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Rassismus in Deutschland
"Ich wünsche mir viel mehr Normalität"

Nadine Mersch vom Sozialdienst katholischer Frauen SkF spricht eigentlich nicht über ihre Hautfarbe, weil sie nicht darauf reduziert werden will. Jetzt redet sie doch darüber. Denn: Rassismus, sagt sie, sei auch Teil eines Verteilungskampfes.

Nadine Mersch im Gespräch mit Christiane Florin |
Nadine Mersch leitet die Stabsstelle Sozialpolitik und Öffentlichkeit beim Sozialdienst katholischer Frauen SKF.
"Man stellt mir schneller die Frage: Wo kommst du denn jetzt wirklich her? Oder wo kommen denn deine Eltern her?", sagt Nadine Mersch. (SkF Gesamtverein/Nadine Malzkorn)
Christiane Florin: Nadine Mersch, meine Interviewpartnerin in der Sendung von heute, leitet die Stabsstelle Sozialpolitik und Öffentlichkeitsarbeit beim Sozialdienst Katholischer Frauen SkF. Wir haben in den vergangenen Jahren häufiger miteinander gesprochen, etwa über anonyme Geburten und die Babyklappe, oder über den Reformprozess in der katholischen Kirche, denn Nadine Mersch gehört auch dem Forum des Synodalen Weges an. Ihre Hautfarbe war in den Gesprächen nie ein Thema, die Herkunft ihrer Eltern auch nicht. Warum auch? Aber jetzt sprechen wir darüber. Nadine Mersch ist in Paderborn geboren, ihr Vater stammt aus Burundi, ihre Mutter aus Ostwestfalen. Frau Mersch, wie beschreiben Sie sich?
Nadine Mersch: Ich beschreibe mich eigentlich in aller Regel gar nicht mit meiner Hautfarbe oder meinem Hintergrund, weil ich es gar nicht für notwendig halte. Wenn ich in die Verlegenheit komme, mich irgendwie beschreiben zu müssen, mein Äußeres beschreiben zu müssen, dann verwende ich eher das Wort: "Ich bin farbig." Ich weiß, dass das bei vielen auf Ablehnung stößt. Aber für mich ist das passend. Ich habe den Eindruck, die Leute wissen sofort, wovon ich spreche. Und mehr muss ich dazu dann auch nicht sagen.
Florin: "People of Color" benutzen Sie nicht?
Mersch: Benutze ich gar nicht.
"Wo kommst du eigentlich her?"
Florin: Warum nicht?
Mersch: Ich habe diesen Begriff auch erst relativ spät überhaupt kennengelernt als einen, den man auch in Deutschland verwenden könnte. Ich finde es für mich irgendwie nicht zutreffend. Ich weiß auch gar nicht, warum ich jetzt den englischen Begriff dazu nehmen sollte. Es ist ein direkter Übertrag aus der Verwendung in den USA. Da finde ich mich nicht wieder.
Florin: Jetzt bin ich natürlich auch voll in die Falle getappt, die der Journalist Ijoma Mangold in der aktuellen Ausgabe der "Zeit" beschreibt: Er spricht davon, dass er – er ist auch nicht weiß – zum Mitglied eines Kollektivs der Betroffenen gemacht wird, zum Beispiel, wenn er Anfragen für Talkshows bekommt. "Kollektiv der Betroffenen"- wovon sind Sie betroffen?
Mersch: Ich bin davon betroffen beispielsweise, dass man mir schneller die Frage stellt: Wo kommst du eigentlich her? Wo kommst du denn jetzt wirklich her? Oder wo kommen denn deine Eltern her? Und wie sind die denn eigentlich hingekommen und so weiter? Ich würde sagen, da bin ich öfter betroffen von dieser Frage als viele andere. Da steckt manchmal pures Interesse dahinter, da steckt auch manchmal das Stereotyp dahinter "Na ja, die ist sehr wahrscheinlich nicht so richtig deutsch". Vielleicht steckt auch manchmal Ablehnung dahinter. Das weiß ich nicht. Aber das ist vielleicht eine Betroffenheit von einem bestimmten Sachverhalt oder von bestimmten Verhaltensweisen, die ich nicht per se als Diskriminierung empfinde. Herr Mangold schreibt ja auch so schön, dass er von Kindheit an gelernt hat, auf die Tonalität zu achten und darin Unterschiede sieht. Und ich glaube, genau das ist es. Es gibt manchmal eine Tonalität, die ist unangemessen, die ist auch übergriffig, und es gibt ganz oft einfach nur nette Gespräche.
