Doris Simon: Bleibt es beim Atomausstieg? Das war eine der entscheidenden Fragen die vor der Besiegelung der Großen Koalition geklärt werden musste. Damals grummelte es in der Union, aber es blieb dabei, beim Ausstieg. Nun hat in dieser Woche der Stromkonzern RWE beantragt, die Laufzeit für das Kernkraftwerk Biblis A in Hessen zu verlängern. Die Sache liegt bei Umweltminister Gabriel, wo sie hingehört. Umgehend forderte aber Wirtschaftsminister Glos (CSU) seinen Kollegen auf, den Auftrag wohlwollend zu prüfen, andere Unionsmitglieder schlossen sich ihm an. Am Telefon ist nun Katherina Reiche, stellvertretende Faktionsvorsitzende der Unionsfraktion und dort zuständig für das Thema Umwelt und Reaktorsicherheit.
Ich grüße Sie!
Katherina Reiche: Guten Morgen!
Simon: Frau Reiche, rüttelt die Union am Koalitionsvertrag?
Reiche: Zunächst mal muss man ja sehen, was die Faktenlage ist. Am 14. Juni im Jahr 2000 hat die damalige rot-grüne Bundesregierung und die Energieversorgungsunternehmen eine Vereinbarung zum Ausstieg aus der Kernenergie getroffen. In dieser Vereinbarung wurden den einzelnen Kernkraftwerken Reststrommengen zugewiesen, die die Laufzeiten der Kernkraftwerke auf insgesamt 32 Jahre befristet haben. Es wurde aber die Möglichkeit eingeräumt, Reststrommengen von ältere auf jüngere, aber auch von jüngere auf ältere Kraftwerke zu übertragen.
Simon: Aber diese Reststrommenge, das steht ja auch ausdrücklich drin, dass die nicht übertragen werden darf auf Biblis A, weil das eben einer der ältesten Reaktoren in Deutschland ist. Der gilt auch als Pannen- und Schrottreaktor.
Reiche: Bezogen auf das Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich von dem übertragen werden soll, sind in der Tat nur Biblis B genannt, Biblis A nicht. Biblis A ist aber nur nicht genannt, es nicht ausdrücklich gesagt, dass das nicht passieren darf. Ich will mich auch gar nicht zum Anwalt der RWE machen, das steht mir weder zu, noch hat das Parlament etwas mitzureden. Das Ziel der Unionsfraktion in dieser Legislaturperiode ist ja vor allem das Thema Endlager in de Griff zu bekommen. Und somit tut Minister Gabriel jetzt das, was er tun muss, nämlich den Antrag zu prüfen. Er hat gesagt, er wird sich dafür Zeit nehmen. Er muss dies gemeinsam tun mit dem Wirtschaftsministerium, im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und ich gehe davon aus, dass man diese Prüfung sorgfältig durchführen wird.
Simon: Aber wenn Sie selber sagen, die Fakten sind so, diese Restmengen von denen Sie sprachen, die dürfen gar nicht dahin übertragen werden, wie die RWE sie haben will, weil das eben ein altes Kraftwerk ist, warum hängen sich dann doch etliche Politiker ihrer Partei gerade in dem Fall raus um zu sagen, Naja, das muss man wohlwollend sehen und vielleicht gibt es eine Möglichkeit. Ist das nicht der falsche Fall?
Reiche: Wir haben ja in Deutschland die Situation, dass die Energiepreise steigen, dass die Ölpreise nach wie vor in einem Buch begriffen sind, von der jetzigen kleinen Entspannung einmal abgesehen und wir wollen eine Strategie verfolgen weg vom Öl. Wir wollen gleichzeitig eine Strategie verfolgen die sagt, wir wollen klimafreundliche Energie produzieren und bislang konnte noch keiner erklären, wie das Delta - also eine Lücke die sich auftut zwischen dem Jahr 2010 und dem Jahr 2020, wo erneuerbare Energien noch nicht in der Lage sein werden, den Strom den wir brauchen zu produzieren und das auch noch volkswirtschaftlich günstig - wie diese Lücke ausgefüllt werden soll, wenn wir aus der Kernenergie komplett aussteigen. Und somit sind hier zwei verschiedene Linien. Das eine ist das Interesse der Energieversorgungsunternehmen, die Laufzeiten zu verlängern. Das muss aber mit der Regierung geklärt werden, da hat das Parlament keinen Einfluss darauf. Und das andere ist aber eine Überlegung einer vernünftigen Energiestrategie für Deutschland, an der die Bundesregierung arbeitet, wo das Parlament miteinbezogen ist, wo wir klären müssen wie wir unsere Energieversorgung sichern, klimafreundlich und wirtschaftlich.
