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Putin verleiht Orden "Held der Arbeit"

Stalin verlieh ihn an besonders staatstreue Genossen: den Orden "Held der Arbeit". Die Geehrten erhielten eine Bronzebüste in ihrer Heimatstadt und diverse Vergünstigungen. Mit dem Einzug des Kapitalismus wurde der Ehrentitel abgeschafft. Die Wiedereinführung durch Wladimir Putin wird in Russland kontrovers diskutiert.

Von Gesine Dornblüth | 01.05.2013
    Er ist aus Gold und hat fünf Zacken wie der Sowjetstern: der Orden "Held der Arbeit". Nur Hammer und Sichel fehlen, an ihre Stelle ist der Doppeladler gerückt, das Staatswappen Russlands. Heute wurden fünf "Helden der Arbeit" ausgezeichnet: der Leiter des berühmten Mariinskij Theaters in St. Petersburg, ein Agraringenieur; ein Professor für Neurochirurgie, ein Bergbaumaschinist, dessen Brigade den Jahresrekord bei der Kohleförderung aufgestellt hat, sowie ein Dreher des staatlichen Atomenergieunternehmens Rosatom. Staatspräsident Vladimir Putin bei der Zeremonie in St. Petersburg:

    "Wir sind verpflichtet, der Arbeit wieder Respekt zu zollen und das Ansehen der Berufe zu verbessern, auf denen das Land ruht: Ingenieure, Konstrukteure, Arbeiter, Bauern, Lehrer, Ärzte. Wir müssen verstehen, dass wir ein starkes und wohlhabendes Russland nur bekommen, wenn wir beharrlich arbeiten."
    In der Sowjetunion hatten etwa 20.000 Menschen den Orden erhalten. Unter ihnen Politiker wie Stalin oder Chruschtschow ebenso wie die Flugzeugkonstrukteure Iljuschin und Tupolew oder auch der Atomphysiker Andrej Sacharow. Sacharow erhielt die Auszeichnung sogar drei Mal, musste allerdings alle drei Orden wegen "antisowjetischer Propaganda" wieder abgeben.

    Seit 1939 hieß der Orden "Held der sozialistischen Arbeit". Die Wiedereinführung des Abzeichens wird in Russland kontrovers diskutiert. Befürworter hoffen, sie motiviere zu besseren beruflichen Leistungen. Kritiker sagen, die Regierung solle lieber für bessere Arbeitsbedingungen sorgen. Und sie fragen: Warum zeichnet der Staat Arbeiter aus, die in der Privatwirtschaft beschäftigt sind? Evgenij Choroschewskij, Mitwirkender bei der Zeremonie:

    "Früher gab es den Held der sozialistischen Arbeit. Und welcher Arbeit jetzt? Das ist nicht klar. Wir können ja nicht sagen, Held der kapitalistischen Arbeit. Oder des Business. Nun ist es also einfach ein Held der Arbeit. Hauptsache ist, dass das Ganze sehr feierlich vonstattengeht."

    An alte Traditionen erinnerten heute auch viele Maikundgebungen in Russland. Im ganzen Land veranstalteten Gewerkschaften, die Regierungspartei "Einiges Russland" und die von Putin gegründete "Allrussische Volksfront" Großkundgebungen. Das Motto: Frieden, Arbeit, Mai.

    Die Versuche, die sowjetischen Traditionen wiederzubeleben, ob mit Orden oder Demonstrationen, kommen längst nicht bei allen Russen gut an. Zu der zentralen Kundgebung in Moskau kamen nach Polizeiangaben 90.000 Teilnehmer, letztes Jahr waren es 120.000. Andere politische Parteien konnten noch weit weniger Menschen mobilisieren. Die Mehrheit der Russen sieht den 1. Mai längst nicht mehr politisch, sondern schlicht als einen zusätzlichen freien Tag. Die Menschen nutzen ihn für einen Kurzurlaub oder um, nach dem langen Winter, die Datscha in Ordnung zu bringen.