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Rassismus in der Kunst
"Kritische Weißseinsforschung" in Museen

Strukturellen Rassismus analysieren, Privilegien der weißen Mehrheitsgesellschaft bewusstmachen und neue Perspektiven eröffnen – das hat sich die "Kritische Weißseinsforschung" zur Aufgabe gemacht. Eine dekonstruktive Methode, die zunehmend auch in der Museumspraxis eingesetzt wird.

Von Dörte Hinrichs | 09.07.2020
Drei Portraits eines Schwarzen von Frank Walter - die Gemälde sind sich in ihrem Motiv sehr ähnlich, aber die Farbgebung im Hintergrund, bei der Kleidung und beim Gesicht des Portratierten ist jeweils sehr unterschiedlich
Drei Gemälde von Frank Walter - das Museum für Moderne Kunst MMK in Frankfurt zeigt in einer Sonderausstellung die Werke des schwarzen Künstlers mit europäischen Wurzeln (Axel Schneider)
"I have a dream that my four little children will one day live in a nation where they will not be judged by the color of their skin but by the content of their character." Martin Luther King am 28. August 1963 vor mehr als 250.000 Menschen beim "Marsch auf Washington für Arbeit und Freiheit".
"Wir haben 2020 - dass wir immer noch über Rassismus sprechen, das finde ich wirklich krass, das verstehe ich auch wirklich nicht. Es gibt etwas zu spüren, dass - wahrscheinlich nicht alle – aber dass wir auch wirklich diskriminiert werden, dass Schwarze hier wirklich nichts zu suchen haben, so ungefähr." Virginie Kamche, Mitbegründerin des "Afrika Netzwerk Bremen".
"Ich denke, dass ein Museum für Gegenwartskunst, was das MMK in Frankfurt ja ist, auch wirklich den Auftrag hat, sich den gegenwärtigen Fragestellungen und Themen zu widmen. Und das war auch der Grund, warum wir 2018 die Ausstellung gemacht haben: 'Weil ich nun mal hier lebe'. Eine Ausstellung, die anhand von künstlerischen Arbeiten strukturellen Rassismus und Antisemitismus in Deutschland untersucht hat." Susanne Pfeffer, Direktorin des Museums für Moderne Kunst MMK in Frankfurt am Main.
Dossier: Rassismus
Dossier: Rassismus (picture alliance / NurPhoto / Beata Zawrzel)
Weiße Privilegien bewusstmachen
"Im Gespräch zwischen Frau Kamche und anderen Kolleginnen und mir ist mir immer wieder aufgefallen, dass das, was schwarze Menschen in ihrer Sozialisierung, in ihrer Erfahrung von weißen Privilegien sozusagen von Anfang an lernen, für weiße Menschen erst verständlich wird durch die 'kritische Weißseinsforschung'. Also, das sehe ich als Aufgabe, in dieser Theorie, da so eine Brücke zu bauen; so etwas, was man eben selbst nicht erlebt."
Sagt Prof. Anna Greve, Kunsthistorikerin an der Universität Bremen und Referatsleiterin beim Senat für Kultur der Hansestadt.
"Also 'kritische Weißseinsforschung' untersucht das Paradigma 'Weißsein' als Schlüsselkategorie von Rassismus. Und hinterfragt es, in dieser Form Privilegien zu erzeugen und damit eben auch Ausgrenzungsmechanismen - vor allen Dingen oft unbewusst."
Weißsein als vermeintlich universelle, neutrale Norm
Weiße Menschen definieren sich also demnach zwar nicht explizit über ihr Weißsein, sehen es aber – wenn auch unausgesprochen - als universelle, neutrale Norm. Für die damit einhergehenden Privilegien, die weiße Menschen bewusst oder unbewusst für selbstverständlich halten, will die "Kritische Weißseinsforschung" hierzulande sensibilisieren – nach dem Vorbild der "Critical Whiteness Studies" im angloamerikanischen Raum. Die Theorie wird in den USA schon länger in den verschiedensten Disziplinen angewandt, um rassistische Strukturen und Diskriminierungsmechanismen offenzulegen. Anna Greve:
"Das ist der Unterschied auch zu dem englischen Begriff der ‚Critical Whiteness Studies‘, dass man ‚Kritische Weißseinsforschung‘ als Begriff 2005 eingeführt hat, unter anderem von der schwarzen Literaturwissenschaftlerin Peggy Piesche, um eben dieses Thema explizit in der deutschen Geschichte und dem deutschen Kontext zu verorten."
