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Rapsöl für Traktoren

Der Landwirt Harry Schneider ist das, was man gemeinhin ein seltenes Exemplar nennt. Als einziger saarländischer Landwirt beteiligt er sich am so gennanten100 Schlepper-Programm der Bundesregierung. Gemeinsam mit 99 anderen hat er seine beiden brandneuen Traktoren für mehrere tausend Euro umrüsten lassen, damit er sie mit reinem Pflanzenöl befüllen kann. Für den Junglandwirt ist die Teilnahme am Forschungsprogramm eine bewusste Entscheidung:

von Tonia Koch | 23.10.2002
    Weil es Co2-neutral ist, weil wir es aus der Region beziehen können, weil es günstiger ist als Diesel und weil ich der Meinung bin, dass es die Zukunft ist, mit Rapsöl Dieselmotoren zu betreiben.

    Der Traktor klingt wie andere auch. Dass Rapsöl im Tank ist, kann man allenfalls riechen. Ansonsten hat der Kraftstoff bestehend aus reinem Pflanzenöl gegenüber herkömmlichem Treibstoff, keine Nachteile. Im Gegenteil. Die reinen Pflanzenöle seien selbst dem Biodiesel vorzuziehen. Harry Schneider:

    Ich bin der Meinung, dass Rapsöl dem Biodiesel bei weitem überlegen ist. Rapsöl hat gegenüber Biodiesel zehn Prozent mehr Energie, Rapsöl braucht zur Herstellung weniger Energie und Rapsöl macht, wenn das Gerät umgebaut ist, weniger Probleme.

    Zwar gibt es inzwischen ein bundesweites Tankstellen-Netz für Biodiesel. Doch noch immer fehlen von den Herstellern landwirtschaftlicher Maschinen oder den Automobilherstellern generelle Freigaben für den Einsatz der mit Alkohol veresterten Pflanzenöle. Darüber hinaus droht auch der Preisvorteil von Biodiesel gegenüber herkömmlichem Diesel zu schwinden. Denn die EU beabsichtigt ab 2004 dem Biodiesel Mineralöle beizumischen. Da die Steuerbefreiung jedoch nur auf die pflanzlichen Bestandteile gewährt wird, würde sich das Mischprodukt entsprechend verteuern. Es sei denn, es gelingt der Bundesregierung eine Ausnahmeregelung in Brüssel durchzusetzen, was sie beabsichtigt. Diese Feinheiten interessieren Harry Schneider wenig. Er hat sich vordergründig aus ökologischen Gründen entschieden und ist deshalb auch bereit, seine Erfahrungen für die Dauer von drei Jahren aufwendig zu dokumentieren.

    Der Landwirt aus dem Ostertal presst sein Öl nicht selbst, sondern wird von der benachbarten St. Wendler Ölsaaten e.V. beliefert, einer Erzeugergemeinschaft, in der sich 35 Bauern zusammengeschlossen haben. Von der Gemeinschaft wird auf 300 Hektar Fläche Raps angebaut und daraus lassen sich pro Jahr etwa 240 Tonnen Öl herstellen, die zu Speiseölen, Kraftstoffen und Tierfutter verarbeitet werden. Vermarktet werden sollen diese Produkte ausschließlich in der Region. Günther Hell, stellvertretender Vorsitzender der Erzeugergemeinschaft:

    Die Gemeinschaft ist angetreten um ihre Produkte selbst zu verwerten, um die Wertschöpfung in der Region zu behalten.

    Der deutsche Bauernverband unterstützt solche regionalen Lösungsansätze. Vor allem der direkte Einsatz von Rapsöl findet Zustimmung. Denn nur dann kann der Raps aus heimischer Produktion seine Vorteile gegenüber anderen Ölsaaten ausspielen, da die großen Hersteller von Biodiesel, deren Anlagen in den See-Häfen stehen, überall auf den Weltmärkten Rohstoffe einkaufen. Auf den regionalen Kreislauf, auf eine geographisch eingegrenzte Vermarktungsstrategie zu setzen, macht deshalb aus Sicht der Bundesverbandes Pflanzenöle Sinn. Patric Bies:

    Ich möchte mich nicht gegen Biodiesel aussprechen. Aber man muss sehen, dass die Erzeugungskosten für Biodiesel höher liegen als für reines Pflanzenöl. Der Landwirt kann reines Pflanzenöl selbst herstellen, während die Veresterung nur in Großanlagen erfolgen kann mit entsprechenden Transportwegen.

    Wenn die Straßenmaut im kommenden Jahr auf Deutschlands Straßen eingeführt wird und der Transport sich dadurch verteuert, dann werden auch andere seinem Beispiel folgen. Davon ist Harry Schneider überzeugt.