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Rechtsextremismus
Der Hass im Netz

Rassismus, Hass und Gewalt gegen Minderheiten und Andersgläubige werden immer unverhohlener auf Internetplattformen propagiert. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Beratungsplattform jugendschutz.net. Juden, Muslime, Sinti und Roma oder Homosexuelle werden zu Menschen zweiter Klasse degradiert.

12.08.2014
    Jugendliche betrachten am 09.07.2013 in Berlin eine im rechten Bereich agierende Webseite.
    Das Internet ist voll mit rechtsextremen Inhalten. (picture alliance / dpa / Bernd von Jutrczenka)
    In ihrem aktuellen Report "Rechtsextremismus online 2013" warnen die Jugendschützer von jugenschutz.net: "Das Social Web ist für den modernen Rechtsextremismus das wichtigste Mittel, um Jugendliche mit menschenverachtenden Ideologien zu beeinflussen." jugenschutz.net wurde 1997 von den Bundesländern gegründet und scannt das Internet nach jugendgefährdenden Angeboten.
    5507 rechtsextreme Web-Angebote sichtete das Team von jugendschutz.net allein im vergangenen Jahr. Davon befanden sich 70 Prozent auf Facebook, YouTube, Twitter, Tumblr und VK.com, einem Netzwerk aus Russland. Die Jugendschützer gehen aber davon aus, dass die Dunkelziffer der rechtsextremen Inhalte weitaus höher liegen dürfte. Besonders problematisch sei, dass Hass und Gewalt auf den Seiten immer häufiger scheinbar harmlos daherkommen. Dies sei eine Strategie der Rechtsextremisten, die mit ihrer Ideologie in der Mitte der Gesellschaft Fuß fassen wollen, sagte Stefan Glaser, stellvertretender Leiter von jugendschutz.net.
    Rechte nutzen Internet für Propaganda
    Die Rechten nutzen das Internet schon länger, um Werbung für ihre Ideologie zu machen: "Das Internet ermöglicht es uns, Menschen zu erreichen, an die wir auf der Straße nicht herankommen", sagte beispielsweise Andy Knape, Chef der NPD-Jugendorganisation JN, in einem Interview mit dem US-Magazin Rolling Stone.
    "Wir stoßen mittlerweile regelmäßig auf Darstellungen, in denen Juden, Muslime, Sinti und Roma und Homosexuelle ohne Umschweife zu Menschen zweiter Klasse degradiert werden", erklärte Glaser. Dabei benutzen die Neonazis bei Twitter auch Hashtags aus Kampagnen, die sich eigentlich gegen Rassismus wenden wie #schauhin - eine perfide Taktik, um Jugendliche auf sich aufmerksam zu machen. "Einerseits werden Jugendliche geködert mit modernen, poppigen, fetzigen Kampagnen bei Facebook, YouTube und Co. Und gleichzeitig erleben wir, dass es immer mehr blanken Hass gibt", sagte Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD).
    Rechtsextreme fühlen sich sicher vor Strafverfolgung
    Jugendschutz.net beklagt im Bericht zudem eine Zunahme von unverhohlen neonazistischen Inhalten. Das Posten strafbarer Hass-Beiträge nahm den Statistiken von jugendschutz.net zufolge vor allem im Social Web zu. 2013 waren es 1460 - ein Jahr zuvor waren es noch 310 weniger gewesen.
    Da die Rechtsextremen häufig Server im Ausland benutzen, fühlten sie sich einigermaßen sicher vor Strafverfolgung, heißt es in der Studie. US-Dienste wie Facebook, Twitter und YouTube würden gerade einmal 67 Prozent der gemeldete Beiträge löschen, und auch das kann oft dauern. Der russische Dienst VK habe nur in Einzelfällen, bei besonders drastischen Gewaltdarstellungen, reagiert, so die Kritik von jugendschutz.netz. Auch der US-Dienst Tumblr unternehme zu wenig.
    (tzi/swe)