Vesper: Es handelt sich hier in der Tat um einen fatalen Kreislauf, denn die Haushaltsprobleme sind ja in erster Linie Folge der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung der vergangenen Jahre. Insofern nimmt es kein Wunder, dass die Verschuldung steigt. Wenn die Wirtschaft zum wiederholten Male nicht wächst, dann bedeutet das eben, dass der Staat zusätzlich Schulden aufnehmen muss, so bitter das ist. Aber wenn er das eben nicht täte, dann wäre die wirtschaftliche Entwicklung mit Sicherheit noch schlechter verlaufen.
Klein: Auf der anderen Seite muss man sagen, Hans Eichel ist es eben nicht gelungen, sein Ziel zu erreichen, nämlich die Staatsfinanzen zu sanieren - mit diesem Anspruch ist er ja angetreten. Das stellen wir jedes Jahr aufs Neue fest. Insofern hat die Opposition doch Recht.
Vesper: Das ist sicherlich richtig, denn die Versprechungen oder die Ziele zu Beginn der Legislaturperiode waren ja reichlich hochgegriffen, und da muss man sich dann schon Gedanken machen auch über die gesamtwirtschaftlichen Rückwirkungen, die ein solches Ziel auslöst, denn es ist ja so, dass dieses Ziel versucht wurde zu erreichen, indem eben der Ausgabenanstieg - das ist die Größe, auf die sich die Regierung konzentrieren kann - in Grenzen gehalten wurde. Dennoch hat es eben nicht gereicht, und das lag wiederum an der schlechten wirtschaftlichen Performance. Das heißt, es ist gespart worden, es wurden wachstumsrelevante Investitionsausgaben des Staates zurückgenommen und dennoch ist das Ziel der Vermeidung von mehr Schulden nicht erreicht worden. Das Ziel, ein höheres Wachstum zu generieren, ist nicht erreicht worden. Es ist sicherlich richtig, und das ist bitter.
Klein: Schlechte wirtschaftliche Performance, sagen Sie. Welche Versäumnisse konkret muss die Bundesregierung sich anschreiben lassen aus Ihrer Sicht?
Vesper: Hier geht es jetzt um die Finanzpolitik, und ich denke, was die Bundesregierung so wie alle anderen Gebietskörperschaften auch versucht hat, insbesondere gilt das für die Länderhaushalte, war ja letztendlich doch der Versuch, mit einem Sieb Wasser schöpfen zu wollen, und das musste fehlschlagen. Der Regierung ist vorzuwerfen, den Ländern ist vorzuwerfen, dass die öffentlichen Investitionsausgaben sowohl in die Infrastruktur als auch die Ausgaben für Humankapital, also in Bildung und Forschung, in all den Jahren zurückgegangen sind. Das hat ja schon unter der Vorgängerregierung eingesetzt. Wir haben seit den achtziger Jahren rückläufige Bildungsausgaben, Bildungsinvestitionen, und das ist natürlich fatal. Das schafft dann wirklich die Wachstumsprobleme, von denen wir heute reden.
Klein: Das ist möglicherweise eine Ursache. Kommen wir zu einem anderen Aspekt. Neuverschuldung in diesen Dimensionen, das bedeutet in jedem Jahr aufs Neue Verstoß gegen den EU-Wachstums- und Stabilitätspakt. Muss sich die Bundesregierung vielleicht noch konsequenter dazu bekennen, dass dieser Pakt gelockert gehört?
Vesper: Ja, das glaube ich schon. Das DIW Berlin war ja von Anfang an gegen ein quantitativ formuliertes Defizitziel, weil wir eben gemeint haben, dass die Stabilität des Euro doch von anderen Faktoren als von den Staatsfinanzen abhängig gemacht wird. Nun werden diese drei Prozent gewissermaßen zu einem Dogma erhoben, und das halten wir gerade in einer Rezession oder in einer Stagnation für das falsche Mittel. Also da glauben wir schon, dass sich die Regierung an etwas versucht, was sie gar nicht leisten kann, denn das Defizitziel wird ja zumindest von zwei Größen beeinflusst, nämlich einmal von den Ausgaben - da hat die Regierung Einfluss drauf - und von den Einnahmen, wo die Regierung kaum Einfluss drauf hat, es sei denn, sie versucht Steuererhöhungen durchzusetzen. Aber im Wesentlichen sind die Einnahmen des Staates, also die Steuereinnahmen und die Sozialbeiträge der Sozialversicherungsträger abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung.
Klein: Also würden Sie unter dem Strich der Bundesregierung empfehlen zu sagen, wir geben das Ziel jetzt eigentlich mal auf, 3-Prozent-Defizitsgrenze zu erreichen, sondern setzen uns auf europäischer Ebene dafür ein, dass die Kriterien gelockert werden?
Vesper: Ja, also ich glaube, man sollte das versuchen, was man auch täglich könnte oder kann, nämlich man sollte sich Ausgabenziele setzen. Man sollte versuchen, die Staatsausgaben Jahr für Jahr aus der Situation heraus, würde ich sagen, um nicht mehr als 1,5 Prozent jährlich steigen zu lassen. Dann kann die Regierung tatsächlich darauf Einfluss nehmen, denn sie hat ja die Möglichkeit, die Staatsausgaben zu gestalten, also die Personalausgaben, die Investitionsausgaben, auch die Transferausgaben in einem sehr hohen Maße. Aber bei den Einnahmen hat sie das nicht - ich wiederhole mich da -, deswegen Konzentration auf ein Ausgabenziel.
