
Seit fast fünf Jahren sitzt Matthias Rath im Sattel von Totilas. Raths Vorgänger - der Niederländer Edward Gal. Er machte Totilas zum Welt- und Europameister und Weltrekordler. Auf dem Höhepunkt des Erfolges, der Verkauf des Pferdes nach Deutschland. Matthias Rath konnte mit Totilas nicht anknüpfen an die großen Erfolge. Der Grund: Entweder war der Reiter krank oder das Pferd verletzt. Dafür suchte Matthias Rath auch gestern im ZDF-Sportstudio nach den Gründen:
"Er ist ein außergewöhnliches Pferd mit sehr viel Möglichkeiten, sehr sensibel und vielleicht auch in der Hinsicht sehr sensibel."
Kritiker vermuten die Ursache auch in umstrittenen Trainingsmethoden. Totilas-Coach Sjeff Jansen vergleicht den Vierbeiner da lieber mit Fußballern. Es seien halt Athleten an der Grenze der Belastbarkeit.
Verletzungen und Krankheiten verhinderten Erfolge
Seit fünf Jahren ist Totilas Deutscher. Ohne die wirklich großen Erfolge für Schwarz-Rot-Gold. Verletzungen oder Krankheiten verhinderten Starts den Olympischen Spielen, WM oder den letzten Europameisterschaften. Dieses Mal soll's klappen, so der Reiter bei einer Pressekonferenz:
"Es ist einfach eine riesen Vorfreude da. Ich reite grundsätzlich sehr, sehr gern in Aachen und dann EM hier im eigenen Land in Aachen zu reiten ist glaube ich etwas ganz Besonderes in dem Riesenstadion. Da freut sich glaube ich jeder drauf."
Denn eigens für die EM ziehen die Dressurreiter ins Springstadion um. Da ist Platz für 40.000 Zuschauer – die größte Dressurarena der Welt. Die Blicke werden vor allem zwei Pferden gelten: Totilas und Valegro. Der Wallach war bei den letzten Großereignissen immer da und immer ganz vorn, hat Totilas längst den Rang abgelaufen.
Das ist Musik aus dem Film "Drachenzähmen leicht gemacht". Zu diesen Klängen stellten Valegro und Charlotte Dujardin vor acht Monaten ihren letzten Weltrekord auf - in der Kür. Der imposante braune Wallach scheint leicht zu zähmen. Er und seine 30-Jährige Reiterin halten alle Dressurtitel und -Rekorde. Auf ihrer Internetseite erzählt Charlotte Dujardin über Valegro:
"Er hat die Gänge, das Temperament, den Geist und den Willen. Jedes Mal, wenn er ins Stadion einreitet, will er sein Bestes geben und er lässt dich nie im Stich."
Valegro gilt als unschlagbar
So oder ähnlich schwärmen eigentlich alle Dressurreiter über ihre Pferde. Aber wenn Valegro sein Bestes gibt, ist er unschlagbar. Der britische Weltklasse-Reiter Carl Hester ist Mitbesitzer des Wallachs. Er stellte ihn seiner Schülerin zur Verfügung – Charlotte Dujardin. Mit Erfolg: Bei den Europameisterschaften 2011 in Rotterdam ritten Hester und Dujardin gemeinsam zum Mannschaftsgold. Deutschland mit Totilas holte da übrigens Silber. Es war das erste große Turnier für Charlotte Dujardin und Valegro. Nur ein Jahr später wurden die beiden in London Doppel-Olympiasieger.
"Da zu stehen und die Nationalhymne zu hören, zu wissen, ich hatte Gold gewonnen – alle sagten 'Wirst Du weinen?', ich meinte 'nein, ich bin aufgeregt und glücklich', aber ich weinte doch."
Der Doppel-Olympiasieg war eine Sensation. Einen so rasanten Aufstieg hatte es in der Dressurszene noch nie gegeben.
Momentan gelten die beiden als unschlagbar. Auch Dressur-Bundestrainerin Monica Theodorescu sieht Valegro und Dujardin in der Favoritenrolle. Und doch: Vor genau einem Jahr in Aachen war ein Paar besser als die beiden: Totilas und Matthias Rath.
Hoffnung ruht auf Aachen
Aber schon vor der abschließenden Kür mussten die beiden aber wieder verletzt passen. Genauso wie bei den anschließenden Weltmeisterschaften in Frankreich. Deshalb treffen die beiden Dressurgiganten ab Mittwoch in Aachen erst das zweite Mal überhaupt aufeinander. Wenn Totilas auch in kommenden Tagen gesund bleibt:
"Ich bin jetzt einfach nur froh und glücklich, dass er so fit ist und dass er gut drauf ist und ich hoffe, dass wir diese Höhen und Tiefen – dass wir jetzt ausschließlich Höhen haben."
Wenn Totilas die kommende Woche durchhält, erlebt das Publikum am Sonntag die Premiere seiner neuen Kür. Die akustische Grundlage soll Filmmusik des Oscar-prämierten John Williams sein. Vielleicht ja diese hier, aus dem Pferdefilm "Gefährten".