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Reform des EEG-Gesetzes
Von Strompreisrabatten und Bürgerwut

Die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes soll vom Bundeskabinett verabschiedet werden. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) geht davon aus, dass die Überarbeitung die viel gescholtene EEG-Umlage - und damit auch den Strompreis - stabilisieren wird. Doch es gibt Zweifel.

Von Christel Blanke | 07.04.2014
    "Feldheim ist ein auf den ersten Blick sehr unspektakuläres Dorf. Gleichzeitig ist Feldheim aber auch inzwischen, ja, man kann es durchaus als Mekka der erneuerbaren Energien bezeichnen. Der Dezentralität und der – wir nennen es Autarkie, Energieautarkie. Das bedeutet, dass die Menschen in Feldheim ihren Strom und ihre Wärme aus lokalen Ressourcen selber produzieren."
    Feldheim. Ein Ortsteil von Treuenbrietzen in Brandenburg, südwestlich von Berlin. Unspektakulär ist wohl die richtige Beschreibung. Nur wenige Häuser reihen sich an der Hauptstraße auf, nur eines davon ist ein Neubau. 130 Menschen leben hier. Und doch zieht Feldheim immer mehr Touristen an. Neugierige aus aller Welt, die wissen wollen, wie das Dorf seine Energieversorgung organisiert.
    "Die Initiative ging von den Menschen hier aus. Wir sind nicht als Ingenieure hergekommen und haben gesagt, so müsst ihr es machen, sondern diese Idee kam tatsächlich aus dem Schoß der Bürgerinnen und Bürger."
    Werner Frohwitter arbeitet für das Unternehmen Energiequelle, das gemeinsam mit den Feldheimern die Ideen für ein energieautarkes Dorf umgesetzt hat. Strom liefern die von der Energiequelle betriebenen 43 Windräder, die praktisch von überall im Ort aus zu sehen sind. Zur Versorgung von Feldheim selbst ist nicht mal eines davon nötig. Der überwiegende Teil des erzeugten Stroms wird in das öffentliche Netz eingespeist. Wärme kommt aus der Biogasanlage, in der Gülle aus dem Schweinestall direkt daneben, Maissilage und Getreideschrot verarbeitet werden. Diese Rohstoffe liefert die ortseigene Agrargenossenschaft, in der fast alle Dorfbewohner Mitglieder sind. Über ein eigenes Strom- und Fernwärmenetz wird Strom und Wärme dann in die Haushalte verteilt:
    "Tatsächlich jeder kann sich hier an diesem Modell beteiligen und dadurch allein an Stromkosten circa 40 Prozent im Jahr einsparen."
    Energieerzeugung in Bürgerhand ist populär. Nach Angaben des Bündnisses Bürgerenergie, einem neu gegründeten Dachverband, der Bürgerinitiativen vertritt, stammt jede zweite Kilowattstunde Strom heute aus Windparks, Solaranlagen und kleinen Blockheizkraftwerken, die von Bürgerinnen und Bürgern betrieben werden. Die wollen eine dezentrale Energieversorgung und unabhängig sein von den großen Stromkonzernen. Nach Einschätzung Frohwitters wird das aber künftig schwieriger werden:
    Frohwitter:
    "Wenn die Pläne der Bundesregierung sich so durchsetzen, das heißt, das Grünstromprivileg entfällt, für die Eigenversorgung müssen Abgaben geleistet werden, das bedeutet natürlich, dass die jetzige oligopolistische Energieversorgungsstruktur eher zementiert wird."
    Gabriel:
    "Der Übergang von der Anschubfinanzierung der Energiewende zu einer marktwirtschaftlich funktionierenden Energieerzeugung bedeutet für viele, dass sie liebgewordene Sicherheiten verlieren werden und ihr unternehmerisches Handeln verändern müssen. Das ist aber ganz normal in einer Marktwirtschaft.
