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Reportage
Den Geruchssinn wieder erlernen

Ein Schlag auf den Kopf oder eine Krankheit können dazu führen, dass Menschen ihren Geruchssinn verlieren. Es gibt nur wenige Spezialisten, die sich gut mit diesem Phänomen auskennen. Die Universitätsklinik in Köln bietet zum Beispiel eine spezielle Riechschule an.

Von Barbara Weber |
    - "Ich kann leider nichts mehr riechen."
    - "Seit wann können Sie nichts mehr riechen?"
    - "Das müssen jetzt so 20, 23 Jahre her sein."
    - "Und gab es einen Auslöser oder eine Ursache dafür? Können Sie sich erinnern?"
    Anne Kutz kann sich noch sehr gut an die schwere Grippe erinnern. Sie erzählt Dr. Moritz Meyer, dass sie erst Wochen später beim Arzt war, weil sie nach der Krankheit nicht mehr riechen konnte.
    "Und als ich dann bei der HNO-Ärztin war, sagte sie mir, dadurch, dass ich keine Medikamente bekommen habe, habe ich mir den Geruchssinn, also Geruchsnerv zerstört. Und ich komme leider zu spät. Und seitdem hoffe ich und bange ich und bilde mir manchmal ein, ich kann was riechen, aber, naja."
    Ausführliche Riechuntersuchung
    Anne Kutz ist unsicher, denn gerade in der letzten Zeit hat sie manchmal das Gefühl gehabt, etwas riechen zu können, zum Beispiel einen Kollegen, der geraucht hat. Deshalb ist sie jetzt auch in die Universitätsklinik Köln gekommen.
    "Ich untersuche Sie jetzt noch einmal. Schau' mir vor allem die Nase an, wie die aussieht. Ich schaue zunächst mit dem Spekulum in die Nase. Die Nasenscheidewand sieht sehr gerade aus und die Schleimhaut sieht regelrecht aus."
    Nachdem Dr. Moritz Mayer die Nase untersucht hat, misst Tschgohi Mardirian den Luftwiderstand beim Atmen durch die Nase, um zu testen, ob die Nase geschwollen ist. Dann folgt ein weiterer Test:
    - "Wir machen jetzt eine ausführliche Riechuntersuchung bei Ihnen. Bei der ersten Untersuchung werde ich Ihre Riechschwelle bestimmen. Das bedeutet, ich werde jetzt messen, so gut wie es geht, ab welcher Konzentration Sie einen bestimmten Duftstoff wahrnehmen können. Zwei von den drei Untersuchungen finden mit dieser Augenmaske statt. Die Maske dient dazu, dass Sie sich mehr auf meine Stimme und auf die Düfte konzentrieren können. Ich biete Ihnen drei Stifte vor der Nase. Und nachdem Sie an allen drei Stiften geschnüffelt haben, sagen Sie mir, an welchem Stift Sie einen Duft spüren. Wir fangen jetzt an. Sie setzen bitte die Maske auf. Also Stift eins. Stift zwei. Stift Nummer drei."
    - "Da würde ich jetzt spontan sagen die Drei."
    - "Eins, zwei, drei."
    - "Die zwei."
    Eine ganze Batterie von Stiften folgt. Dann soll die Patientin Düfte unterscheiden, zum Beispiel einen Pfirsichgeruch erkennen oder Vanille oder auch Knoblauch. Mithilfe verschiedener Sprays testet Tschgohi Mardirian, ob Anne Kutz den Unterschied zwischen süß und sauer schmecken kann. Die Testergebnisse gibt sie alle in einen Rechner ein. Am Ende begutachtet Dr. Moritz Mayer die Resultate der Untersuchungen.
    "Wie Vokabellernen für den Riechnerven"
    "Der Nasenfluss ist gut. Da geht eigentlich genug Luft durch die Nase. Das Schmeck-Screening, also die vier Grundqualitäten können Sie auch wahrnehmen, also süß, sauer, salzig und bitter können Sie wahrnehmen, das geht über andere Nerven. Jetzt haben wir den eigentlichen Riechtest: Und da schneiden Sie relativ schlecht ab, muss man sagen. Gut, das wollen wir natürlich verbessern oder hoffen, dass wir das verbessern können nach so vielen Jahren."
    Deshalb bekommt Anne Kutz eine Anleitung für ein Riechtraining. Das kann sie zuhause in Coesfeld mit verschiedenen Duftproben durchführen, zum Beispiel Marmeladen oder Gewürzen. Das sei zwar am Anfang frustrierend, wenn man nichts rieche, meint der Arzt.
    "Allerdings ist es wie Vokabellernen für den Riechnerven."
    Anne Kutz ist froh, endlich selbst etwas unternehmen zu können. Sie liebt ihren Garten und das Landleben und träumt davon, das mit allen Sinnen zu erleben.
    "Ich möchte gerne mal wieder so richtig Kuhmist riechen können."