carrie Lam verteidigt derweil weiterhin ihre Politik. Zugeständnisse lehnt sie ab. Sie werde nicht zurücktreten, betonte Lam.

Von Steffen Wurzel | 13.08.2019
Demonstrantion gegen das Auslieferungsgesetz in Hongkong: Die Demonstranten fordern den Rücktritt der Regierungschefin Carrie Lam
Die Demonstranten fordern seit Wochen den Rücktritt von Regierungschefin Carrie Lam (Dale DE LA REY / AFP)
Hongkongs Regierungschefin steht mächtig unter Druck. Als sich Carrie Lam heute Vormittag auf einer Pressekonferenz den Fragen der internationalen Presse stellte, war ihr das deutlich anzumerken. Vor allem während eines Wortwechsels mit einem Reporter, der von ihr wissen wollte:
"Können Sie selbst entscheiden über das umstrittene China-Auslieferungsgesetz, oder sind Ihnen von der Zentralregierung in Peking die Hände gebunden?"
Quälende zwei Minuten lang weicht die von Chinas Staats- und Parteiführung unterstützte Hongkonger Regierungschefin der Frage des Reporters aus. Der hakt immer wieder nach und bekommt trotzdem keine Antwort. Für viele aber ist genau das die Erkenntnis: Die Regierungschefin der autonom regierten Stadt Hongkong kann oder will nicht sagen, ob sie politisch abhängig von der Staatsführung in Peking.
Vertrauen in die Polizei weitgehend verloren
Zugeständnisse gegenüber den Demonstranten lehnte Carrie Lam erneut ab. Sie werde nicht zurücktreten, betonte sie. Und: Das von weiten Teilen der Hongkonger Gesellschaft kritisierte oft sehr brutale Vorgehen der Polizei verteidigte sie ausdrücklich.
"Der Polizei fällt es seit zwei Monaten sehr schwer, Recht und Ordnung in Hongkong aufrecht zu erhalten und durchzusetzen. Offensichtlich arbeitet unsere Polizei derzeit unter sehr schwierigen Bedingungen. Außenstehende – mich eingeschlossen - können Polizeieinsätze nicht beurteilen. Schon gar nicht in solch besonderen Situationen, wenn Polizisten Entscheidungen vor Ort treffen müssen, um die Menschen in der Umgebung zu schützen."
Aus Sicht von Demonstranten, Pro-Demokratie-Aktivisten und Oppositionspolitikern in Hongkong ist das blanker Hohn. Sie haben angesichts des massiven Einsatzes von Tränengas und Gummigeschossen in den vergangenen Wochen das Vertrauen in die Polizei weitgehend verloren. Auch den Verdacht, dass Teile der Polizei mit Schlägertrupps aus der Hongkonger Unterwelt zusammenarbeiten, konnte die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungsregion bisher nicht ausräumen.
Schwere Vorwürfe an Demonstranten
Chinas Staats- und Parteiführung äußerte sich gestern ausführlich zur Lage in Hongkong. Yang Guang, der Sprecher der zuständigen Behörde, warf den Demonstranten pauschal vor, schwere Gewaltverbrechen zu verüben. Ihr Vorgehen grenze an Terrorismus.
Chinas Staatsmedien verbreiten inzwischen immer wieder Videoaufnahmen und Fotos, die Truppenbewegungen an der Grenze zwischen Festlandchina und Hongkong zeigen sollen. Ohne direkt mit einem Einmarsch in die frühere britische Kolonie zu drohnen macht die Staats- und Parteiführung in Peking damit klar: Zu Zugeständnissen in der Hongkongfrage ist sie nicht bereit.