Dienstag, 23. April 2024

Archiv

Reihe: Wahlversprechen
Wasser sparen im Rhein-Main-Gebiet

Im Hitzesommer 2018 wurden die Trinkwasservorräte in einigen hessischen Gemeinden knapp. Das Ballungsgebiet um Frankfurt hat einen riesigen Wasserbedarf, so dass die Brunnen in den umliegenden Mittelgebirgen fast versiegt sind. Das Rhein-Main-Gebiet soll jetzt dazu bewegt werden, Wasser zu sparen.

Von Ludger Fittkau | 31.07.2019
Ein Schild weist auf ein Wasserschutzgebiet im Taunus, Deutschland bei Bad Homburg hin.
Die Sommer werden immer trockener. Quellen im Taunus, die früher auch in den heißen Monaten reichlich Wasser gaben, versiegen. (dpa / picture alliance / Klaus Ohlenschläger)
Hans-Otto Wack deutet im osthessischen Mittelgebirge Vogelsberg auf dicht bewaldete Felsen, aus denen kleine Wasserbäche hervorquellen. Wack ist Ökologe und einer der Sprecher Schutzgemeinschaft Vogelsberg. Diese Bürgerinitiative, in der auch einzelne Kommunen der Region mitarbeiten, macht sich seit langem große Sorgen um das örtliche Grundwasser. Hochmoore zum Beispiel drohen auszutrocknen, sagt Hans-Otto Wack:
"Biotope wie dieses brauchen einen Mindestgrundwasserstand. Auf ein plötzliches Absenken durch eine Brunnenanlage zum Beispiel können die nicht reagieren. Dann haben wir es schon oft den Fall gehabt, dass es Quellausfälle gibt und das es entsprechende Schäden im Naturraum gibt."
Die Sommer werden auch im waldreichen Vulkangebiet des Vogelsbergs immer trockener. Quellen, die früher auch in den heißen Monaten reichlich Wasser gaben, versiegen. Zusätzlich liefert der Vogelsberg seit Jahrzehnten viel Trinkwasser in das rund 70 Kilometer entfernt liegende Frankfurt am Main. Im Sommer 2018 mussten deshalb die ersten Gemeinden im Vogelsberg Trinkwasser aus Tankwagen geliefert bekommen, weil ihre Brunnen versiegt waren. Hans-Otto Wack erläutert: "Von im Prinzip April, Mai 2018 bis in den Januar 2019 hat sich so gut wie gar kein Grundwasser neugebildet."
Weniger Wasser für die Metropole
Die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen setzt darauf, dass vor allem Frankfurt am Main künftig weniger Trinkwasser aus dem Vogelsberg abzapft. Damit soll der Grundwasserspiegel wieder erhöht werden, das Austrocknen der Waldgebiete soll verhindert werden.
Ein Mann im Anzug hält seine Hand mit gekreuzten Fingern hinter den Rücken
Reihe: Versprochen – gebrochen?
Was aus Wahlversprechen geworden ist

Wahlversprechen gehören zu Wahlen wie Plakate und TV-Duelle. Wenn alle Stimmen ausgezählt sind, bleibt von großen Ankündigungen oft kaum etwas übrig.
Im Koalitionsvertrag zwischen CDU und Grünen vom Jahresbeginn ist von einem sogenannten "Leitbildprozess" für einen sparsameren Umgang mit dem Wasserverbrauch in der Region die Rede. Wasserwirtschaft, Naturschutz, aber auch Bauernverbände haben daran teilgenommen. Nicht zuletzt auch die durstige Metropole Frankfurt am Main. Bei einem Ortstermin auf einem Bauernhof in Osthessen beschreibt die grüne hessische Umweltministerin Priska Hinz, wo man heute - ein halbes Jahr später – steht: "Wir sind übereingekommen, dass wir mehr Brauchwassernutzung fördern müssen."
Brauchwasser nennt man nur gering verschmutztes Abwasser etwa vom Duschen, Baden oder Händewaschen. Um dieses Wasser wieder nutzen zu können, wird es aufgefangen, gefiltert und mechanisch-biologisch gereinigt. Vor allem bei Neubauten im Rhein-Main-Gebiet sollen künftig neben Trinkwasserleitungen auch Brauchwassersysteme üblich werden, so Priska Hinz.
Doch dabei soll es nicht bleiben: "Auch Regenwassernutzung. Die Infiltration über den Rhein gelingt ja auch recht gut, was die landwirtschaftliche Nutzung zum Beispiel im Ried angeht."
Nutzung von Brauch- und Regenwasser
Das hessische Ried ist die Rheinebene südlich von Frankfurt am Main mit intensiver Landwirtschaft. Aus dem Rhein wird Wasser unter Waldflächen in dieser Landschaft geleitet, um dort das Grundwasser zu ersetzen, das als Trinkwasser nach Frankfurt am Main gepumpt wird: "Aber auch Frankfurt müsste da aus meiner Sicht da mehr tun, um sich selber stärker zu versorgen."
Die Stadt Frankfurt am Main weiß, dass sie auf Dauer nicht mehr so viel Wasser aus dem Vogelsberg abzapfen kann, wenn dort die Brunnen versiegen und die Wälder vertrocknen. Peter Feldmann, der SPD-Oberbürgermeister der Mainmetropole:
"Natürlich müssen wir schauen, dass wir uns nicht komplett abhängig voneinander machen. Das Wasser aus dem Vogelsberg ist wunderbar, aber wir müssen natürlich mit modernen Techniken auch dafür sorgen, das Frankfurter Wasser, vor allem Brauchwasser, auch hier in der Stadt genutzt wird. Gerade in den Sommerzeiten müssen wir wirklich streng darauf achten, dass in den Kleingärten die berühmte Regentonne wieder zum Einsatz kommt. Aber viele machen das ja auch heute schon. Aber dass wir natürlich in den stadtnahen Wohngebieten, den städtischen Wohngebieten, wo die Wohnungsbaugesellschaften sind, vorankommen mit der Nutzung von Brauchwasser. Das man nicht Trinkwasser eben auf die Pflanzen, auf den Rasen schüttet, sondern das man eben das Wasser nutzt, das es in dieser Stadt schon gibt."
Frankfurt am Main plant in den nächsten Jahren den Bau eines ganz neuen Stadtteils mit bis zu 30.000 Einwohnern. Wenn dort ein flächendeckendes Brauchwassersystem installiert würde, dann wäre ein wichtiges Wahlversprechen der schwarz-grünen Landesregierung erfüllt. Die wichtigste Stadt des Landes würde damit ein Signal senden: Wir haben verstanden, der Klimawandel zwingt uns zum sorgfältigeren Umgang mit dem kostbaren Gut Trinkwasser. Doch noch ist das ein Versprechen – die Realisierung steht noch aus.