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Repressionen in Simbabwe
Krise, Korruption und Corona

Schon vor COVID-19 steckte Simbabwe in einer tiefen politischen und wirtschaftlichen Krise. Jetzt macht die Pandemie alles noch schlimmer. Die Regierung geht brutal gegen jede Form des Protests vor – und rechtfertigt die Repressionen mit der Virusbekämpfung.

Von Leonie March | 10.08.2020
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Straßenhändlerin Vangayi Maisiri verkauft in einem Armenviertel von Harare Seife, Mehl und Reis (Privilege Musvanhiri)
Mbare, ein Armenviertel in Simbabwes Hauptstadt Harare. Hier lebt und arbeitet Vangayi Maisiri. Die 53-jährige Großmutter ist eine der vielen Straßenhändlerinnen. Auf einem Holzhocker hat sie Seife, Mehl, Reis, Zucker, Milchpulver und ein paar andere Waren aufgestellt.
Doch die meisten Passanten werfen nicht einmal einen Blick darauf, das Geschäft läuft schlecht: "Die Regierung hat uns zwar dazu aufgerufen, wegen der Corona-Pandemie zu Hause zu bleiben, aber das können wir uns einfach nicht leisten. Ich verdiene mit dem Verkauf dieser Waren ohnehin sehr wenig, im Schnitt gerade mal zwei US-Dollar am Tag. Aber das ist besser, als nichts."
Die große Mehrheit der Simbabwer arbeitet so wie Maisiri im sogenannten informellen Sektor, feste Arbeitsplätze gibt es kaum noch. Die Wirtschaft steckt bereits seit über einem Jahrzehnt in einer tiefen Krise.
Furcht vor Hungersnot
So wie viele ihrer Landsleute hatte Maisiri auf einen Aufschwung gehofft, als Präsident Emmerson Mnangagwa im November 2017 mit Hilfe des Militärs an die Macht gekommen und den Autokraten Robert Mugabe abgelöst hatte.
Emmerson Mnangagwa
Staatspräsident Emmerson Mnangagwa (picture alliance / Photoshot)
Nach seinem Wahlsieg vor zwei Jahren hatte Mnangagwa wirtschaftliche Reformen versprochen. Doch diese Hoffnung wurde enttäuscht: "Unter Mugabe war das Leben noch besser. Nun wird es jeden Tag schwieriger. Die Preise steigen stetig, seit Beginn des Lockdowns im März noch drastischer als zuvor. Wenn man morgens aufwacht, ist alles wieder teurer geworden. Maismehl, Öl und Fleisch sind nahezu Luxusartikel. Wenn das so weitergeht, weiß ich nicht, wie unsere neunköpfige Familie überleben soll."
Menschen stehen vor dem Kreativzentrum "Moto Republik" in der Hauptstadt Harare - hier vor dem Corona-Lockdown
Krise als Chance Diktatur und Militärputsch, Repression und Hyperinflation: Simbabwes Kreativszene arbeitet seit Jahrzehnten unter extrem schwierigen Bedingungen. Das Land lässt sich auch von der Corona-Pandemie nicht entmutigen – die Kulturmacherinnen und -macher reagieren lässig, flexibel und innovativ.
Hilfsorganisationen warnen bereits vor einer Hungersnot. Die Ursachen sind vielfältig: Zu einer verfehlten Landreform, anhaltender Dürre in vielen Regionen und dem verheerenden Zyklon Idai im vergangenen Jahr komme die Hyperinflation, erklärt Regina Feindt, Landesdirektorin der deutschen Welthungerhilfe in Simbabwe: "Das ist Teil unserer Problematik, dass mit der Einführung der neuen Währung, die ja auch sehr, sehr schnell wieder an Wert verloren hat, insgesamt die Kaufkraft im Land so massiv abgenommen hat. Wir sprechen von einer Inflationsrate von 800 Prozent. Das ist die offiziell von der Regierung genannte Inflationsrate im Moment, im Nahrungsmittelbereich ist es sogar noch höher. Und das ist sehr, sehr traurig und beängstigend, wie sich das im Moment entwickelt."
Verhaftungen und Repressionen
Zur Furcht vor Hunger und Krankheiten kommt inmitten der Pandemie die Angst vor den Sicherheitskräften. Mehr als 105.000 Bürger wurden seit Beginn des Lockdowns im März festgenommen - etwa, weil sie keine Gesichtsmasken trugen, weil sie, so heißt es, ohne triftigen Grund draußen unterwegs waren oder, wie Vangayi Maisiri auf der Straße Handel treiben, um zu überleben.
In Windeseile packt die Straßenhändlerin ihre Waren ein, als sie Polizisten mit Hunden um die Ecke biegen sieht. Diesmal lassen sie sie in Ruhe.
Aber das ist längst nicht immer so: Es gibt zahlreiche Berichte über Beamte, die die kleinen Stände mutwillig zerstören, Waren konfiszieren, Händler schlagen, auspeitschen oder sogar erschießen.