    Bisher rund 25 Prozent des Stroms aus regenerativen Quellen
    Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel plant ein EEG 2.0. Morgen wird sich das Bundeskabinett damit befassen. Das Gesetz zur Förderung erneuerbarer Energien ist in die Jahre gekommen. Im Jahr 2000 hatte die damalige rot-grüne Bundesregierung das EEG auf den Weg gebracht. Garantierte Einspeisevergütungen für Erneuerbare und ein Einspeisevorrang in die Stromnetze sollten Investoren locken. Ein Plan, der aufging. Heute stammen rund 25 Prozent des Stroms aus regenerativen Quellen. Die Kehrseite sind steigende Kosten vor allem für Privathaushalte und kleinere Unternehmen. Denn die auf 20 Jahre garantierten Vergütungen für Ökostrom werden auf den Strompreis umgelegt. Von rund zwei Cent im Jahr 2010 verdreifachte sich die Umlage auf mehr als sechs Cent in diesem Jahr.
    "Ich kann niemandem, und werde es auch nicht, sinkende Strompreise versprechen. Aber wir können die Kostendynamik drastisch brechen."
    Am Grundprinzip der festen Fördersätze für jede Kilowattstunde Strom hält der SPD-Chef vorerst fest. Die Fördersätze werden nur etwas abgesenkt. Beschränkt wird der Zubau neuer Anlagen. Wie schon bei Solaranlagen, soll auch der Zubau von Windkraftanlagen an Land künftig auf 2.500 Megawatt pro Jahr beschränkt werden. Nach heftigem Streit setzten die Ministerpräsidenten der Bundesländer durch, dass nur wirklich neue Anlagen unter diesen Deckel fallen. Wird eine alte Anlage modernisiert, sodass sie künftig mehr Strom produzieren kann, wird das nicht angerechnet. Außerdem konnten die Länder Gabriel abtrotzen, dass es für Anlagen an windärmeren Standorten im Binnenland höhere Fördersätze geben wird als bisher geplant. Damit sei es gelungen, sagt Baden-Württembergs grüner Regierungschef Winfried Kretschmann zufrieden, die Energiewende nicht auszubremsen:
    Kretschmann:
    "Sodass auch das Land Baden-Württemberg, das da ja einen riesigen Aufholbedarf hat bei der Windkraft, darauf hoffen kann, dass es da in die Aufholjagd kommt."
    An der vorgesehenen Stichtagsregelung hält der Bundeswirtschaftsminister dagegen fest: Nur für Anlagen, die vor dem 22. Januar genehmigt wurden, gilt Bestandsschutz. Ein Unding aus Sicht der Länder, die darüber im Gesetzgebungsverfahren noch einmal reden wollen, so Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, SPD:
    "Ich halte es für schwierig, wenn man am 20. Januar sagt, diejenigen, die nicht am 22. Januar eine emissionsschutzrechtliche Genehmigung hatten, die sind eben draußen. Das ist nicht wirklich fair unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes."
    Auch bei Windanlagen auf hoher See und bei Biogasanlagen gab Gabriel dem Drängen der Ministerpräsidenten nach. Die Einschnitte werden weniger drastisch ausfallen als vorgesehen. Beim Biogas wird aber nach wie vor am deutlichsten gekürzt, denn das ist zurzeit die teuerste Art, Strom zu produzieren.
    Eine Biogasanlage
    Eine Biogasanlage (picture alliance / dpa / Jan Woitas / lah)
    "Das ist Maissilage. Das ist dann da drin und wird dann über ein Beschickungssystem in die Behälter sozusagen eingeführt, wird angemaischt, also mit Flüssigkeit versetzt, und dann beginnt dieser Gasprozess."
    Eine Biogasanlage in Bitterfeld in Sachsen-Anhalt. Mitten in der Stadt werden hier Strom und Wärme produziert, erzählt Sven Schmieder von der Betreiberfirma Danpower:
    "Unser Alleinstellungsmerkmal ist, dass wir nicht nur die elektrische Energie verwerten, sondern jede Megawattstunde Wärme, die als Abwärme hier entsteht. Die führen wir einer intelligenten Nutzung zu, indem sie in Form von heißem Wasser in die Haushalte hier in Bitterfeld gelangt."