"Ich habe Diskriminierungserfahrungen gemacht, aber die will ich nicht hochstilisieren"
Florin: Haben Sie Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht?
Mersch: Ich habe Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht. Aber ich will das wirklich nicht zu hochstilisieren, weil ich habe erst mal überhaupt keine Gewalterfahrungen gemacht und ich habe in dem Sinne keine wirklich manifesten Ausgrenzungserfahrungen gemacht. Ich habe natürlich solche Dinge erlebt, dass mir was Blödes hinterhergerufen wurde auf der Straße oder dass mich im Zug ein älteres Ehepaar, sagen wir mal, angstvoll angeschaut hat, als ich nach längerer Zeit endlich wieder kam und meine Tasche die ganze Zeit neben ihnen stand – das war rund um diese ganzen islamistischen Anschläge. Sowas habe ich erlebt. Das ist auch nicht schön. Ich habe auch als Jugendliche erlebt, dass ich bestimmte Partys vermieden habe, weil ich wusste, da sind halt Rechte unterwegs. Da habe ich mich nicht sicher gefühlt. Das ist alles sehr, sehr unschön, aber in keiner Weise vergleichbar mit Dingen, die andere erleben.
Die Trauerfeier für den von einem Polizisten ermordeten George Floyd.
Der gewaltsame Tod von George Floyd war Auslöser für die weltweiten Proteste gegen Rassismus (Getty Images / Pool)
Florin: Wann sind Sie zum ersten Mal darauf aufmerksam gemacht worden, dass Sie eine andere Hautfarbe haben als die anderen?
Mersch: Das erste Mal, dass ich sagen würde, das war so eine blöde Situation, das war erstaunlicherweise nicht in meiner kleinen, wunderbaren Heimatstadt Paderborn, sondern im großen München. Da haben wir bei einer Reise in der U-Bahn erlebt, dass eine Frau, deren Tochter sich neben mich gesetzt hat, gesagt hat: "Nein, man setzt sich nicht neben die."
Florin: Und wie haben Sie reagiert? Oder wie haben ihre Freundinnen reagiert?
Mersch: Ich war wirklich noch Kind, ich war da mit meiner Mutter unterwegs. Ich kann es Ihnen nicht mehr sagen. Mir ist das jetzt erst spontan in dem Gespräch mit Ihnen eingefallen. Ich kann nicht sagen, wie die Reaktion war. Ich weiß nur, dass das doof war und dass ich das vorher nie erlebt habe.
"Die Hautfarbe gehört zu mir wie vieles andere auch"
Florin: Wie ist Ihre Erfahrung in der katholischen Kirche, in der Sie sich schon lange engagieren. Ist es da genauso wie im nichtkirchlichen Bereich, gibt es weniger Diskriminierung oder mehr? Oder was ist da anders?
Mersch: Zumindest in dem Feld, in dem ich mich bewege, also in den klassischen Gemeinden und Verbänden - oder jetzt auf dem Synodalen Weg im Kontakt mit den Bischöfen -, da erlebe ich keine besondere Verhaltensweise mir gegenüber. Ich erlebe da auch keine Ausgrenzung, viele sind einfach interessiert. Für die allerallermeisten - und das ist das Schönste und ich hoffe, dass das viele so erleben können – spielt das keine Rolle. Für die bin ich Nadine Mersch mit den Themen, mit denen ich mich umgebe, mit der Art, mit der ich unterwegs bin. Für die spielt keine Rolle, welche Hautfarbe ich habe.