Virginie Kamche, die 2010 das "Afrika Netzwerk Bremen" mitbegründet hat, begrüßt die Ansätze kritischer Selbstreflexion der weißen Mehrheitsgesellschaft, das Bewusstmachen und Infragestellen von Selbstverständlichkeiten:
"Von daher finde ich auch wirklich gut, dass die Menschen weißer Hautfarbe sich damit auseinandersetzen. Und wir schwarzen Menschen erleben auch noch heute diese Diskriminierung, diese Ausgrenzung. Es ist wirklich verbreitet in allen Bereichen der Gesellschaft. Es tut sich was, aber es ist noch nicht genug."
Frank Walter, "Self Portrait", undatiert (Ausschnitt). Das Bild zeigt ein männliches Profil mit Blick nach links unten. Sowohl das Gesicht als auch der Anzug sind in flächigem Weiß gemalt. 
Auf diesem undatierten Selbstportrait hat sich der schwarze Künstler Frank Walter mit weißer Hautfarbe gemalt (Axel Schneider)
Trennung schwarzer und weißer Perspektiven
Es geht der Kritischen Weißseinsforschung um die Dekonstruktion traditioneller weißer Sichtweisen. Die Perspektiven weißer und nichtweißer Menschen werden hier analytisch voneinander getrennt, um sie gesondert zu Wort kommen zu lassen. Ein Ansatz, der nicht unumstritten ist, weil einige fürchten, er könnte die Gräben vertiefen. Anna Greve:
"Ich bin aber der Überzeugung, dass diese Trennung der Perspektiven, schwarze Perspektiven und weiße Perspektiven, für die Analyse unheimlich wichtig ist. Denn die Negierung des Unterschiedes im Leben radiert ihn nicht aus, sondern macht ihn nur eben erst mal unsichtbar oder erzeugt einen blinden Fleck. Das heißt, wenn ich mir klarmache als weißer Mensch, dass ich weiß positioniert bin, erst dann kann ich im Grunde genommen in einen wirklichen Dialog mit einer schwarzen Person gehen, die Rassismus ganz anders empfindet, darüber anders spricht, und mich darauf einlassen."
Blinde Flecken in der Museumsarbeit
Es ist dieser blinde Fleck, den die Kunsthistorikerin Anna Greve sichtbar machen will. "Koloniales Erbe in Museen. Kritische Weißseinsforschung in der praktischen Museumsarbeit", lautet ihr Ende 2019 erschienenes Buch. Es geht weniger um die Diskussion über die Rückgabe geraubter Kulturgüter aus ehemaligen Kolonien, als vielmehr um einen generellen kritischen Ansatz, der alle Museen in den Blick nimmt, nicht nur ethnologischen Sammlungen. "Der blinde Fleck" war auch der Titel einer Sonderausstellung 2017 in der Bremer Kunsthalle. Als erstes deutsches Kunstmuseum hat es die Spuren der Kolonialzeit in der Hansestadt in den Blick genommen, auch vor dem Hintergrund der kritischen Weißseinsforschung.
Ringen um das Ausstellungsplakat
Die Kuratorin hatte als Ausstellungsplakat ein Bild von Emil Nolde ins Auge gefasst, auf dem eine schwarze Person dargestellt ist. Sie zeigte es Anna Greve, diese wiederum machte den Vorschlag, das "Bremer Afrika Netzwerk" mit in die Plakatauswahl einzubeziehen. Virginie Kamche:
"Wir waren alle schockiert, dass sie dieses Plakat von Nolde anwenden wollte, um die Werbung zu machen. Also, das war also ein Südsee-Bewohner, der so eine Kette am Hals hatte. Und das hat uns sofort erinnert an die Sklaverei. Und solche Bilder, haben sie auch gesagt, wenn wir diese Stereotypen oder Vorurteile abbauen wollen - und das ist auch, warum wir uns auch engagieren mit dem Verein -, dann sollen wir das sofort sagen, dass das nicht okay ist. Dass wir das wirklich uns nicht wünschen, dass so was nicht noch mal reproduziert wird."
