Rolf Haubl unterscheidet zwischen Angst und Furcht: "Bei der Angst hat man es häufig mit diffusen Phänomenen zu tun ( ... ) während Furcht etwa ist, was sich konkret auf einen Anlass, auf ein benennbares Objekt bezieht." Besonders im Antisemitismus und beim Fremdenhass habe das Angstobjekt etwas mit Fantasien zu tun und nicht mit Realität.
Medienberichte seien in der Lage, Angst zu schüren, aber auch Angst zu dämpfen. In Deutschland gehe immer mehr das Gefühl um, dass der Friede, der "bei allen internen Konflikten immer noch existiert, zunehmend bedroht erscheint".
"Wenn man nach Russland und in die Ukraine guckt, und dann ans andere Ende nach Lampedusa schaut, dann sind das Situationen einer näherkommenden Bedrohung und gleichzeitig eine Art Festungsmentalität, sich möglichst abzuschotten", sagte der Psychoanalytiker Haubl, der zugleich stellvertretender Direktor des Frankfurter Sigmund-Freud-Instituts ist.
"Auch innergesellschaftlich haben wir das Problem, dass wir unter dem Stichwort Neoliberalismus einen Umbau der Gesellschaft mitkriegen". Bei vielen Menschen bestünde die Gefahr, dass sie abgehängt und am Wohlstand nicht mehr teilhaben könnten. Die Schere zwischen Arm und Reich gehe sehr weit auseinander. Das nähre die Furcht, übergangen zu werden.
"Da wird im Grund Angst tabuisiert"
An die Wirksamkeit der Idee, Fremdenangst würde nicht existieren, wenn sich beide Seiten besser kennenlernen - "die berühmte Kontakthypothese" - glaube Haubl eher nicht. Zwar sei dieser Ansatz politisch hilfreich, "weil man dann überhaupt ein Instrument hat". Gleichzeitig sagte er: "Ich glaube, die Fremdenangst wird ein Dauerproblem sein. Und ich kann mir kaum eine Gesellschaft vorstellen, in der das nicht existiert."
Dennoch müsse man sich mit dem Fremden befassen und deutlich machen, dass das Fremde nicht das ganz Andere ist,"sondern meistens das abgewehrte Eigene. In dem Moment, wo ich Fremdenangst antreffe, habe ich im Grunde genommen Angst um mich selbst. Ein Problem bei der Angstbewältigung sei es, wenn Angst keinen Platz haben dürfe. "Das ist etwas, was die Angst eigentlich befördert. Über Angst wird alarmierend, dramatisierend gesprochen. Generell haben wir eine Situation, dass über das, was uns wirklich ängstigt, in der Regel nicht gesprochen wird. Da wird im Grund Angst tabuisiert."
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