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Quibi - Streaming per Smartphone
Halber Bildschirm, halber Spass

Quibis ‘Quick Bites” sollen kurze hochwertige Videos für das Smartphone sein. Doch beim Versuch, das neue Angebot zu testen, landet unsere Reporterin statt im Streaming-Vergnügen in der Warteschleife. Kein Bild, kaum Ton und überforderte Helfer.

Von Kerstin Zilm | 08.04.2020
Quibi-Gründer Jeffrey Katzenberg am 8. Januar 2020 während einer Keynote im Park MGM Theater in Las Vegas
Wackelt, ruckelt und funktioniert nicht: Quibi- neue App für Handyfilme (dpa / picture alliance / UPI Photo / James Atoa)
Ich bin neugierig. Quibi wirbt seit Monaten für seine Mini-Videos.
"Quibi, what is Quibi?"
Sie sollen mega-cool sein, mega-professionell gemacht, mit mega Promis wie Liam Hemsworth, Tina Fey und Jennifer Lopez, von mega Promis wie Reese Witherspoon und Steven Spielberg.
"You ain’t seen nothing like this before: quick bites, big stories - quibi."
Bevor es losgehen kann, muss ich mein Konto anlegen. Ooops - das klappt nicht. Etwas ist schief gelaufen, sagt mein Smartphone-Bildschirm. Ich versuche es nochmal. Wieder nichts. Versuche es mit einer anderen Email, einem anderen Passwort. Nichts geht. Zum Glück hat Quibi eine Hotline.
"Thank you for calling Quibi Care. We are here Monday through Friday…"
Nach nur knapp drei Minuten in der Warteschleife antwortet die freundliche Quibi-Mitarbeiterin Kimberly:
"Hello this is Kimberly"
Und Kimberly lässt mich gar nicht erst aussprechen.
"Before you even start to begin telling me your problem: Quibi is down."
Queen mit halber Dauerwelle
Quibi ist zusammengebrochen, sagt Kimberly, und dass sie mir eine Email schicken wird, sobald das Problem gelöst ist. Eine knappe Stunde später kommt die Email, und siehe da - es klappt. 50 Shows auf meinem Smartphone. Zuerst checke ich die News. Quibi kooperiert unter anderen mit der BBC.
"Welcome to around the world, the show that brings you the most important global stories."
Die Show verspricht die wichtigsten Nachrichten aus aller Welt in unter 10 Minuten. Sie beginnt - wie sonst? - mit einem Corona-Update. Leider sehe ich den Moderator nur zur Hälfte. Er ist nach links aus meinem Bildschirm gerutscht. Die rechte Seite meines Schirms ist schwarz. Auch von der Queen sehe ich nur die halbe Dauerwelle.
"We’ll be with our friends again. We’ll be with our friends again. We will meet again."
Den Thriller finde ich durchaus spannend, auch den kurzen Film mit Christoph Waltz. Aber ich sehe von ihm, wie von allem, höchstens die Hälfte. Mal als Quadrat oben links auf dem Bildschirm, mal auf der linken und mal auf der rechten Hälfte. Der Rest ist schwarz. Nur eins funktioniert jedes Mal tadellos: die Werbung vor jedem Video, 10 Sekunden. Ich brauch wieder die Hotline.
"Thank you for calling Quibi Care. We are here Monday through Friday …"
Diesmal antwortet Amanda. Amanda sagt, sie musste früher zum Dienst antreten, weil es ein paar kleine Schwierigkeiten gibt beim Quibi-Start.
"It is a bit of a bumpy start. I got called in a bit early this morning to come in and help out."
Zwei Shows - ein Erfolgserlebnis
Das Problem mit dem Schirm ist Amanda bekannt. Es liege nicht an meinem Phone. Und, wenn ich eine Show finde, bei der ich alles sehen kann, bittet Amanda, dann soll ich doch Bescheid sagen. Das könnte helfen beim Lösen des Problems.
Ich versuch’s also weiter. Und tatsächlich finde ich zwei Shows, die meinen kompletten Smartphone-Schirm füllen: Chrissy Teigens Gerichtsshow und Reese Witherspoons Tiershow.
"Fierce Queens", die Witherspoon-Show, hat wirklich coole Aufnahmen, in der ersten Episode von zwei jungen Cheetah-Schwestern auf der Jagd. Ich kann mein Phone senkrecht oder waagerecht halten, das Bild passt sich an. Cool.
Mir tun inzwischen die Augen weh vom Starren auf den kleinen Schirm. Quibi gibt es ja nur mobil, nicht mal für Tablets, also wirklich nur im Miniformat. Die kleinen Happen sollen für unterwegs sein. Im Wartezimmer beim Zahnarzt. In der Starbucks Schlange. Bevor das Boarding am Flughafen losgeht.
Investorenrisiko und "good news"
Dann kam das Virus. Und alle sitzen zu Hause und haben große Bildschirme. Deshalb gibt es Quibi erstmal 90 Tage kostenlos. Danach zahlen Abonnenten 5 Dollar im Monat. Wenn sie zahlen. Das ist das Risiko der Investoren, die 1,75 Milliarden Dollar in das Projekt gesteckt haben, in Zeiten, wo es endlos kostenlose Angebote online gibt.
Ich setz mich lieber erstmal an den Computer und schau eine Runde "Some Good News", gute Nachrichten mit John Krusinski, meine neue Lieblingssendung. Kostenlos.
Good evening Ladies and Gentlemen…