Es begann ein schwieriges Ringen um ein Plakat, dass sowohl den Ansprüchen der Ausstellungsmacher als auch der Schwarzen Community gerecht werden sollte. Virginie Kamche:
"Zum Glück haben sie das verstanden. Ich war wirklich dieser Kuratorin Julia Binter dankbar, dass sie zu uns gekommen ist und mit uns auch wirklich diskutieren wollte. Dieser Prozess, fand ich wirklich, das hat sich gelohnt, zumindest für dieses Plakat, das überall in Bremen zu sehen war."
Das Gemälde "Nude with Fan, Verso: Sleeping Milli, 1909-1911" des deutschen Malers Ernst Ludwig Kirchner (1880-1938) hängt am 04.08.2017 in der neuen Sonderausstellung "Der blinde Fleck. Bremen und die Kunst in der Kolonialzeit" in der Kunsthalle Bremen. Rechts im Hintergrund ist die Bronze "Malaiin, 1916" von Martin Kolbe (1877-1947) zu sehen. Beide Werke sind Beispiele, die die Faszination von fremden Menschen in der Darstellung von europäischen Künstlern widerspiegeln. Mit dieser Ausstellung vom 05.08.-19.11.2017 untersucht erstmals ein deutsches Kunstmuseum seine Geschichte auf die Spuren der Kolonialzeit
Das Gemälde "Sleeping Milli" von Ernst Ludwig Kirchner und die Bronze "Malaiin" von Martin Kolbe in der Ausstellung "Der blinde Fleck" 2017 (dpa / Ingo Wagner)
Schwierige Vermeidung von Stereotypen
Man einigte sich schließlich auf Ernst Ludwig Kirchners Bild von der "Schlafenden Milli": Ein Kompromiss, der die Mitglieder des Afrika Netzwerkes nur bedingt zufriedenstellte - denn, so Virginie Kamche:
"Man hat so eine nackte afrikanische Frau gesehen. Und das war für uns auch schon wieder ein Stereotyp, das wir überhaupt nicht sehen wollten. Also ich sage Ihnen ehrlich: Wir dachten, okay, die sollten diese Werbung machen mit solchen Bildern, um Besucher zum Museum zu ziehen. Aber wir dachten, das sind deren Perspektiven. Aber für uns, unsere Perspektive war: Nein, solche Bilder reproduzieren auch nochmal Vorurteile, das führt auch zur Rassismus, zu Ausgrenzung und vor allem auch für unsere Kinder, die auch darunter leiden, in der Schule. Und dann haben wir gesagt, das wollen wir nicht. Und wir haben einen Kompromiss gefunden. Das war so ein, ein weißer Fleck auf den Genitalbereichen von der Frau. Und damit konnten wir auch leben."
Langsame Öffnung von Museen für interkulturelle Dialoge
Nicht nur in Bremen, auch bundesweit gibt es inzwischen verschiedene Ansätze, nichtweiße Perspektiven in die Museumspraxis einzubinden und blinde Flecken sichtbar zu machen. Das Historische Museum in Berlin zum Beispiel hat 2016 eine Ausstellung zum deutschen Kolonialismus gemacht, an der erstmals die "Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland" mitgewirkt hat. Und das Museum für Moderne Kunst in Frankfurt am Main zeigte 2018 in der Ausstellung "Weil ich nun mal hier lebe" künstlerisch-dokumentarische Arbeiten von Migrantinnen und Migranten, die zu Klischees geronnene Bilder und rassistische Erfahrungen thematisierten. Und auch aktuell setzt sich die Direktorin Susanne Pfeffer kritisch mit der von Weißen dominierten Museumspraxis auseinander.
"Ich denke, dass für ein Museum der Gegenwart auch wichtig ist, dass man ein Bewusstsein darüber hat, das ist natürlich das Museum, ein Ort des Zeigens, aber auch ein Ort des Nichtzeigens ist. Und dieses Bewusstsein ist, glaube ich, sehr wichtig, um sich letztendlich der blinden Flecke, die natürlich eine Gesellschaft, auch ein Museum und natürlich ein Direktor, eine Kuratorin auch haben, bewusst zu sein."