Simon: Das heißt aber unterm Strich Frau Reiche, wenn wir sagen, da ist ein Koalitionsvertrag, dass Sie trotzdem meinen, der ist zwar da, aber das heißt nicht, der muss so bleiben im Punkt Atomenergie.
Reiche: An dem Koalitionsvertrag rütteln wir nicht, das hat auch die Fraktion, das habe auch ich immer erklärt und trotzdem muss man ja auch in dieser Legislaturperiode weiter denken dürfen. Und das denken dürfen lassen wir uns in der Tat nicht verbieten und ich sehe die Kernenergie als Brückentechnologie zum jetzigen Zeitpunkt bis erneuerbare Energien technisch so weit sind, dass sie auch volkswirtschaftlich günstig sind, als unverzichtbar an, als Brückentechnologie wie gesagt. Und gemeinsam müssen wir überlegen, ob wir uns leisten können, den Ausstieg den andere Länder in Europa bereits wieder rückgängig gemacht haben, ob wir diese Strategie tatsächlich in der Konsequenz weiter verfolgen wollen.
Simon: Aber ist es gerade dann wenn sie von Zukunft reden nicht ein wirklich schlechtes Beispiel, sich jetzt an diesem RWE-Fall in Biblis aufzuhängen und zu sagen, da wollen wir uns engagieren. Wäre es nicht besser in ganz neue Kernkraftwerke oder in die neueren Kernkraftwerke da zu sagen, da kümmern wir uns drum.
Reiche: Die Bundesregierung wird in dieser Legislaturperiode ganz, ganz viel in die Energieforschung investieren. Dazu gehört die Erforschung von CO2-freien Kohlekraftwerken, dazu gehören die erneuerbaren Energien, Stichwort Biomasse, dazu gehört aber auch und das hat Annette Schavan gesagt, dazu gehört aber auch das Erforschen weiterer Technologien, die im Bereich Kernkraft angesiedelt sind, so zum Beispiel auch der Fusionsforschung. Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen, das ist das, was wir als Union wollen und noch einmal, an diesen speziellen Teil der Übertragung von Laufzeiten auf die Biblis A hat das Parlament nichts mitzureden, das ist Sache der Regierung von zwei Ministerien und dem Bundeskanzleramt, hier gründlich zu prüfen.
Simon: Das heißt, Sie sagen, das Parlament hat nichts mitzureden, Sie würden auch Ihren Kollegen raten, sich auch in dieser Sache nicht mehr weiter zu äußern?
Reiche: Ich kann meinen Kollegen nicht raten, sich in irgendeiner Weise Denkverbote aufzuerlegen. Ich plädiere dafür, dass wir gemeinsam überlegen, wie wir eine vernünftige Energiestrategie auf die Beine stellen und wie wir das Thema Endlager in dieser Legislaturperiode lösen. Auch hier müsste Minister Gabriel Interesse daran haben, dass das, was an Abfall angelaufen ist, unter anderem auch von Forschung und von Krankenhäuser, wie wir dieses Problem in den Griff bekommen.
Simon: Sie sagen, Minister Gabriel müsste ein Interesse haben, aber in der SPD sind die Signale ja ganz klar über diesen Atomkonsens wird nicht geredet.
Reiche: Wir haben im Koalitionsvertrag ganz klar festgelegt, dass wir die Endlagerfrage in dieser Legislaturperiode zügig und ergebnisorientiert angehen wollen. Wir haben uns als Union dazu schon vor einigen Jahren zu einem Konzept bekannt, nämlich zu den Standorten "Schacht Konrad" und dem Endlager in Gorleben. Für Konrad erwarten wir demnächst auch einen positiven Gerichtsentscheid und das Moratorium Gorleben muss unserer Meinung nach aufgehoben werden, denn unabhängig davon ob der Atomausstieg in dieser Legislatur bis zum Jahr 2021 oder auch schneller erfolgen soll, stehen wir vor dem Problem der Endlagerfrage und egal, wie man zur Kernkraft als solches steht, die Endlagerfrage ist wichtig zu lösen. Ich glaube, das sind wir nachfolgenden Generationen schuldig.