Florin: Gibt es nicht den Reflex "Ihr Vater ist aus Burundi - dann wäre es doch schön, wenn Sie sich um Afrika kümmern würden." Oder: "Sie sind bestimmt für Afrika zuständig, für die Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika in den Kirchen"?
Mersch: Habe ich auch schon mal gehört: "Ach so, ja, wahrscheinlich waren Sie auch schon mal für Entwicklungspolitik zuständig beim BDKJ oder so." Aber diese Art Zuschreibung erlebe ich eher wenig. Ich glaube, da gibt es viel mehr Zuschreibungen wie zum Beispiel: "Sie setzen sich doch ganz bestimmt als Frau für das Priesteramt für Frauen ein". Das ist viel häufiger innerhalb der Kirche der Fall.
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Florin: Haben Sie den Eindruck, dass man sich mit Ihrer Gegenwart schmückt, um zu zeigen: "Guck mal, so tolerant sind wir, so nicht-rassistisch sind wir"?
Mersch: Ich hatte durchaus schon mal solche Gespräche, in denen Menschen gesagt haben: "Ja, ist das nicht auch so, dass viele dir nicht abschlagen, dass du irgendwo dabei sein willst oder so, oder es eben gerade besonders schick finden, da auch ihre Weltoffenheit präsentieren zu können?" Ich kann mich an so eine Situation nicht erinnern. Ich glaube, das hat viel damit zu tun, dass für mich selber – und ich habe auch den Eindruck, in aller Regel ist das auch bei meinem Gegenüber so – dass meine Hautfarbe, obwohl sie natürlich sehr präsent ist, gar nicht so sehr im Vordergrund steht. Es gehört zu mir. Aber es gehört zu mir wie vieles andere auch.
"Singt dem Herrn alle Völker und Rassen"
Florin: In den Kirchen gibt es im Moment eine kleine bis mittlere Diskussion um Lieder. Zum Beispiel um das ehemals Neue Geistliche Lied "Singt dem Herrn alle Völker und Rassen". Soll das Wort Rasse verschwinden oder gleich das ganze Lied?
Mersch: Ich mag das Lied gerne, deswegen sollte es nicht verschwinden. Ich bin, offen gestanden, in dieser Diskussion noch sehr hin- und hergerissen. Ja, das Wort Rasse wirkt so absolut und hart - als gäbe es daran nichts zu rütteln. Es ist eine eindeutige Kategorisierung. Infolgedessen finde ich schon, dass man darüber nachdenken muss, ob man es verwenden kann. Gleichzeitig macht es auch etwas deutlich. Gerade in der Grundgesetz-Debatte wird deutlich, dass wir es wirklich mit Rassismus zu tun hatten, vielleicht sogar immer noch haben. Und dass wir uns dagegen wenden, also dass wir eben wirklich Rasse nicht als Kategorie gelten lassen. Es ist sicherlich gut, dass man das mal offensichtlich diskutiert.
Florin: Finden Sie die Debatte, die jetzt stattfindet, überzogen?
Mersch: Nein, überzogen finde ich sie definitiv nicht. Mich hat, zumindest was Deutschland angeht, überrascht, dass sie so groß geworden ist. Das muss ich schon sagen, aber überzogen finde ich sie nicht. Denn mir ist schon klar, dass wir Alltagsrassismus haben. Und dass es mindestens sehr viele Zuschreibungen gibt, mit denen viele Menschen, ich sage jetzt mal, zu kämpfen haben und dass wir uns da auch noch weiterentwickeln müssen und können. Das ist die eine Seite.
Auf der zweiten Seite sehen wir auch mehr und mehr, dass es insgesamt auch mehr Abgrenzung anderen Kulturen gegenüber gibt, wirklich auch handfesten Rassismus, Gewalttaten. Infolgedessen finde ich es nicht überzogen, sondern wir müssen schon auch auf verschiedenen Ebenen und mit verschiedenen Formen von Rassismus uns einfach auseinandersetzen. Was ich ein bisschen überzogen finde, ist diese Eins-zu-eins-Verbindung mit der Situation in den USA. Ich kenne mich jetzt nicht super aus in den USA. Aber ich habe schon den Eindruck, dass das ganz unterschiedliche Situationen sind.