Blick in die Sonderausstellung im MMK in Frankfurt - die kleinformatigen Gemälde von Frank Walter hängen an quer in den Museumsraum aufgebauten Stellwänden
Blick in die Sonderausstellung im MMK in Frankfurt (Axel Schneider)
Zwischen den Kulturen: Der karibische Künstler Frank Walter
Das thematisiert auch die aktuelle Ausstellung über Frank Walter:
"Frank Walter, ein Künstler, der 1926 in Antigua geboren ist, der in den Fünfzigern nach Europa gekommen ist und ähnlich wie eigentlich seine Zeitgenossen auch aus der Karibik, Frantz Fanon oder Stuart Hall geschockt war in den 50er-Jahren vom Rassismus, der ihnen in Europa entgegensprang. Und Frank Walter ist eine Figur, die wirklich ein ganz außerordentlich wichtiges und freies Oeuvre geschaffen hat, das jetzt hier erstmals in einem Museum zu sehen ist."
Bis zum 15. November 2020 wird die Frank-Walter-Retrospektive im Kontext mit Werken zeitgenössischer Künstler gezeigt. Keine Sonderausstellung - nein, die komplette Sammlung des Museums für Moderne Kunst wurde zugunsten der Werke des 2009 verstorbenen Künstlers ausgeräumt. Frank Walter hatte immer von einer Ausstellung geträumt:
Frank Walter steht vor seinem Atelier (oder vielleicht auch Verkaufsraum) in Antigua, an der Wand hinter ihm hängen Dutzende seiner kleinen Arbeiten
"Vorm geistigen Auge die versammelte Menge,
Wie sie sich lautlos weidet an meiner Kunst.
Schweigend vor der Wand, wie gebannt
Gehen sie auf in dem, was sie sehen."



Frank Walter war ein vielseitiger Künstler: Er hat Gedichte geschrieben, komponiert und über 5.000 Kunstwerke geschaffen: geschnitzte Holzfiguren genauso wie Landschaftsmalereien; Miniatur-Ölbilder auf Pappe, Papier und Holz, aber auch abstrakte Zeichnungen - oft auf der Rückseite von Fotografien - sowie zahlreiche Portraits und Selbstportraits, die ihn mal als schwarzen, mal als mehr oder weniger weißen Mann zeigen. Denn ursprünglich stammte seine Familie aus Deutschland, ist dann über England in die Karibik ausgewandert, um auf Antigua eine Plantage zu betreiben. Mütterlicherseits war er der Sohn von versklavten Vorfahren. Die Auseinandersetzung mit seiner Herkunft und das Aufspüren seiner europäischen Wurzeln haben ihn tief geprägt, wie auch Tondokumente von ihm belegen: Frank Walter:
"Ich bin nicht europäisch im familiären Sinne. Doch wie wurde ich europäisch? Ich wurde gezwungen, mich damit zu plagen, ob ich zu jener Familie gehörte oder nicht. Nicht durch irgendeinen Wunsch, zu irgendeiner Familie zu gehören, sondern durch die Anerkennung der Familie, zu der du gehörst und in die du hineingeboren wirst."
Rassismus im Europa der 1950er-Jahre
Doch diese Anerkennung wurde Frank Walter vom Zweig seiner englischen Familie verwehrt. Er hatte eine gute Schulbildung genossen und leitete 1948 als erster schwarzer Verwalter eine Zuckerrohrplantage in Antigua. Um sich weiterzubilden, reiste er 1953 nach England. Doch er durfte sich nur als Hilfsarbeiter verdingen, litt unter Hunger und Diskriminierung. Susanne Pfeffer:
"Ich glaube, wenn man in einer Gesellschaft lebt, die einen permanent durch Zuschreibung auf etwas reduziert als Schwarzer, als Mann, als aus der Karibik stammend, dass es dann natürlich wichtig ist, dass man eigentlich auch trotzdem im Leben es schafft, sich von diesen Zuschreibungen zu lösen und auch frei zu sein, und diese Freiheit auch zu nutzen. Und die wird glaube ich sehr spürbar. Und die hat natürlich eine enorme Schönheit, wie ich finde."