"Während wir hier versuchen, zu überleben, müssen wir uns einen ständigen Kampf mit der Polizei liefern. Wenn sie einen erwischen, verlangen sie im besten Fall Schmiergeld. Aber wo sollen wir das hernehmen? Jeden Tag werden wir hier schikaniert. Es ist einfach schrecklich."
Legitimität des Lockdowns
Auch wenn eine Verschlechterung der Lage kaum noch denkbar ist, hat sich die Situation in den vergangenen Wochen weiter verschärft. Hintergrund waren Planungen für landesweite, regierungskritische Proteste, die bislang jedoch weitgehend unterbunden wurden. Das Militär hatte die Innenstadt von Harare abgeriegelt, eine tägliche zwölfstündige Ausgangssperre wurde verhängt, die Geschäftszeiten reduziert und die brutalen Einschüchterungsaktionen gegen die Bevölkerung verstärkt.
Der Staat rechtfertige diese Vorgehensweise mit der Pandemie-Bekämpfung, kritisiert der Menschenrechtsanwalt Doug Coltart: "Aus wissenschaftlicher Sicht ergibt es keinerlei Sinn, dass die primäre Maßnahme gegen COVID-19 in Massenverhaftungen von Bürgern besteht. Die einzige Erklärung besteht darin, dass die Regierung die Situation ausnutzt, um ihre Muskeln spielen zu lassen. Sie macht deutlich, dass sie jeden verfolgen wird, der sich auch nur ansatzweise widersetzt. COVID-19 dient dabei als Rechtfertigung, weil harte Lockdown-Maßnahmen auch international eine gewisse Legitimität haben."
Die Regierung sieht das naturgemäß anders. Das Leben der Bürger habe Priorität, betont Nick Mangwana, Staatssekretär der Regierungspartei ZANU-PF im Informationsministerium. Alle Vorschriften und Anordnungen dienten dem Schutz der Menschen: "Wir befinden uns mitten im Sturm der Pandemie und wir tun unser Bestes. Seit März haben wir Quarantänestationen eingerichtet und Behandlungspläne aufgestellt. Unsere Krankenhäuser und Intensivstationen stehen bereit, um Patienten aufzunehmen. Unsere größte Herausforderung ist momentan der Streik einiger Krankenschwestern und Ärzte. Wenn wir sie dazu bewegen können, ihre Arbeit wiederaufzunehmen, dann sind wir nicht in einer schlechteren Lage als andere Nationen."
Krankenhauspersonal ohne Schutzkleidung
Die Forderungen der Streikenden klingen ganz anders: Seit Monaten weist das Personal staatlicher Krankenhäuser auf die verheerenden Arbeitsbedingungen hin.
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Krankenpfleger Samson Gurupira (Privilege Musvanhiri)
Doch auch diese Proteste wurden niedergeschlagen, Krankenpfleger wie Samson Gurupira sogar vorübergehend verhaftet: "Das beweist, dass wir es mit einer skrupellosen Regierung zu tun haben, die nicht einmal die Stimmen jener Menschen berücksichtigt, die in dieser Krise für die Gesundheit der Bevölkerung sorgen sollen. Wir haben keine Schutzkleidung, kaum medizinische Gesichtsmasken, nicht ausreichend Medikamente, es mangelt an allem. Ich weiß nicht, ob der Regierung das Geld dafür fehlt oder ob sie einfach nicht helfen will. Was ich weiß ist, dass wir alle Angst haben, zur Arbeit zu gehen."
Neben einer medizinischen Grundausstattung fordert das Personal in staatlichen Krankenhäusern, dass Gehälter angesichts der Hyperinflation in US-Dollar ausgezahlt werden und nicht in der täglich schwächer werdenden lokalen Währung. Sein Monatsgehalt sei nach dem derzeitigen Wechselkurs bereits auf weniger als 30 US-Dollar gesunken, beklagt Gurupira. Doch bei der Regierung beißt er damit auf Granit. Der Staat könne sich das schlicht nicht leisten, betont Nick Mangwana.
Für den Krankenpfleger klingen diese Worte wie Hohn. Natürlich weiß er um die desolate wirtschaftliche Lage seiner Heimat, aber er weiß auch, dass enorme Summen in dunklen Kanälen versickern.
Journalisten riskieren Leib und Leben
Im Juni flog beispielsweise auf, dass Gesundheitsminister Moyo zwielichtige Lieferverträge für medizinisches Material zur Corona-Bekämpfung in einem Gesamtumfang von 60 Millionen Dollar zu vollkommen überzogenen Preisen in Auftrag gegeben hatte. Der Preis einer Gesichtsmaske entsprach in etwa dem Monatsgehalt eines Krankenpflegers. Moyo wurde zwar wegen Amtsmissbrauchs entlassen und angeklagt, ist nun aber auf Kaution frei.