"Polizeikontrolle - das mag was mit Habitus und Kleidung zu tun haben"
Florin: Sie haben mir im Vorgespräch erzählt, dass Sie mal erlebt haben, dass Menschen mit dunkler Hautfarbe von der Polizei kontrolliert wurden, dass Sie aber nicht kontrolliert wurden. Was hat den Unterschied gemacht?
Mersch: Ich glaube, zum einen hat das wirklich was mit den Geschlechtern zu tun. Das ist ja auch das, was wir momentan bei den ganzen Berichten und auch Erhebungen sehen, dass Männer da schneller als Frauen in diese Zuschreibung kommen, möglicherweise irgendwie kriminell zu sein oder sich nicht rechtmäßig aufzuhalten. Das wird ein Grund sein. Aber ich habe auch schon Frauen mit Kindern gesehen, die aus mir nicht erfindlichen Gründen kontrolliert wurden. Ich glaube, es hat in der Tat ein bisschen was damit zu tun, dass die Polizisten wahrscheinlich unterscheiden - und das mag etwas mit Habitus, mit Kleidung oder mit sonst was zu tun haben: "Aha, die Person wird mir wahrscheinlich in lupenreinem Deutsch erklären, dass das jetzt nicht in Ordnung ist. Und die andere wird es eben nicht."
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Florin: Sie arbeiten für den Sozialdienst katholischer Frauen SkF. Welche Rolle spielt in Ihrer Arbeit das Thema Rassismus?
Mersch: Zunächst einmal ist es so, dass der SkF sich für ganz viele Menschen in Notlagen einsetzt. Da sind viele dabei, die auch von Diskriminierung betroffen sind in unterschiedlicher Art und Weise. Der SkF ist sehr offen mit seinen Angeboten für jegliche Religionen, für alle Herkünfte, für alle Lebenssituationen. Das machen die SkF-Ortsvereine auch immer sehr, sehr deutlich; und das macht sie auch aus. Beispielsweise verzeichnen alle Dienste, Beratungsstellen und Einrichtungen, dass sich sehr viele Menschen mit Migrationshintergrund an SkF-Ortsvereine wenden und sich da gut aufgehoben und betreut fühlen. Das ist schon der erste Schritt, mit dem ein ganz deutlicher Einsatz gegen jegliche Form von Diskriminierung auch deutlich wird.
"Es geht auch um Verteilungsgerechtigkeit"
Florin: Nehmen wir einmal an, eine Frau erzählt von einer diskriminierenden Erfahrung, zum Beispiel von einer Polizeikontrolle, bei der andere mit weißer Hautfarbe nicht kontrolliert worden sind. Was raten Sie da?
Mersch: Man muss gucken: Wie weit geht so eine Situation? Ist es da wirklich zu unangemessenen Übergriffen gekommen? Klar, da muss man natürlich die Stellen einschalten, die dafür zuständig sind. Aber ansonsten, denke ich, geht es in der Beratung auch immer darum, die Menschen zu stärken in ihrer jeweiligen Situation. Beispielsweise eine Migrantin, die vielleicht noch nicht lange in Deutschland ist und nicht gut Deutsch spricht, wirklich darin zu stärken, dass sie in so einer Situation bestehen kann, vielleicht sogar auch Hilfe sucht vor Ort. Aber ich finde es ganz schwierig, da etwas zu raten.
Aus einer Menschenmenge ragen schwarz-rot-goldene Flaggen und eine der Identitären Bewegung.
Rassistische Bewegungen profitieren vom Frust derer, die sich als abgehängt empfinden (imago/Jannis Große)
Florin: Was hat Sozialpolitik mit dem Kampf gegen Rassismus zu tun?