    Danpower betreibt 25 Biogasanlagen vor allem in den neuen Bundesländern. Für diese bestehenden Anlagen wird sich durch die EEG-Novelle nichts ändern. Für neue Investitionen sieht Schmieder aber kaum noch Spielraum. 100 Megawatt dürfen künftig maximal noch zugebaut werden. Und um zu verhindern, dass immer mehr Mais allein für die Ökostromproduktion angebaut wird, sollen nur noch Anlagen gefördert werden, die Rest- und Abfallstoffe verwerten. Letztere gibt es aber gar nicht in ausreichender Menge, so Schmieder:
    "Das ist im Wesentlichen die braune Tonne. Und hier haben wir hoch und runter gerechnet, es ist nicht möglich mit einem vertretbaren Aufwand, dass sich das rechnet. In den braunen Tonnen, da liegen ja nicht nur organische Abfälle drin, sondern da ist ja auch Grünschnitt drin in der Praxis und das alles zu trennen, ist wirtschaftlich nicht machbar."
    Biogas sei tot, Schmieder formuliert es drastisch. Obwohl es durchaus einen Vorteil gebe gegenüber Wind und Sonne:
    "Wir machen mit den Anlagen hier Grundlastpflege. Das heißt, wir können tatsächlich 8.300, 8.400 Stunden die Anlagen im Jahr fahren. Eine Windanlage, die hat, wenn es gut läuft, 2000 Stunden im Jahr. Und eine Photovoltaikanlage, die hat 1000 Stunden, wenn es gut läuft."
    Bundeswirtschaftsminister Gabriel geht davon aus, dass die Novelle die EEG-Umlage - und damit den Strompreis - stabilisieren wird. Bis 2020 wird sie nach Berechnungen seines Ministeriums von heute 6,24 Cent auf gut sieben Cent je Kilowattstunde steigen. Doch es gibt Zweifel:
    "Wenn diejenigen, die Kosten verursachen, zufrieden sind, dann können natürlich die, die die Kosten zu zahlen haben, nicht zufrieden sein."
    Holger Krawinkel vom Bundesverband Verbraucherzentrale spielt auf die Privathaushalte und kleinere Gewerbetreibende an. Denn die müssen die Umlagekosten von inzwischen mehr als 20 Milliarden Euro im Jahr zum größten Teil schultern. Und zwar noch sehr lange, wegen der auf 20 Jahre garantierten festen Einspeisevergütungen für Ökostrom. Die Förderung neuer Anlagen fällt dagegen kaum noch ins Gewicht. Für den Preisanstieg, sagt Claudia Kemfert, Energieexpertin am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung, ist anderes verantwortlich:
    "Einerseits die vielen Industrieausnahmen. Und zum anderen berechnet sich die EEG-Umlage aus der Differenz zum Börsenpreis. Der Börsenpreis ist so niedrig wie noch nie, auch im europäischen Vergleich unglaublich niedrig. Nur das wird nicht an die Verbraucher weitergegeben. Und hier müsste sich die Politik einschalten, auch wirklich dafür sorgen, dass wir transparente Preise bekommen."
    Eine Windkraftanlage
    Eine Windkraftanlage (picture alliance / dpa / Patrick Pleul)
    Es ist paradox. Durch das immer größere Angebot erneuerbarer Energien sinkt der Preis an der Strombörse. Gleichzeitig aber steigt die EEG-Umlage. Denn über die muss die Differenz zwischen dem niedrigen Börsenpreis und den garantierten Einspeisevergütungen finanziert werden. Felix Mattes vom Ökoinstitut sieht aber im Gegensatz zu Claudia Kemfert weniger die Politik als die Verbraucher selbst in der Pflicht:
    "Man kann heute durch den Wechsel zu einem Qualitätsanbieter mehr Geld auf der Stromrechnung sparen als die gesamte EEG-Umlage beträgt. 40 Prozent der deutschen Bevölkerung haben leider noch nie ihren Stromanbieter gewechselt und haben damit eigentlich zu Protokoll gegeben, dass ihnen Strompreise egal sind."