Klein: Vielen Dank für das Gespräch.
Klein: Auf der anderen Seite muss man sagen, Hans Eichel ist es eben nicht gelungen, sein Ziel zu erreichen, nämlich die Staatsfinanzen zu sanieren - mit diesem Anspruch ist er ja angetreten. Das stellen wir jedes Jahr aufs Neue fest. Insofern hat die Opposition doch Recht.
Vesper: Das ist sicherlich richtig, denn die Versprechungen oder die Ziele zu Beginn der Legislaturperiode waren ja reichlich hochgegriffen, und da muss man sich dann schon Gedanken machen auch über die gesamtwirtschaftlichen Rückwirkungen, die ein solches Ziel auslöst, denn es ist ja so, dass dieses Ziel versucht wurde zu erreichen, indem eben der Ausgabenanstieg - das ist die Größe, auf die sich die Regierung konzentrieren kann - in Grenzen gehalten wurde. Dennoch hat es eben nicht gereicht, und das lag wiederum an der schlechten wirtschaftlichen Performance. Das heißt, es ist gespart worden, es wurden wachstumsrelevante Investitionsausgaben des Staates zurückgenommen und dennoch ist das Ziel der Vermeidung von mehr Schulden nicht erreicht worden. Das Ziel, ein höheres Wachstum zu generieren, ist nicht erreicht worden. Es ist sicherlich richtig, und das ist bitter.
Klein: Schlechte wirtschaftliche Performance, sagen Sie. Welche Versäumnisse konkret muss die Bundesregierung sich anschreiben lassen aus Ihrer Sicht?
Vesper: Hier geht es jetzt um die Finanzpolitik, und ich denke, was die Bundesregierung so wie alle anderen Gebietskörperschaften auch versucht hat, insbesondere gilt das für die Länderhaushalte, war ja letztendlich doch der Versuch, mit einem Sieb Wasser schöpfen zu wollen, und das musste fehlschlagen. Der Regierung ist vorzuwerfen, den Ländern ist vorzuwerfen, dass die öffentlichen Investitionsausgaben sowohl in die Infrastruktur als auch die Ausgaben für Humankapital, also in Bildung und Forschung, in all den Jahren zurückgegangen sind. Das hat ja schon unter der Vorgängerregierung eingesetzt. Wir haben seit den achtziger Jahren rückläufige Bildungsausgaben, Bildungsinvestitionen, und das ist natürlich fatal. Das schafft dann wirklich die Wachstumsprobleme, von denen wir heute reden.
Klein: Das ist möglicherweise eine Ursache. Kommen wir zu einem anderen Aspekt. Neuverschuldung in diesen Dimensionen, das bedeutet in jedem Jahr aufs Neue Verstoß gegen den EU-Wachstums- und Stabilitätspakt. Muss sich die Bundesregierung vielleicht noch konsequenter dazu bekennen, dass dieser Pakt gelockert gehört?
Vesper: Ja, das glaube ich schon. Das DIW Berlin war ja von Anfang an gegen ein quantitativ formuliertes Defizitziel, weil wir eben gemeint haben, dass die Stabilität des Euro doch von anderen Faktoren als von den Staatsfinanzen abhängig gemacht wird. Nun werden diese drei Prozent gewissermaßen zu einem Dogma erhoben, und das halten wir gerade in einer Rezession oder in einer Stagnation für das falsche Mittel. Also da glauben wir schon, dass sich die Regierung an etwas versucht, was sie gar nicht leisten kann, denn das Defizitziel wird ja zumindest von zwei Größen beeinflusst, nämlich einmal von den Ausgaben - da hat die Regierung Einfluss drauf - und von den Einnahmen, wo die Regierung kaum Einfluss drauf hat, es sei denn, sie versucht Steuererhöhungen durchzusetzen. Aber im Wesentlichen sind die Einnahmen des Staates, also die Steuereinnahmen und die Sozialbeiträge der Sozialversicherungsträger abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung.
Klein: Also würden Sie unter dem Strich der Bundesregierung empfehlen zu sagen, wir geben das Ziel jetzt eigentlich mal auf, 3-Prozent-Defizitsgrenze zu erreichen, sondern setzen uns auf europäischer Ebene dafür ein, dass die Kriterien gelockert werden?
Vesper: Ja, also ich glaube, man sollte das versuchen, was man auch täglich könnte oder kann, nämlich man sollte sich Ausgabenziele setzen. Man sollte versuchen, die Staatsausgaben Jahr für Jahr aus der Situation heraus, würde ich sagen, um nicht mehr als 1,5 Prozent jährlich steigen zu lassen. Dann kann die Regierung tatsächlich darauf Einfluss nehmen, denn sie hat ja die Möglichkeit, die Staatsausgaben zu gestalten, also die Personalausgaben, die Investitionsausgaben, auch die Transferausgaben in einem sehr hohen Maße. Aber bei den Einnahmen hat sie das nicht - ich wiederhole mich da -, deswegen Konzentration auf ein Ausgabenziel.
Klein: Vielen Dank für das Gespräch.