Eingefahrene Kriterien bei Auswahl von Künstlern und Werken
Eine Schönheit, die lange Zeit unentdeckt blieb. Frank Walter war nach seinem mehrjährigen Europaaufenthalt, wo er unter anderem auch in Deutschland als Bergarbeiter tätig war, 1961 in die Karibik zurückgekehrt. Anfangs hatte er versucht, Ausstellungsorte für seine Bilder zu finden, es dann aber aufgegeben. Erst acht Jahre nach seinem Tod, bei der Documenta 2017, wurde sein vielfältiges Werk einer breiteren Öffentlichkeit vorgestellt.
Die Ausbildung an Kunsthochschulen, die Präsenz in namhaften Galerien sind oft die Referenzen, von denen sich Museen leiten lassen bei der Auswahl ihrer Künstler und deren Werke. Deshalb plädiert Susanne Pfeffer, Direktorin des Frankfurter Museums für Moderne Kunst, auch dafür …
"… dass man wirklich auch sich von diesen Referenzsystemen lösen muss, dass man dann halt auch irgendwie die Freiheit hat, Werke zu zeigen, die vielleicht auf den ersten Blick jetzt nicht den Parametern der Moderne entsprechen."
Schwarze Menschen und Perspektiven sichtbar machen
Dazu brauchen Museumdirektorinnen und -direktoren schon auch Mut, gewohnte Pfade zu verlassen und mit klassischen Sehgewohnheiten zu brechen. Nicht nur mit mehr Künstlern aus globalen Kontexten lässt sich der Horizont erweitern, sondern auch mit veränderten Perspektiven auf den klassischen Kanon der europäischen Kunst- und Kulturgeschichte. Anna Greve, die beim Bremer Senat das Referat "Museen, Staatsarchiv, Landesarchäologie und Landesamt für Denkmalpflege, Obere Denkmalschutzbehörde, Kulturgutschutz" leitet, führt als ein Beispiel die Kunsthalle der Hansestadt an. Dort, wo die Gemälde des 17./18. Jahrhunderts aus dem Goldenen Zeitalter der Niederlande hängen, mit Stillleben exotischer Früchte, mit Portraits von Kaufleuten in kostbaren Gewändern, wird der Reichtum sichtbar, der auf kolonialer Ausbeutung beruht - und eine Leerstelle:
"Es kommen aber eigentlich kaum schwarze Menschen vor, und auch das Thema Kolonialismus kommt so in den Gemälden erstmal nicht vor. Und diese Art von Gemälden gibt es aber überall in Deutschland und auf der Welt. Und die Kunsthalle hat die blinden Flecken, die es gibt, in der Überlieferung selbst ergänzt. Neben dem Hauptraum-Text hat man aufgenommen eine Reproduktion eines Werkes von William Blake, von einem versklavten Menschen, der erhängt wurde. Also, man betritt den Raum und sieht diesen hängenden schwarzen Menschen. Das ist erst einmal ein Schock, wenn man eigentlich gewohnt sozialisiert ist, eben diese reichen, schönen Gemälde zu sehen."
Diskriminierung auch bei der Personalauswahl?
Virginie Kamche vom Afrika Netzwerk Bremen vermisst auch schwarze Mitarbeiter in Museen. Ein Museumsdirektor auf der Suche nach Fachpersonal hat sie einmal nach einer Podiumsdiskussion angesprochen, ob sie nicht jemanden wüsste, der dafür in Frage kommen könnte. Ihr fiel ein passender Kandidat ein, allerdings dauerte es mehrere Monate, bis dieser den Mut fand, sich zu bewerben:
"Ich bin wirklich dem Direktor auch dankbar, weil er hat nach Kompetenzen geguckt, nicht nach Hautfarbe. Und bis heute ist der Mann glücklich, und das zieht auch Publikum. Ich sehe ihn, das ist super. Seine Familie geht dahin, seine Kinder, seine Freunde - und solche Erfolge, das ist für uns also wirklich toll. Und in jedem Museum, in allen Bereiche wünsche ich mir das. Und ich weiß auch nicht, warum das so schwer sein sollte."