    Felix Matthes hat aber auch einen Vorschlag, der die EEG-Umlage deutlich senken würde. Im Auftrag des ehemaligen Bundesumweltministers Klaus Töpfer hat er die Möglichkeit untersucht, einen Teil der bisher aufgelaufenen Kosten aus der EEG-Umlage in einen Fonds auszulagern:
    "Der deutsche Stromkunde hat maßgeblich mit dafür gesorgt, dass die Photovoltaikkosten in den letzten zehn Jahren um über 80 Prozent gesunken sind. Das ist in der heutigen EEG-Umlage allein ein Betrag von zwei Cent, der ausgegeben worden ist, um für die Welt eine billige Technologie herbeizukaufen."
    Diese Innovationskosten, wie Matthes sie nennt, belaufen sich auf etwa 110 Milliarden Euro. Und die könnten statt über die Stromrechnung vom Steuerzahler getragen werden. Eine große Rolle spielt aber auch die Tatsache, dass inzwischen mehr als 2.100 mehr oder weniger energieintensive Unternehmen weitgehend von der EEG-Umlage befreit sind. Auf rund fünf Milliarden Euro wird die Summe geschätzt, die alle anderen Verbraucher deshalb mehr tragen müssen. Nicht nur Umweltverbände, Oppositionspolitiker und Verbraucherschützer fordern, die Industrie stärker an den Förderkosten zu beteiligen. Auch EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia verlangt Änderungen. Aus seiner Sicht sind die Industrierabatte eine unerlaubte Beihilfe. Sigmar Gabriel setzt aber alles daran, zu harte Einschnitte für die Unternehmen zu verhindern:
    Auch weiterhin Rabatte für 65 Branchen
    "Das Ziel der Verhandlungen mit Brüssel ist, dafür zu sorgen, dass die deutsche Industrie ihre Wettbewerbsfähigkeit behält und zwar deshalb, weil hunderttausende von Arbeitsplätzen davon abhängen."
    Almunia ist der Bundesregierung entgegengekommen. Unternehmen aus 65 Branchen sollen auch weiter Rabatte erhalten können. Stahl und Aluminium gehören dazu. Fruchtsafthersteller oder Molkereien, die bisher von den Vergünstigungen profitieren, aber nicht. Allerdings will der EU-Kommissar auch große Stromverbraucher nicht ganz aus der Pflicht entlassen. Dem jüngsten Entwurf seiner neuen Beihilfeleitlinien zufolge sollen sie 20 Prozent der EEG-Umlage zahlen müssen. Bei besonders energieintensiven Betrieben kann der Betrag aber weiter reduziert werden. Felix Matthes vom Ökoinstitut geht davon aus, dass die Pläne Brüssels die EEG-Umlage eher steigen als sinken lassen. Denn bisher sind nicht gesamte Branchen ausgenommen, sondern jeder Betrieb wird einzeln überprüft:
    "Wir haben im Moment eine Situation, dass knapp 100 Milliarden Kilowattstunden industrieller Strom nur in sehr geringem Maße zur EEG-Umlage beitragen muss. Das Paradoxe ist, dass mit dieser neuen Regelung diese Strommenge noch mal deutlich ausgeweitet wird. Es kann sein, dass das bis zu 140 Milliarden Kilowattstunden zukünftig befreit wird. Wenn der Beitrag der Industrie zurückgeht, dann muss der Beitrag der privaten Haushalte und der Kleinverbraucher steigen."
