Archiv


Rechtsextremisten nutzen YouTube gerne

Angesichts zunehmender rechtsradikaler Videoclips auf dem Internet-Video-Portal YouTube hat der Geschäftsführer der Gesellschaft Demokratische Kultur, Bernd Wagner, auf die Probleme bei der Strafverfolgung gegen die Urheber solcher Clips hingewiesen. Man müsse sich mit jedem einzelnen eingestellten Film beschäftigen und dann einen rechtlichen Mechanismus entwickeln, der die Betreiber von YouTube zwänge den Clip vom Netz zu nehmen.

Moderation: Christian Schütte |
    Christian Schütte: YouTube.com, eine inzwischen besonders beliebte Seite im Internet. Dort kann man sich kostenlos Videos und Videoclips ansehen, etwa Ausschnitte aus Fernsehsendungen, selbst gedrehte Filme anderer Leute, alles das nur einen Klick entfernt. Und ebenfalls nur einen Mausklick entfernt Hassvideos und Propagandafilme aus der rechtsextremen Szene. Das ARD-Magazin "Report" hatte gestern darüber berichtet und wir sprechen nun darüber mit Bernd Wagner vom Zentrum Demokratische Kultur in Berlin. Guten Tag Herr Wagner!

    Bernd Wagner: Einen recht schönen guten Tag!

    Schütte: Die Aufregung scheint groß um diese Filme. Sind das nur ein paar vereinzelte Clips, so abstoßend wie sie auch sein mögen, oder ist das Portal YouTube gewissermaßen unterwandert von Nazi-Propagandisten?

    Wagner: Wie weit man da von Unterwanderung sprechen kann, das kann ich auch nicht beantworten. Auf jeden Fall ist festzustellen, dass Rechtsextremisten dieses Medium sehr gerne nutzen und natürlich diverse Filmstreifen dort einstellen. Und natürlich gibt es eine Nazi-Fanszene, die sich daran delektiert.

    Schütte: Ohne jetzt vielleicht allzu sehr ins Detail zu gehen, was wird in diesen Streifen, wie Sie sagen, vermittelt? Was ist zu sehen auf diesen Clips?

    Wagner: Von den typischen Filmen her ist eine Richtung, dass man Satire zeigt, das heißt also Angriffe auf die Demokratie, aber auch auf Feindgruppen, die dann in satirischer Manier feilgeboten werden. Eine andere Richtung ist, dass man tatsächlich Filme einstellt, die Selbstdarstellungen sind, beispielsweise von Kameradschaften, wo auch Symbolik vorgetragen wird, wo man sich der inneren Identität versichert, sich gegenseitig versucht stark zu machen. Diese beiden Grundrichtungen lassen sich herausheben.

    Schütte: Und an wen richten die sich möglicherweise noch? Ist das sozusagen nur eine Selbstbestätigung, oder möchte man damit auch gewissermaßen Jugendliche, die noch keinen Kontakt zur Szene haben, in diese Szene hineinholen?

    Wagner: Dieses YouTube-Medium ist natürlich auch ein Anlockmittel. Es gibt ja noch weitere Portale, die in der Richtung auch verbreiten. Es gibt auch internationale, nicht deutschsprachige Sachen, wo Deutsche teilweise mit teilnehmen. Das ist natürlich auch ein Angebot an junge Leute, aber nicht nur an junge, sich dem Rechtsextremismus interessehalber zuzuwenden.

    Schütte: Jeder kann bei YouTube Filme einstellen, die dann auch jeder betrachten kann. Lässt sich, um mal auf mögliche Konsequenzen zu sprechen zu kommen, nachvollziehen, wer dort diese Filme einstellt?

    Wagner: Das lässt sich garantiert feststellen. Es wird ja auf den Servern abgelegt und natürlich kann man die IPs verfolgen, von welchen Rechnern aus das gemacht wird. Natürlich ist dann die Frage: hat die deutsche Justiz Zugriff auf die Server, auf die Macher und wo stehen dann die Rechner, von denen aus Filme eingestellt werden. Das muss man genau klären und dann muss in jedem Einzelfall festgestellt werden, ob dort eine strafrechtliche Möglichkeit der Verfolgung besteht.

    Schütte: SPD-Politiker Dieter Wiefelspütz etwa, aber auch der Zentralrat der Juden in Deutschland fordern Maßnahmen gegen solche Videosequenzen auf YouTube. Wie sinnvoll ist die Forderung eines Verbots, um die Jugendlichen vor Propaganda zu schützen?

    Wagner: Es gibt ja zwei juristische Wege. Das ist einmal die Strafverfolgung und dann gibt es natürlich die Indizierung über das Thema Jugendgefährdung. Jugendgefährdung ist natürlich eine außerordentlich schwierige Materie. Es muss ja auch durchgesetzt werden. Man kann natürlich festlegen, welche Filme als jugendgefährdend gelten können. Man muss sich mit jedem einzelnen eingestellten Streifen beschäftigen und muss einen rechtlichen Mechanismus entwickeln, dass der dann vom Netz genommen wird. Das wird allerdings ein Riesen Problem werden, das gleiche bei der Strafverfolgung. Also hier ist eine Aufgabe gegeben, die nicht einfach kurzfristig realisierbar ist. Hier müssen die Behörden auch eine völlig neue Arbeitsweise entwickeln. Auch die Analyse der Herstellung und des Einstellens der Filme muss professionalisiert werden. Es muss quasi wie in einem großen Kriminalfall mit Kettenstraftaten eine zentrale Auswertung geschaffen werden. Also es bedarf einiger Voraussetzungen, dort voranzukommen.

    Schütte: Vielen Dank! Bernd Wagner vom ZDK Gesellschaft Demokratische Kultur.