Samstag, 20. April 2024

Archiv

Rekordtransfer in der Bundesliga
"FC Bayern wird die 100 Millionen Schallgrenze überschreiten"

Mit einer Rekordablösesumme von 80 Millionen Euro wechselt Lucas Hernandez zum FC Bayern München. Vereine, die international mitspielen wollten, müssten künftig mehr Geld investieren, sagte Tim Jürgens vom Fußball-Magazins "11 Freunde" im Dlf. Langfristig könne es aber so nicht weitergehen.

Tim Jürgens im Gespräch mit Martin Zagatta  | 28.03.2019
Lucas Hernandez von Atletico gestikuliert.
Lucas Hernandez spielt jetzt bei Bayern München ( Paul White/AP/dpa )
Martin Zagatta: Da kommen wir jetzt zum teuersten Transfer in der Fußball-Bundesliga überhaupt. Für eine Ablöse von 80 Millionen Euro wechselt jetzt der französische Weltmeister Hernandez zu Bayern München – doppelt so viel wie man für seinen Landsmann Tolisso - 40 Millionen waren das damals - noch gezahlt hat bei den Bayern. Das war bisher der teuerste Transfer.
Tim Jürgens ist stellvertretender Chefredakteur des Fußball-Magazins "11 Freunde". Hallo, Herr Jürgens!
Tim Jürgens: Schönen guten Tag!
Zagatta: Herr Jürgens, diese 80 Millionen, sonderlich überraschend kommt das ja nicht. Muss die Bundesliga, muss die deutsche Fußball-Bundesliga diesen Weg, den andere ja vor allem in England schon machen, jetzt mitgehen?
Jürgens: Erst mal muss der FC Bayern diesen Weg ja offensichtlich mitgehen, weil er plant eine Super League, eine europäische Super League. In der Champions League ist er schon wieder im Achtelfinale gescheitert und die Mannschaft ist ein bisschen überaltert. Ich glaube, das ist erst mal eine Frage, die sich der FC Bayern stellt und stellen kann, weil er natürlich auch über das entsprechende Festgeldkonto verfügt. Andere Vereine, Hannover 96 hat viele Jahre darüber gesprochen, dass die 50+1-Regelung endlich mal fallen soll, kämpft gerade mal wieder gegen den Abstieg, wird wohl absteigen. Insofern: Ich glaube, das ist in erster Linie eine Frage, die sich der FC Bayern stellt und auch mitgehen kann.
Zagatta: Die scheinen das zu können. Wer kann das noch in der Bundesliga?
Jürgens: Na ja. Mittelfristig muss es Borussia Dortmund und sicherlich auch der FC Schalke. Red Bull Leipzig - weiß ich nicht. Diese Vereine, die international dabei sein wollen, müssen mehr Geld investieren. Ob das diese Summen langfristig sein werden, das wird sich zeigen. Die Frage ist ja auch, ob diese Spirale, die sich bei den TV-Geldern immer weiter nach oben dreht, auch haltbar ist. Es gibt natürlich Global Player wie Amazon, die bei der nächsten Versteigerung sicherlich mitbieten werden, und da sind sicherlich auch noch Steigerungsraten möglich. Nur wird das langfristig nicht mehr so weitergehen, weil ja auch die Diversifizierung der Freizeit, das Interesse an Sport, der Wahrnehmung von Sport und so weiter sich immer mehr aufdröselt und die Frage ist, sind Menschen langfristig, sagen wir in 10, 20 Jahren noch bereit, so viel Geld für den Konsum von Fußball auszugeben, oder gibt es dann nicht vielleicht auch ganz andere Sachen, die sie in ihrer Freizeit machen wollen. Aber das sind Fragen, die können wir heute nicht beantworten. Kurzfristig ist es auf jeden Fall so, dass, wenn man international Erfolg haben will, wie der FC Bayern das will, man auch entsprechend Geld ausgeben muss.
Zagatta: Sie haben jetzt drei, vier andere Vereine genannt, zum Beispiel auch Schalke 04. Die kämpfen im Moment eher gegen den Abstieg. Wie ist denn das, wenn Bayern München jetzt so viel Geld investieren kann? Die sind ja ohnehin schon der Abo-Meister der Bundesliga. Wird das in Zukunft dadurch noch einseitiger, noch langweiliger?
Jürgens: Wenn man den Worten von Uli Hoeneß Glauben schenken darf, der gesagt hat, sie wollen nicht kleckern, sondern klotzen im Sommer. Sie müssen ja bedenken: Der FC Bayern investiert in Hernandez 80 Millionen. Das ist ein Abwehrspieler. Ribery und Robben werden sicherlich im Sommer ihre Karriere beenden. Vielleicht hängen sie noch ein Jahr dran, aber sicherlich werden sie keine Stammspieler beim FC Bayern mehr sein. Da wird auch noch mal Geld investiert. Ich bin fest davon überzeugt, dass der FC Bayern im Sommer die 100 Millionen Schallgrenze überschreiten wird.
"Mensch, da wird so viel Geld investiert"
Zagatta: Da ist von 300 Millionen teilweise sogar die Rede.
Jürgens: Man muss auch immer vorsichtig sein, welche Zahlen da kolportiert werden. Uli Hoeneß ist auch ein Mensch, der ein großes Interesse daran hat, dass so ein Bemm-Effekt – so nennt er das – beim FC Bayern entsteht, dass so eine Woge da ist, dass man sagt: Oh, wir gucken jetzt alle wieder mal nach München. Mensch, da wird so viel Geld investiert. - Stimmt die Zahl? Wo kommt die her? Das kann ich nicht beurteilen. So was wird ja auch erst mal in den Bayern-Chargen gespielt. Es wird natürlich eine ganze Menge. Es ist sehr viel Geld jetzt ausgegeben worden. Jetzt schauen wir mal, wie es weitergeht. Man muss ja so ein Invest auch nicht nur auf die Ablösesumme beschränken, sondern man muss auch überlegen, wieviel Geld verdient der Kollege dann dort pro Jahr. So kommt man dann möglicherweise auch auf Zahlen, die dann in 150 Millionen oder bei anderen Spielern vielleicht sogar in 300 Millionen Kategorien geben.
Aber jetzt reden wir erst mal über Hernandez und schauen, wie das da weitergeht. Ich frage mich, wieviel Geld kann der FC Bayern noch weiterhin ausgeben? Man ist ja, wenn man so eine Ablöse zahlt, auch daran gekoppelt, was können wir an entsprechendem Gehalt bezahlen. Kann man den Spieler auch wieder veräußern? Wir haben jetzt die Frage bei Hernandez: Der hat offensichtlich eine Knieverletzung, wird jetzt operiert. Knieverletzung, wissen wir alle, ist immer ein neuralgischer Punkt bei einem Fußballer. Wie einsatzfähig ist er? Kann man den in drei, vier, fünf Jahren für das doppelte verkaufen, oder verliert man sehr viel Geld damit? All diese Fragen, die sind offen. Dieses Geschäft mit Träumen, was der Fußballer ist, das ist auch in diesem Fall die Frage, was ist möglich und was ist nicht möglich.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.