    Das Warmwalzwerk von ArcelorMittal in Eisenhüttenstadt. Orangeglühend passiert ein meterlanger Stahlblock, eine sogenannte Bramme, die Walzanlage. Mehr als 1.200 Grad Celsius ist sie heiß, entsprechend hoch ist die Temperatur in der riesigen Halle. Menschen sind kaum zu sehen. Die vollautomatisierte Anlage wird von einem Leitstand aus gesteuert und kontrolliert. Auf mehr als 300 Metern Länge wird die Bramme immer wieder gewalzt. Am Ende ist das glühende Material kaum mehr als einen Zentimeter dick und wird zu Spulen aufgerollt. Bis zu 34 Tonnen wiegt eine solche Spule, die die Stahlwerker Coil nennen, erzählt Jürgen Schmidt, Sprecher des Werkes in Eisenhüttenstadt:
    "Wir sind ein integriertes Stahlwerk. Das heißt, dass wir vom Erz bis zum Flachstahl die volle Produktionskette beherrschen. Von der Roheisenherstellung über die Rohstahlherstellung, dann das Warmwalzen im Warmwalzwerk und das Fertigen der Endprodukte im Kaltwalzwerk."
    "Wir haben vier große Werke mit sehr gewaltigen Anlagen, die natürlich große Kräfte aufbringen müssen und auch Wärme erzeugen müssen, um den Stahl zu bearbeiten. Als Beispiel sei genannt die ganzen Walzgerüste, die wir haben im Warmwalzwerk und im Kaltwalzwerk, und die doch sehr viel Strom brauchen, um diese hohen Kräfte für die Stahlbearbeitung aufzubringen."
    ArcelorMittal, der drittgrößte Stahlproduzent Deutschlands, gehört zu den energieintensiven Unternehmen, die bisher weitgehend von der EEG-Umlage befreit waren. Nur 0,05 Cent müssen die großen Stromverbraucher pro Kilowattstunde zahlen. Was wenig klingt, summiert sich bei den vier deutschen ArcelorMittal-Werken auf mehr als 20 Millionen Euro im Jahr, sagt Frank Schulz, der Vorsitzende der Geschäftsführung der ArcelorMittal Germany Holding. Setzt sich Wettbewerbskommissar Almunia durch, kämen noch einmal 30 Millionen Euro hinzu, so Schulz. Dass das Unternehmen im Gegenzug von zurzeit sehr günstigen Großhandelspreisen profitiert, lässt der Manager nicht gelten:
    "Es wird in dem Zusammenhang oft nicht beachtet, dass wir den Gesamtpreis sehen müssen. Das heißt, den Grundpreis. Und dann haben wir die Kosten für EEG, dann haben wir die Netzentgelte, dann haben wir die Stromsteuer, ja. Das gibt dann ein ganz anderes Bild. Die Grundpreise werden am Markt gemacht, werden an der Strombörse gehandelt, das ist dann in etwa für alle gleich. Was obendrauf kommt, ist hier nicht für alle gleich. Das heißt, es gibt große Unterschiede zwischen den Ländern, in der EU und auch außerhalb der EU, und das gibt dann eine gewisse Schieflage."
    Nach Einschätzung von Felix Matthes vom Ökoinstitut ist diese Klage völlig unberechtigt.
    "Also, wenn Sie sich das mal genau angucken, hier gibt es gerade eine neue Studie der Europäischen Kommission, und sehen, was deutsche Unternehmen für die Förderung der erneuerbaren Energien bezahlen, wenn Sie das mal mit Polen und Spanien und Italien vergleichen, dann sehen Sie, dass selbst in Polen die stromintensive Industrie deutlich mehr zur Finanzierung der Netze beiträgt und auch deutlich mehr beiträgt zur Finanzierung der ja weitaus geringeren Ausbauzahlen von erneuerbaren Energien in Polen als in Deutschland."
