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Regierungskonsultationen in Berlin
Türkei: Drei Milliarden Euro für Flüchtlinge reichen nicht

Kurz vor den deutsch-türkischen Regierungskonsultationen erklärt Ankara: Die in der Flüchtlingskrise bisher zugesagten Finanzhilfen der EU müssen neu verhandelt werden. Die Opposition in Berlin fordert von der Bundesregierung klare Worte zum Kurden-Konflikt.

    Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu
    Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu (picture alliance/dpa/Hakan Goktepe)
    Die Türkei ist das wichtigste Transitland für Flüchtlinge besonders aus Syrien, die in die Europäische Union kommen. Die EU hat der Türkei drei Milliarden Euro für die syrischen Flüchtlinge im Land zugesagt. Bereits über die Finanzierung dieser Summe gibt es unter den Mitgliedstaaten aber Streit. Nun lässt der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu vor den deutsch-türkischen Regierungskonsultationen durchblicken, dass auch diese Summe nicht ausreicht. Das bisher zugesagte Geld sei nur dazu da, "den politischen Willen zur Lastenteilung zu zeigen", sagte Davutoglu im Interview mit der Nachrichtenagentur DPA.
    Gabriel: Zusagen werden nicht eingehalten
    Man bettele nicht um Geld, betonte er. "Aber wenn es einen ernsthaften Willen gibt, die Last zu teilen, dann müssen wir uns hinsetzen und über alle Einzelheiten der Krise sprechen." Die Türkei habe umgerechnet bereits fast neun Milliarden Euro für die Flüchtlinge ausgegeben. Niemand könne von der Türkei erwarten, "die gesamte Last alleine zu tragen".
    Um den Zustrom syrischer Flüchtlinge nach Europa einzudämmen, gibt es bereits seit Ende November ein Abkommen zwischen der EU und der Türkei; Kritiker werfen jedoch beiden Parteien seit Wochen vor, dieses nicht wie vorgesehen umzusetzen. Die Vereinbarung verpflichtet die Regierung in Ankara zu einem besseren Schutz der Grenzen und zu einer Ausweitung des Kampfes gegen Schlepperbanden. Im Gegenzug zahlt die EU mindestens drei Milliarden Euro und beschleunigt die Verhandlungen über einen möglichen EU-Beitritt der Türkei.
    SPD-Chef Sigmar Gabriel warf der Türkei vor, ihre Zusagen nicht einzuhalten. Ankara habe versprochen, die Grenzen zu kontrollieren und den Menschenhandel in Richtung griechische Inseln zu unterbinden. Der Vizekanzler sagte dem SWR, bislang sehe man nicht, dass die Verabredungen wirkten.
    "Türkei wird eines Tages ein Mitglied der EU sein"
    Zuversichtlich zeigte sich Davutoglu dann auch beim Thema EU-Beitritt - auch wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor wenigen Tagen sagte, dem Land stehe dafür noch ein weiter Weg bevor. Es habe in den EU-Türkei-Beziehungen in den vergangenen drei Monaten ein "sehr positives Momentum gegeben". Er sei sicher, "am Ende dieser ganzen Verbesserungen wird die Türkei eines Tages ein Mitglied der EU sein".
    Der Ministerpräsident machte deutlich, dass seine Regierung im Konflikt mit der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK nunmehr auf eine militärische Lösung setzt. Von schon längst "bürgerkriegsähnlichen Zuständen" in dem Konflikt sprach im Deutschlandfunk ARD-Türkei-Korrespondent Reinhard Baumgarten. Grünen-Chef Cem Özdemir forderte ein Eingreifen Berlins. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan lasse im Südosten des Landes auf die eigene Bevölkerung schießen und werde damit neue Flüchtlingsbewegungen in Gang setzen, sagte Özdemir der Tageszeitung "Die Welt". Dazu dürfe die Bundesregierung nicht schweigen. Ähnlich hatte sich bereits der Linken-Außenpolitiker Jan van Aken im Deutschlandfunk geäußert.
    Die türkische Armee hat im vergangenen Monat im Südosten des Landes eine Offensive gegen die PKK begonnen, die Regierung verhängte über mehrere Städte wochenlange Ausgangssperren. Nach Militärangaben wurden bislang Hunderte PKK-Anhänger getötet. Nach Statistiken der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP kamen mehr als 100 Zivilisten ums Leben. Die Sicherheitskräfte meldeten ebenfalls zahlreiche Verluste.
    (bor/fwa)