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Ramsauer will Transrapid-Bundesmittel für Bayern

Die Mittel für das gescheiterte Transrapid-Projekt in München sollten nach Ansicht des Vorsitzenden der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Peter Ramsauer, nicht wieder in den Bundeshaushalt zurückfließen. Das Geld müsse in Bayern verwendet werden. Ramsauer betonte, jetzt müsse man einen Weg aus der verfahrenen Situation finden. Dazu sei es notwendig, dass sich alle Beteiligten noch einmal zusammensetzen.

Moderation: Dirk-Oliver Heckmann |
    Dirk Oliver Heckmann: Sie haben gemeint, Herr Ramsauer, Beckstein dürfte die Kostenexplosion beim Transrapid sehr gelegen gekommen sein. Bindet er der Öffentlichkeit also einen Bären auf, wenn er sagt, er sei nicht froh über diese Entwicklung?

    Peter Ramsauer: Um das, glaube ich, geht es überhaupt nicht. Wir müssen jetzt schauen, wie die verfahrene Situation um den Transrapid vernünftig gelöst werden kann in zweierlei Hinsicht, a) dass wir zu Zeiten der großen Koalition ein Hochtechnologieprojekt auf der Schiene verwirklichen wollen und zum Zweiten, wie wir im Norden von München diese fürchterlichen Verkehrsprobleme lösen und dazu müssen wir uns noch mal einige Male hinsetzen.

    Heckmann: Aber wie kommen Sie dann zu Ihrer Aussage, dass Beckstein diese Kostenexplosion, wie gesagt, sehr gelegen gekommen sei? Hat er also die erste Gelegenheit genutzt, das Projekt zu begraben, um ein leidiges Thema loszuwerden für den Wahlkampf?

    Ramsauer: Davon kann ja überhaupt keine Rede sein. Ministerpräsident Beckstein war einer der wirklich glühendsten Verfechter, neben Edmund Stoiber, für dieses Projekt, denn es wäre ein Hochtechnologie-, ein führendes, weltweit führendes Hochtechnologieprojekt dann im Freistaat Bayern. Aber wir haben leider Gottes zur Kenntnis nehmen müssen, dass sich die anbietende Industrie derartig mit der Kostenschätzung blamiert hat, dass wir hier natürlich eine solche Entscheidung, ich sage aber ganz bewusst, speziell für den Standort München, treffen mussten, aber - jetzt kommt ein ganz großes Aber - dass ein solches Hochtechnologieprojekt verwirklicht wird, ist eine Verabredung der Großen Koalition. Und das Gremium, das vorgestern das Aus erklärt hat für den Standort München, hat natürlich keine politische Legitimation, ein Projekt der Großen Koalition einfach zu annullieren. Die Große Koalition hat das als Vorhaben im Koalitionsvertrag und deswegen muss sich die Führung der Großen Koalition natürlich noch mal mit der Frage Transrapid oder ein ähnliches Hochtechnologieprojekt befassen. Selbstverständlich muss da auch die Bundeskanzlerin noch mal ran.

    Heckmann: Ich werde trotzdem noch mal auf dem Punkt beharren, Herr Ramsauer, auf Ihre Kritik an Herrn Beckstein, wie gesagt, dass ihm das sehr gelegen gekommen sei, die Entwicklung, wie haben Sie das denn gemeint?

    Ramsauer: Nein, ich möchte das ausdrücklich nicht als Kritik verstanden wissen. Wir haben hier......

    Heckmann: Sie nehmen das zurück?

    Ramsauer: ... Zahlen bekommen vom Anbieterkonsortium, die weit jenseits von dem waren, was von der gleichen anbietenden Wirtschaft im September noch vorgelegt worden ist. Ich frage mich da - auch selbst als Diplomkaufmann - am kostenrechnerischen Verstand dieses Anbieterkonsortiums.

    Heckmann: Das heißt, an der Aufrichtigkeit von Herrn Beckstein melden Sie keine Zweifel mehr an?

    Ramsauer: Aber in keinster Weise.

    Heckmann: Die Frage bleibt trotzdem, wie Sie es eigentlich gemeint haben?

