"War die Währungsfrage, die ungelöste europäische Währungsfrage, das Schwierigste dieser Konsultation?"
- "Ja."
"Und sie haben dem Präsidenten keine Lösung von unserer Seite mit auf den Weg geben können?"
- "Doch."
"Haben Sie ihm Termine genannt, die so wichtig sind. Die Termine für Festlegungen des Wechselkurses der DM?"
- "Nein."
"Und sind sie sicher, dass er trotzdem befriedigt war?"
- "Ja."
- "Ja."
"Und sie haben dem Präsidenten keine Lösung von unserer Seite mit auf den Weg geben können?"
- "Doch."
"Haben Sie ihm Termine genannt, die so wichtig sind. Die Termine für Festlegungen des Wechselkurses der DM?"
- "Nein."
"Und sind sie sicher, dass er trotzdem befriedigt war?"
- "Ja."
"Ich war klatschnass, so geschwitzt habe ich hinterher. Ich dachte mich beißt ein Hund. Es war schrecklich. Also ich hatte gedacht, die Tagesschau würde es nicht senden und hatte das auch gehofft, aber die Brüder haben es natürlich gesendet, um uns, die wir ständig im Druck mit denen waren in Hamburg, mal zu zeigen, wer hier der Herr über die Sendung ist."
Das war 1972. Das kürzeste Gespräch mit dem damaligen Bundeskanzler Willy Brandt ist inzwischen zu einem Youtube-Hit geworden. Dabei war das Fernsehinterview damals aus der Not geboren. Nowottny hatte nur eine Minute und dreißig Sekunden Zeit für drei Fragen zu Brandts Treffen mit Georges Pompidou – seine erste deutsch-französische Konsultation. Und Brandt reagierte schlicht beleidigt. So sieht es Nowottny heute und lächelt süffisant.
Journalistischer Begleiter von Brandt und Kohl
Dabei ist er vielen Zuschauern noch als schlagfertiger Fragensteller und ironischer Berichterstatter aus der ehemaligen Hauptstadt in Erinnerung. Mit einem verschmitzten Lächeln begrüßt Nowottny die Zuschauer schon damals. Jahrelang ist der Bericht aus Bonn das Flaggschiff des Hauptstadtstudios.
Nowottny erinnert sich gern an diese Ära, in der er die Politik von Ex-Kanzler Brandt und Kohl journalistisch begleitete.
"Wenn die Tagesschau eine Meldung von uns exklusiv herausblasen wollte, dann sprach sie etwas geniert: Wie unser Bonner Büro meldet. Heute geht es ja nicht unter Hauptstadtstudio und die dort arbeitenden Menschen sind Hauptstadtkorrespondenten und ich nehme an, wenn sie zur Toilette müssen, gehen sie auf die Hauptstadttoilette. Berlin eine tolle Stadt. Die Politik hat sich dort aufgeblasen und hat jedes Maß und jedes Ziel im Umgang mit sich selbst verloren. Das ist eine andere Welt und die Journalisten sind mit in diese Blase eingestiegen."
Angebot von Helmut Kohl
Nowottny begann seine Karriere als Zeitungsjournalist bei der "Neuen Presse" in Bielefeld. Dort volontierte er und leitete einige Jahre die Wirtschaftsredaktion. Das Ressort Wirtschaft blieb noch lange sein Steckenpferd in der Berichterstattung. Zuerst beim Saarländischen Rundfunk und später beim WDR in Bonn. Meist wurde er gefragt, wenn er die Karriereleiter wieder eine Sprosse höher steigen sollte. Einmal fiel ihm jedoch die Antwort schwer.
"Ein solides Angebot hat mir Helmut Kohl damals gemacht. Ich sollte sein Staatssekretär und Regierungssprecher werden. Ich hab gedacht, das ist wohl nichts für mich und habe ihm abgesagt. Das war eine sehr kritische Situation für mich, denn so ein Amt lehnt man normalerweise nicht ab."
WDR-Intendant
Es gibt ein Foto von Friedrich Nowottny aus dem Phantasialand in der Nähe von Köln. Dort hat er das Steuerrad eines großen Segelschiffs in der Hand. Im wahren Leben lenkte er das WDR-Schiff als Intendant und hinterließ dort bis heute sichtbare Spuren: Zum Beispiel mit dem ARD-Frühstücksfernsehen oder der Weekly-Soap "Lindenstraße". Er erinnert sich jedoch lieber an seine journalistische Phase.
"Also wenn sie den Freudenfaktor betrachten, dann kann ich nur sagen, natürlich ist es einfacher und strahlender Journalist zu sein. Natürlich haben sie da viele Möglichkeiten sich selbst zu empfinden, bei dem was sie machen."
SPD-Mann, CDUler, Liberaler oder doch Kommunist?
Bis heute kann Nowottny in unzähligen Ordnern lesen und sich darüber amüsieren, was die Zuschauer ihm damals geschrieben haben.
"Wenn ich mir anschaue, was für Briefe ich da bekommen habe und die ich mir jetzt Blatt für Blatt durchlese: Ich habe ihre Sendung gestern Abend gesehen. Es war wie immer parteilich einseitig. Sie sind und bleiben ein SPD-Mann. Und zur selben Sendung schrieb der nächste: Sie sind ein finsterer CDU-Mann. Und das können sie mir nicht mehr ausreden. Und dann war ich ein liberaler und dann war ich ein Kommunist. Und was weiß ich und ein Agent der Zone - also der DDR. Wunderbar."
"Ich vermisse all die wunderbaren Typen"
Das heißt aber nicht, dass Friedrich Nowottny mit seinen 88 Jahren überwiegend in der Vergangenheit lebt. Ganz im Gegenteil: Er liest täglich vier Tageszeitungen, hört Radio und sieht Fernsehen. Ab und zu schaut er auch bei Youtube vorbei. Und er kann sich immer noch über politische Entscheidungen genauso wie über unkritische Berichte so richtig aufregen. Nur fehlen ihm dafür inzwischen bedauernswerterweise viele alte Mitstreiter.
"Ich vermisse all die wunderbaren Typen, mit denen ich in meinem Berufsleben zusammen war und mit denen wir morgens beim Kaffee, wenn da endlich mal eine ruhige halbe Stunde gab, die Welt neu ordnen konnten."