Simon: Das war Katherina Reiche, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Unionsfraktion und dort zuständig für das Thema Umwelt und Reaktorsicherheit. Frau Reiche, vielen dank für das Gespräch und auf Wiederhören!
Ich grüße Sie!
Katherina Reiche: Guten Morgen!
Simon: Frau Reiche, rüttelt die Union am Koalitionsvertrag?
Reiche: Zunächst mal muss man ja sehen, was die Faktenlage ist. Am 14. Juni im Jahr 2000 hat die damalige rot-grüne Bundesregierung und die Energieversorgungsunternehmen eine Vereinbarung zum Ausstieg aus der Kernenergie getroffen. In dieser Vereinbarung wurden den einzelnen Kernkraftwerken Reststrommengen zugewiesen, die die Laufzeiten der Kernkraftwerke auf insgesamt 32 Jahre befristet haben. Es wurde aber die Möglichkeit eingeräumt, Reststrommengen von ältere auf jüngere, aber auch von jüngere auf ältere Kraftwerke zu übertragen.
Simon: Aber diese Reststrommenge, das steht ja auch ausdrücklich drin, dass die nicht übertragen werden darf auf Biblis A, weil das eben einer der ältesten Reaktoren in Deutschland ist. Der gilt auch als Pannen- und Schrottreaktor.
Reiche: Bezogen auf das Kernkraftwerk Mühlheim-Kärlich von dem übertragen werden soll, sind in der Tat nur Biblis B genannt, Biblis A nicht. Biblis A ist aber nur nicht genannt, es nicht ausdrücklich gesagt, dass das nicht passieren darf. Ich will mich auch gar nicht zum Anwalt der RWE machen, das steht mir weder zu, noch hat das Parlament etwas mitzureden. Das Ziel der Unionsfraktion in dieser Legislaturperiode ist ja vor allem das Thema Endlager in de Griff zu bekommen. Und somit tut Minister Gabriel jetzt das, was er tun muss, nämlich den Antrag zu prüfen. Er hat gesagt, er wird sich dafür Zeit nehmen. Er muss dies gemeinsam tun mit dem Wirtschaftsministerium, im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt und ich gehe davon aus, dass man diese Prüfung sorgfältig durchführen wird.
Simon: Aber wenn Sie selber sagen, die Fakten sind so, diese Restmengen von denen Sie sprachen, die dürfen gar nicht dahin übertragen werden, wie die RWE sie haben will, weil das eben ein altes Kraftwerk ist, warum hängen sich dann doch etliche Politiker ihrer Partei gerade in dem Fall raus um zu sagen, Naja, das muss man wohlwollend sehen und vielleicht gibt es eine Möglichkeit. Ist das nicht der falsche Fall?
Reiche: Wir haben ja in Deutschland die Situation, dass die Energiepreise steigen, dass die Ölpreise nach wie vor in einem Buch begriffen sind, von der jetzigen kleinen Entspannung einmal abgesehen und wir wollen eine Strategie verfolgen weg vom Öl. Wir wollen gleichzeitig eine Strategie verfolgen die sagt, wir wollen klimafreundliche Energie produzieren und bislang konnte noch keiner erklären, wie das Delta - also eine Lücke die sich auftut zwischen dem Jahr 2010 und dem Jahr 2020, wo erneuerbare Energien noch nicht in der Lage sein werden, den Strom den wir brauchen zu produzieren und das auch noch volkswirtschaftlich günstig - wie diese Lücke ausgefüllt werden soll, wenn wir aus der Kernenergie komplett aussteigen. Und somit sind hier zwei verschiedene Linien. Das eine ist das Interesse der Energieversorgungsunternehmen, die Laufzeiten zu verlängern. Das muss aber mit der Regierung geklärt werden, da hat das Parlament keinen Einfluss darauf. Und das andere ist aber eine Überlegung einer vernünftigen Energiestrategie für Deutschland, an der die Bundesregierung arbeitet, wo das Parlament miteinbezogen ist, wo wir klären müssen wie wir unsere Energieversorgung sichern, klimafreundlich und wirtschaftlich.