    Ramsauer: Ich versuche es Ihnen noch mal zu erklären. Wir haben im letzten September eine Kostenschätzung bekommen, die sogar mit Unterschriften versehen worden ist, hochmögender Wirtschaftsvertreter, dass die Magnetschwebebahn um 1,85 Milliarden in München zu bauen wäre. Die gleichen kommen jetzt und sagen, wir haben uns verrechnet. Und da kann ich wirklich nur noch sagen, was soll man von solchen Leuten eigentlich halten, die heute Hü und morgen Hott sagen. Und deswegen noch mal, wir müssen in der Politik jetzt diese Probleme lösen, die jetzt hinterlassen werden für den Standort München, für die dortigen Verkehrsprobleme und wie wir diese deutsche Hochtechnologie nach wie vor weiter entwickeln mit einem anderen Hochtechnologieprojekt in Deutschland und damit muss sich die Führung der Großen Koalition noch mal intensiv auseinandersetzen, das heißt...

    Heckmann: Das heißt, Sie unterstreichen die Forderung, dass diese eine Milliarde...

    Ramsauer: ...das heißt konkret, das letzte Wort kann noch nicht gesprochen sein.

    Heckmann: ...pardon, dass die eine Milliarde Bundeszuschuss nach Bayern fließen, als Unterstützung für weitere Projekte im Nahverkehr, obwohl diese Forderung eigentlich jeder Grundlage entbehrt, denn die Mittel sind ja zweckgebunden und sollen, laut Bundesregierung, in den Haushalt zurückfließen.

    Ramsauer: Da kann ich mich nur wundern, wie gestern von allen möglichen Seiten begonnen worden ist, dieses Projekt Transrapid regelrecht auszuschlachten. Wir müssen Verkehrsprobleme im Münchener Norden lösen, das bleibt. Und wir wollen diese Hochtechnologie voranbringen und genau so, wie Sie es sagen, ist es. Wir wollen dieses Bundesgeld natürlich nach Bayern haben. Inwieweit das Nahverkehrskomponenten trägt, inwieweit das Fernverkehrkomponenten in sich trägt, darauf muss man sich im Augenblick nicht unbedingt festlegen.

    Heckmann: Herr Ramsauer, Kritiker bemängeln, dass sich die CSU jetzt auf populistische Forderungen verlegt. Ein Beispiel: Die Kürzung der Pendlerpauschale, die zurückgenommen werden soll aus Sicht der CSU, dabei hat ihre Partei, die CSU, diese Kürzungen ja mit beschlossen.

    Ramsauer: Da muss man eines wissen: Als wir uns am Beginn dieser Legislaturperiode rangemacht haben, die Hinterlassenschaften von Rot-Grün zu beseitigen, gehörte es auch dazu, Investitionen zusätzlich zu finanzieren. Wir haben uns in der Großen Koalition auf ein Paket von 25 Milliarden Euro zusätzliche Investitionen festgelegt und den Haushalt zu konsolidieren und wir haben pauschal verabredet ein Paket von Kosteneinsparungen und Steuermehreinnahmen aufzulegen. Dazu hat Steinbrück und Koch, der hessische Ministerpräsident und der heutige Bundesfinanzminister, ein großes Paket gemacht, bei dem unter anderem, ich sage unter anderem, die Kürzung der Pendlerpauschale enthalten war. Die CSU war als Vertreter des ländlichen Raums der großen Fläche noch nie eine große Freundin dieses Details. Aber im großen Paket haben sie das jetzt mitgetragen und jetzt haben wir die wahrscheinliche Aussicht, dass das Verfassungsgericht in Karlsruhe uns hier in die steuerpolitische Suppe spuckt. Eines ist wichtig in der Politik, dass man selbst das Helft des Handelns behält und deswegen hat Erwin Huber vollkommen Recht gehabt mit seinem Vorstoß, den Karlsruher Richtern möglichst zuvor zu kommen und die kritisierten Bestandteile dieser Pendlerpauschale neu zu regeln.

    Heckmann: Laut Bundesregierung soll es bei der Einsparung von 2,5 Milliarden Euro bleiben durch die Kürzungen der Pendlerpauschale, das heißt, plädieren Sie als CSU dafür, dass die Sätze dann für alle gesenkt werden, oder ist das Ziel der Haushaltssanierung aus Ihrer Sicht aufgegeben?

    Ramsauer: Ich möchte jetzt sicher nicht ein ganz neues und definitives Modell vorschlagen, aber eines werden wir nicht machen können, dass wir jetzt einfach andere Arbeitnehmer zusätzlich belasten, um die einen zu entlasten. Dann hätte diese ganze Operation keinen Sinn und sie würde uns erneut von der rechtlichen Seite her möglicherweise angreifbar machen.