Mersch: Ich glaube, es hat sehr viel damit zu tun. Ich glaube, dass viele Abgrenzungstendenzen oft was damit zu tun haben, dass Menschen sich irgendwie zurückgedrängt fühlen, vielleicht nicht genug beachtet oder nicht genug unterstützt fühlen, und den Eindruck haben, andere werden es mehr. In der Flüchtlingssituation 2015, aber sicherlich auch in allen anderen Flüchtlingssituationen, konnte man so etwas ja ganz gut sehen, dass eben auch gerade diejenigen, die vielleicht selbst auf wirtschaftliche Unterstützung angewiesen sind, die Sorge hatten oder teilweise auch angeklagt haben, dass angeblich jetzt die neu Hinzugekommenen alles ganz schnell bekommen und ganz viel bekommen. Da ist letztlich die Verteilungsgerechtigkeit das Thema, das man auf jeden Fall angucken muss. Wenn die Menschen das Gefühl haben, sie haben erst mal genug für sich, und sie sind an einer angemessenen Position, sind sie vielleicht auch eher bereit, auch andere daran teilhaben zu lassen.
Psychologie - Was Rassismus mit Narzissmus zu tun hat
Die Psychologin Ramani Durvasula vergleicht das Verhältnis von weißer Mehrheit und schwarzer Minderheit in den USA mit dem "Gaslighting" in Paarbeziehungen. Wer zu Opfern von Diskriminierung "sei nicht so empfindlich" sage, verhalte sich narzisstisch statt zuzuhören.
Florin: Also Rassismus als Teil eines Verteilungskampfes?
Mersch: Ich bin schon sicher, dass das ein Aspekt dessen ist. Nicht nur, es gibt auch den rein ideologischen Rassismus, ganz sicher. Aber ich denke, dass die soziale Gerechtigkeit insgesamt schon ein ganz wichtiger Faktor ist.
"Ich sehe mich nicht als Vorkämpferin, aber ich kann vielleicht ein Beispiel geben"
Florin: Was wünschen Sie sich?
Mersch: Ich wünsche mir einfach viel mehr Normalität. Es gibt den blöden Spruch, dass Rassisten nicht als Rassisten geboren werden, sondern zu ihnen gemacht werden mit den schönen Bildern von den Kindern unterschiedlicher Hautfarbe. Ich wünsche möglichst vielen Kindern in Deutschland, dass sie mit dieser Normalität aufwachsen können, egal woher ihre Eltern irgendwann mal gekommen sind oder ihre Großeltern oder sonst irgendwer. Dass sich Menschen gegenseitig kennenlernen können und sich in allen ihren Facetten kennenlernen können und nicht reduziert werden auf zum Beispiel ihre Hautfarbe. Dazu gehört auch, dass wir noch mehr gucken müssen, dass ganz unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen Hautfarben, Charismen und so weiter auch überall öffentlich auftauchen und in ganz normalen Bezügen auftauchen. Ich glaube schon, dass wir politischerseits viel dafür tun können, erst mal überhaupt Rassismus und Extremismus wirklich zu bekämpfen. Aber auch Menschen so zu unterstützen, dass sie sich nicht zurückgedrängt fühlen und nicht das Gefühl haben, sie müssen noch andere auch zurückdrängen.
Florin: Sehen Sie sich in irgendeiner Weise als Vorkämpferin dieser Normalität, die Sie sich wünschen?
Mersch: Nein, ich sehe mich nicht als Vorkämpferin. Weder bin ich in dieser entstehenden Bewegung oder schon bestehenden Bewegung irgendwie aktiv, noch sehe ich da momentan meine Rolle. Ich kann vielleicht ein Beispiel geben. Ich kann vielleicht ein Beispiel sein von vielen, die das Glück hatte, eben in dieser Normalität aufzuwachsen und mit meiner Hautfarbe sowie mit meinen Eigenschaften, die ich ansonsten noch habe, glücklich und selbstbewusst durchs Leben gehen zu können.
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