Simon: Das heißt aber unterm Strich Frau Reiche, wenn wir sagen, da ist ein Koalitionsvertrag, dass Sie trotzdem meinen, der ist zwar da, aber das heißt nicht, der muss so bleiben im Punkt Atomenergie.
Reiche: An dem Koalitionsvertrag rütteln wir nicht, das hat auch die Fraktion, das habe auch ich immer erklärt und trotzdem muss man ja auch in dieser Legislaturperiode weiter denken dürfen. Und das denken dürfen lassen wir uns in der Tat nicht verbieten und ich sehe die Kernenergie als Brückentechnologie zum jetzigen Zeitpunkt bis erneuerbare Energien technisch so weit sind, dass sie auch volkswirtschaftlich günstig sind, als unverzichtbar an, als Brückentechnologie wie gesagt. Und gemeinsam müssen wir überlegen, ob wir uns leisten können, den Ausstieg den andere Länder in Europa bereits wieder rückgängig gemacht haben, ob wir diese Strategie tatsächlich in der Konsequenz weiter verfolgen wollen.
Simon: Aber ist es gerade dann wenn sie von Zukunft reden nicht ein wirklich schlechtes Beispiel, sich jetzt an diesem RWE-Fall in Biblis aufzuhängen und zu sagen, da wollen wir uns engagieren. Wäre es nicht besser in ganz neue Kernkraftwerke oder in die neueren Kernkraftwerke da zu sagen, da kümmern wir uns drum.
Reiche: Die Bundesregierung wird in dieser Legislaturperiode ganz, ganz viel in die Energieforschung investieren. Dazu gehört die Erforschung von CO2-freien Kohlekraftwerken, dazu gehören die erneuerbaren Energien, Stichwort Biomasse, dazu gehört aber auch und das hat Annette Schavan gesagt, dazu gehört aber auch das Erforschen weiterer Technologien, die im Bereich Kernkraft angesiedelt sind, so zum Beispiel auch der Fusionsforschung. Man kann das eine tun, ohne das andere zu lassen, das ist das, was wir als Union wollen und noch einmal, an diesen speziellen Teil der Übertragung von Laufzeiten auf die Biblis A hat das Parlament nichts mitzureden, das ist Sache der Regierung von zwei Ministerien und dem Bundeskanzleramt, hier gründlich zu prüfen.
Simon: Das heißt, Sie sagen, das Parlament hat nichts mitzureden, Sie würden auch Ihren Kollegen raten, sich auch in dieser Sache nicht mehr weiter zu äußern?
Reiche: Ich kann meinen Kollegen nicht raten, sich in irgendeiner Weise Denkverbote aufzuerlegen. Ich plädiere dafür, dass wir gemeinsam überlegen, wie wir eine vernünftige Energiestrategie auf die Beine stellen und wie wir das Thema Endlager in dieser Legislaturperiode lösen. Auch hier müsste Minister Gabriel Interesse daran haben, dass das, was an Abfall angelaufen ist, unter anderem auch von Forschung und von Krankenhäuser, wie wir dieses Problem in den Griff bekommen.
Simon: Sie sagen, Minister Gabriel müsste ein Interesse haben, aber in der SPD sind die Signale ja ganz klar über diesen Atomkonsens wird nicht geredet.
Reiche: Wir haben im Koalitionsvertrag ganz klar festgelegt, dass wir die Endlagerfrage in dieser Legislaturperiode zügig und ergebnisorientiert angehen wollen. Wir haben uns als Union dazu schon vor einigen Jahren zu einem Konzept bekannt, nämlich zu den Standorten "Schacht Konrad" und dem Endlager in Gorleben. Für Konrad erwarten wir demnächst auch einen positiven Gerichtsentscheid und das Moratorium Gorleben muss unserer Meinung nach aufgehoben werden, denn unabhängig davon ob der Atomausstieg in dieser Legislatur bis zum Jahr 2021 oder auch schneller erfolgen soll, stehen wir vor dem Problem der Endlagerfrage und egal, wie man zur Kernkraft als solches steht, die Endlagerfrage ist wichtig zu lösen. Ich glaube, das sind wir nachfolgenden Generationen schuldig.
Simon: Das war Katherina Reiche, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Unionsfraktion und dort zuständig für das Thema Umwelt und Reaktorsicherheit. Frau Reiche, vielen dank für das Gespräch und auf Wiederhören!