    Heckmann: Herr Ramsauer, ein Wort zur Rente, das Thema hat jetzt in den letzten Tagen an Fahrt gewonnen, das Handelsblatt hat gestern gemeldet, dass die geplante Erhöhung der Rente weit teurer sein würde als bisher angegeben. Macht die CSU trotzdem mit und wenn ja, wie soll das finanziert werden?

    Ramsauer: Ach, man liest dies und jenes und wie wir vorhin gerade bei den Experten für Baukosten gesagt haben, bekommt man auch alle möglichen Rechnungen von sogenannten Experten. Wir verlassen uns darauf, was im Hinblick auf die Rentenerhöhung am ersten Juli vom Bundesarbeitsminister vorgelegt wird. Und wir werden in der nächsten Sitzungswoche des Deutschen Bundestages, das ist übernächste Woche, die notwendigen Entscheidungen treffen.

    Heckmann: Das heißt, Sie stehen da nicht auf der Bremse, Sie machen mit?

    Ramsauer: Wir sind dafür, dass die Rentner in Deutschland, die 20 Millionen Rentner, eine angemessene Rentenerhöhung bekommen, die sich daran orientiert, was immer Maßstab von Rentenerhöhungen war, nämlich an der tatsächlichen Entwicklung der Nettolöhne in Deutschland im vorangegangenen Jahr.

    Heckmann: Das Ganze soll kostenneutral vonstatten gehen. Glauben Sie an diese Kostenneutralität? Der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rainer Wend, hat davon gesprochen, dass das reiner Zweckoptimismus sei und die ganze Entscheidung eine Entscheidung auf Kosten der Jüngeren sein würde.

    Ramsauer: Es geht ja immer wieder darum, die Nettolöhne und ihre Entwicklung abzubilden und da hat man wohl in den letzten Jahren Annahmen getroffen, etwa die Annahme, dass 100 Prozent aller Arbeitnehmer Riester sparen. Das ist so nicht eingetreten und deswegen muss man hier korrigieren. Das hätte man möglicherweise von Anfang an anderes lösen können. Und deswegen habe ich überhaupt kein schlechtes Gewissen. Ganz im Gegenteil, ich finde, wir gehen hier einen richtigen Schritt.

    Heckmann: Wir haben einige Punkt angesprochen, einige Tiefschläge, die die CSU einstecken musste, Herr Ramsauer, wie würden sie insgesamt die Performance der CSU-Führung beurteilen?

    Ramsauer: Professionell. Wir haben in der Geschichte der CSU immer wieder ausgesprochen schwierige Wegstrecken bewältigen müssen. Das war beispielsweise nach dem Tod von Franz Josef Strauß so, das war so nach dem Abgang von Ministerpräsident Streibl, das war so nach der verlorenen Bundestagswahl 1998. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass sich die CSU als große Volkspartei bewährt hat, mit einer eindeutigen Identifikation mit dem Freistaat Bayern, mit der eindeutigen Identifikation mit der Spitzenstellung Bayerns innerhalb Deutschlands, ja Europas. Diese Markenzeichen sind mit der CSU verbunden worden und deswegen ist es mir um das politische Flagschiff CSU überhaupt nicht bange.

    Heckmann: Und wegen der empfindlichen Verluste bei den Kommunalwahlen machen Sie sich keine Sorgen für die Landtagswahlen im September?

    Ramsauer: Da muss man auch die Sinne beieinander behalten. Ich bin lange genug in der Kommunalpolitik, um zu wissen, dass wir mit diesem Kommunalwahlergebnis das Ergebnis ungefähr haben, was wir 1990 hatten und damals weiß ich noch sehr genau, haben wir das Kommunalwahlergebnis bejubelt. Man kann nicht immer glauben, dass man, jetzt übertreibe ich mal etwas, Ergebnisse irgendwo jenseits der 75 Prozentmarke haben kann. Aber wir werden zeigen, dass wir kämpfen können. Die Menschen in Bayern und ich sage bewusst auch in Deutschland, die wollen natürlich schon auch uns, ich sage immer strampeln sehen. Das werden wir tun. Wir kämpfen für Bayern und für unseren bundespolitischen Gestaltungsanspruch.

    Heckmann: Peter Ramsauer, Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, danke Ihnen.