
Qualitätsoffensive Lehrerbildung? Schulterzucken bei Lehramtsstudierenden auf dem Campus der Universität Duisburg-Essen. Was das konkret bedeutet, wissen viele nicht, doch für mehr Qualität in ihrer Ausbildung wären sie schon. Weniger Massenveranstaltungen und mehr Praxisbezug, das wünschen sich zum Beispiel die angehenden Lehrer Christian Fahlenbock und Patricia Vennemann.
Fahlenbock: "Man wird im Vorlesungssaal oder jetzt sogar schon im Kinosaal eingepfercht mit 300 Leuten und kriegt dann theoretisch beigebracht, wie mans machen soll. Der Transfer von dieser Theorie in die Praxis findet dann halt ganz verkürzt in der Praxisphase statt."
Vennemann: "Wir sitzen in den Sprachkursen teilweise mit 80 Leuten. Da kann die Sprachkompetenz nicht wirklich gefördert werden. Dann ist man nachher an der Schule und kann wirklich sich nicht gut artikulieren. Man könnte auch sagen, dass wir als Fachidioten hier entlassen werden."
Frank Elkemann hat eine Idee, wie sich das ändern ließe. Er will Lehrer in der Sekundatstufe I für die Fächer Technik, Biologie und Physik werden:
"Also für die konkrete Umsetzung würde ich mir wünschen, dass wir wirklich am Anfang des Studiums, oder zumindest nach dem zweiten, dritten Semester, wenn man ein paar Grundlagen hat, wirklich einen Tag pro Woche zur Schule geht und da ein ganzes Jahr Praxis mitbekommt."
Forderung nach mehr Praxisnähe
Mit der Forderung nach mehr Praxisnähe liegen die Studierenden ganz auf der Linie der Bundesbildungsministerin Johanna Wanka. Sie hofft, dass durch die Qualitätsoffensive die Lehrerbildung aufgewertet wird und so künftig auch die Besten eines Abiturjahrgangs für das Lehrerstudium gewonnen werden können. Annemarie Fritz–Stratmann, Professorin für pädagogische Psychologie in den Bildungswissenschaften, hat da allerdings so ihre bedenken:
"Ich weiß nicht ob Gymnasiasten diese Qualitätsoffensive schon zur Kenntnis nehmen. Das möchte ich in Zweifel ziehen."
Auch Petra Scherer, Professorin für Diadaktik der Mathematik, meint, dass ein besseres Ansehen des Lehrerberufes da eher hilfreich sein könnte:
"Dass überhaupt das Image des Lehrerberufes sicherlich insgesamt aufgewertet werden müsste und es dann für potentielle Studierende attraktiver wäre."
Noch zieht es die guten Abiturienten aber eher in die Wirtschaft oder in die Forschung als in die Schule, sagt sie. Dennoch wäre eine Vorauswahl der Lehramtsstudierenden wünschenswert, findet Albert Brehmerich-Vos, Professor für Germanistik, Linguistik und Sprachdidaktik an der Uni Duisburg-Essen. Derzeit gäbe es eine lebhafte Diskussion auf Landesebene, wie zum Beispiel eine Eingangsprüfung aussehen könnte:
"Also wir machen jetzt Versuche mit so Online-Self-Assesments. Also die Studierenden selber, die schätzen sich ein und schauen dann, ob sie zum Beispiel mit Aufgaben zum Wortschatz, zur Grammatik, zur Rechtschreibung, Zeichensetzung zurecht kommen. Wenn das weniger der Fall ist, dann wird ihnen geraten, doch bitte das Studium von sprachbezogenen Fächern zu lassen. Aber sie entscheiden natürlich selbst."
Das bislang nicht nur die Besten kommen, liegt zum Teil auch daran, dass das Lehramtsstudium an vielen Hochschulen eher stiefmütterlich behandelt wird. Nicht so an ihrer Uni, betont Petra Scherer:
"Nach meiner Einschätzung, ist die Universität Duisburg-Essen schon eine der Universitäten, die einfach die Lehrerbildung auch wertschätzen und wo wir als Lehrende durchaus als gleichberechtigt angesehen werden."
Dennoch meint Annemarie Fritz–Stratmann, kommt die Qualitätsoffensive gerade recht:
"Ich denke in erster Linie wird damit auch die Reputation des Lehramtsstudiums erhöht, der Blick wird auf das Lehramtsstudium gerichtet, das wird wertgeschätzt und wir möchten dieses Studium in jeder Hinsicht verbessern."
Deshab beteiligt sich die Uni Duisburg-Essen jetzt auch an dem gerade angelaufenen Wettbewerb, und hofft, auch etwas von den zusätzlichen finanziellen Mitteln aus dem Bundesbildungsministerium abzubekommen. Zum Beispiel hierfür:
"Wir möchten relativ frühzeitig die Studierenden beschäftigen mit der Frage, was ist eigentlich Klassenführung, wie macht man so etwas gut. Und da soll mit Videos gearbeitet werden."
"Eine andere Anforderung wäre auch die Thematik der Inklusion."
"Im Moment läuft dazu ja noch sehr wenig. Die Qualitätsoffensive, wir hoffen sehr darauf, könnte uns weitere Ressourcen geben, dass wir die Studierenden eben noch besser darauf vorbereiten."
Der Bund will bis zu 500 Millionen Euro in die Qualitätsoffensive Lehrerbildung stecken - verteilt auf zehn Jahre und für alle Hochschulen. Bei geschätzten 100 Anträgen pro Jahr darf die Hochschule also auf rund 50.000 Euro hoffen.