    Eine andere Sorge des Stahl-Managers Schulz ist inzwischen hinfällig. Vom Unternehmen selbst produzierter und verbrauchter Strom wird nicht, wie ursprünglich vom Wirtschaftsminister geplant, mit einem Teil der EEG-Umlage belegt. Dafür hatten sich neben der Branche selbst, auch einige Bundesländer, wie Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, stark gemacht. Das gilt aber nur für alte Anlagen. Wer eine neue baut, soll zahlen, was Schulz skeptisch sieht:
    "Das würde dazu führen, dass keiner mehr investieren würde in Energieeffizienz. Denn warum soll ich investieren, wenn ich dafür bestraft werde, indem ich dann eine Umlage dafür zahle?"
    Ähnlich sieht das der Bundesverband Solarwirtschaft, denn betroffen wären zum Beispiel auch Gewerbetreibende, die ihren Strom über eine Photovoltaikanlage auf dem Dach produzieren wollen. Solaranlagen, warnt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Verbandes, würden sich nicht mehr rechnen:
    "Wenn jetzt diese Umlage, diese Energiewendeabgabe auf Solarstrom kommen sollte, dann werden die Amortisationszeiträume weit über 15 Jahre steigen. Und ich kenne wenige Idealisten in der Unternehmerschaft, die dann noch in Solarenergie investieren würden."
    Der Verband glaubt, dass eine Umlage auf Eigenstrom vor Gericht keinen Bestand haben würde und prüft eine Klage. Wirtschaftsstaatssekretär Rainer Baake verteidigt dagegen das Vorhaben:
    "Wir haben überhaupt nichts gegen die Eigenstromerzeugung. Aber wir haben natürlich etwas dagegen, dass Eigenstromerzeugung nur deshalb stattfindet, weil man damit die Möglichkeit hat, Gemeinkosten anderen zuzuschieben. Denn die Kosten verschwinden ja nicht, die werden ja nur anderen dann auferlegt. Und dieser Trend, der muss gebrochen werden."
    Bundeswirtschaftsminister Gabriel ist davon überzeugt, ein gutes Paket auf den Weg zu bringen. Allerdings sei mit der jetzt geplanten EEG-Novelle, die zum 1. August in Kraft treten soll, das Thema Energiewende noch lange nicht abgearbeitet:
    "Die großen Themen Netzausbau, Kapazitätsmechanismen, wie gehen wir mit dem konventionellen Kraftwerkspark um, das sind die Dinge, die wir jetzt unmittelbar nach Verabschiedung im Kabinett am 8. April in Angriff nehmen werden."
    Und auch das EEG wird weiter entwickelt werden. Vorerst bleibt es bei den vom Staat festgesetzten Einspeisevergütungen für erneuerbaren Strom. Nach und nach soll Ökostrom aber direkt vermarktet werden. Und für 2017 strebt die Bundesregierung einen Systemwechsel an. Dann, so will es auch die EU-Kommission, soll der Preis am Markt über Ausschreibungen bestimmt werden. Felix Matthes vom Ökoinstitut hält Ausschreibungen auf lange Sicht für unausweichlich. Bis 2017 werde das aber nicht funktionieren, dazu seinen Ausschreibungen viel zu komplex. Auch Niedersachsens Ministerpräsident Weil ist skeptisch:
    "Und zwar deswegen, weil ich eigentlich niemanden kenne, der mir sagen würde, sagen könnte derzeit, wer eigentlich was zu welchen Bedingungen in welchem Verfahren wann ausschreibt. Mit anderen Worten: eigentlich weiß man gar nichts."
    Um das System zu testen, plant die Bundesregierung ab 2015 ein Pilotprojekt mit Photovoltaikanlagen. Das werde ausgewertet und danach wird es ein weiteres Gesetzgebungsverfahren geben, kündigt Gabriels Staatssekretär Baake schon mal an:
    "Es wird nach dem EEG 2.0 ein EEG 3.0 geben. Und das wird dann der Übergang von der Direktvermarktung, die wir jetzt einführen, zu der Ausschreibung sein. Und ich sage Ihnen jetzt schon voraus, dass die EEG-Novelle 2016, das EEG 3.0, nicht die letzte Variante sein wird."