Freitag, 19. April 2024

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Rassismus in Deutschland
"Normalisierung von offen ausgedrückter Fremdenfeindlichkeit"

Die Sozialpsychologin Beate Küpper sieht einen Anstieg von Rassismus in Deutschland. Lange habe es ein Bewusstsein gegeben, dass Fremdenfeindlichkeit nicht mit unseren ethischen und demokratischen Grundsätzen vereinbar sei, so Küpper im Dlf. Heute werde Rassismus offen als politische Strategie benutzt.

Beate Küpper im Gespräch mit Britta Fecke | 27.05.2018
    Flüchtlinge laufen am 27.08.2015 mit Koffern bepackt auf einem Weg einer Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge in Ingelheim (Rheinland-Pfalz) entlang, während ein Kind im Vordergrund vorbeiläuft.
    Die Willkommenskultur, die sich besonders im Jahr 2016 etabliert hatte, sei nie gekippt worden, so Küpper weiter. (picture alliance/dpa - Christoph Schmidt)
    Lange Zeit hätten große Meinungsumfragen ergeben, "dass Fremdenfeindlichkeit und harter Rassismus langsam zurückgehen. Es gab eine Delle in der Mitte der 2000er Jahre. Jetzt steigt sie aber auch langsam wieder an - das können wir insbesondere beim harten, biologistisch argumentierenden Rassismus, wo es um so etwas geht wie: Einige Ethnien, einige Menschen verschiedener Herkunft sind mehr oder weniger wert.'"
    Lange seien Rassismus und Fremdenfeindlichkeit nicht mehr offen ausgedrückt worden. Es habe ein Bewusstsein gegeben, "dass das nicht so anständig ist und auch nicht mit unserem demokratischen und ethischen Grundsätzen zu vereinen." Subtil und hinten herum habe sich Rassismus natürlich schon ausgedrückt, aber eben nicht offen.
    In den letzten ein bis zwei Jahren könne die Forschung wieder einen "offenen und ungeschminkten Rassismus" erkennen, so Küpper. Er werde offen und schamlos als politische Strategie genutzt. "Ich darf an das Bäckerei-Beispiel von Christian Lindner erinnern."
    Willkommenskultur nie gekippt
    Die Willkommenskultur, die sich besonders im Jahr 2016 etabliert hatte, sei nie gekippt worden, so Küpper weiter. Zwar hätte es viele Berichte darüber gegeben, aber Meinungsumfragen hätten immer ergeben, dass die Deutschen es gut fanden, dass ihr Land so viele Geflüchtete aufgenommen hat. 2016 hätten sich deutlich mehr Menschen für Vielfalt, Gerechtigkeit und demokratische Grundwerte ausgesprochen als noch 2014.
    Eine kleine Minderheit, die sich ganz explizit dagegen gestellt habe, sei umso lauter und aggressiver aufgetreten, "und der ist sehr viel Gehör geschenkt worden, sodass viele engagierte Menschen sehr frustriert waren, weil sie wenig Beachtung bekommen haben - sondern diejenigen, die Unfreundlichkeiten bis hin zu Hass und Hetze verbreitet haben bis hin zur Politik."
    Man könne in den letzten zwei Jahren eine Entmutigung sehen und einen Gewöhnungseffekt, "eine Normalisierung von offen ausgedrückter Fremdenfeindlichkeit."