Gurupira macht das wütend: "Der Minister wurde zwar gefeuert, aber ist ein freier Mann, wird von Bodyguards beschützt und führt sein Leben in Reichtum weiter. Er ist nur einer von vielen. Die Leute, die hier an der Macht sind, denken nur daran, wie sie korrupte Deals abschließen können, um sich selbst zu bereichern. Leute wie Moyo haben nichts zu befürchten, sie sind unantastbar."
Während der Gesundheitsminister nicht in Untersuchungshaft bleiben musste, sitzt nun der Journalist, der den Skandal aufdeckte, hinter Gittern. Die Zahlung einer Kaution wurde abgelehnt, da er eine "Gefahr für die Öffentlichkeit" darstelle, wie es hieß.
Vor drei Wochen hatte Hopewell Chin’ono gefilmt, wie Männer seine Tür aufbrachen und in sein Haus eindrangen, er alarmierte mit dem kurzen Video-Clip seine Follower in den sozialen Medien über seine Verhaftung. Eine Taktik, die auch dem Selbstschutz dient.
Anti-Korruptions-Protest in Simbabwe: zwei Frauen mit Maske halten Plakate.
Anti-Korruptions-Protest in Simbabwe: zwei Frauen mit Maske halten Plakate. (AFP / Zinyange Auntony)
Denn immer wieder verschwinden Regimekritiker in Simbabwe spurlos, betont die Sprecherin der oppositionellen MDC-Alliance, Fadzayi Mahere bei einem virtuellen Krisentreffen des "Southern African Liaison Office" (SALO) einer zivilgesellschaftlichen Organisation der Länder im Süden Afrikas: "Eine Entführung von oppositionellen Aktivisten folgt auf die nächste. Wir wissen, was Mitte Mai mit meinen drei Kolleginnen von der MDC passiert ist, die friedlich gegen den wachsenden Hunger protestiert hatten. Sie wurden auf Geheiß des Staates entführt, gefoltert und sexuell genötigt. Anstatt die Täter zur Rechenschaft zu ziehen, wurden die Frauen verhaftet. Man wirft ihnen vor, das alles vorgetäuscht zu haben."
Wenige Tage später wird Mahere selbst festgenommen, nach einer Nacht in einer verschmutzten, überfüllten Gefängniszelle jedoch wieder auf Kaution freigelassen. Es ist eine von vielen Verhaftungen am 31. Juli, dem Tag, an dem landesweit Proteste gegen die Korruption geplant waren.
Neben Oppositionellen und zivilgesellschaftlichen Aktivisten wurden wieder auch einfache Bürger festgenommen. Ihr Vergehen: Sie hatten allein oder in kleinen Gruppen mit Plakaten am Straßenrand gestanden: Darauf stand beispielsweise: "Nehmt die Plünderer der COVID-Hilfsgelder fest", "Befreit Hopewell", oder "Wir können nicht atmen, Korruption raubt uns die Luft".
Auf diese Festnahmen angesprochen sagt Regierungsmitglied Nick Mangwana: "Wir wollen auch nicht, dass die Korruption sich weiter ausbreitet. Sie ist eine Geißel. Der Ruf nach einem Ende der Korruption ist also legitim. Aber die Schlussfolgerung und der Zeitpunkt sind falsch. Wie kann man in einer Pandemie zu Protesten aufrufen? Die Leute fordern außerdem in einem Atemzug, dass unsere ZANU-PF-Regierung abgesetzt werden soll. Aber das wird nicht auf der Straße entschieden, dafür gibt es entsprechende Mechanismen. Ein Amtsenthebungs-Verfahren im Parlament beispielsweise. Diese Leute wissen jedoch, dass sie dort keine Mehrheit haben. Wir haben es also mit einer kleinen, verrückten Randgruppe zu tun, die versucht, die verfassungsmäßige Ordnung zu stören. Das werden wir nicht zulassen."
"Muster der Einschüchterung"
Die Drahtzieher vermutet die Regierung, wie schon in der Mugabe-Ära, im Westen. Der US-Botschafter wurde als Verbrecher bezeichnet. Die vermeintlichen Verbündeten in der Oppositionspartei MDC nannte Präsident Mnangagwa "terroristisch" und betonte, er werde Simbabwe von all jenen reinwaschen, die das Land spalten wollten. Die Vereinten Nationen sehen darin ein "Muster der Einschüchterung". Der Eindruck drängt sich auf, dass dieser Lockdown eher der Demokratie als der Pandemie gilt.
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ZANU-PF-Staatssekretär Nick Mangwana (Privilege Musvanhiri)
Nick Mangwana sagt dazu: "Die kurze Antwort lautet: Das ist Unsinn. Und wenn ich das ausführen soll: Hier in Simbabwe wurde im Zuge des Lockdowns niemand erschossen. Anders, als in den USA oder in Südafrika. Wir haben es also mit Leuten zu tun, die die gegenwärtige Lage ausnutzen, um die politischen Spannungen in unserem Land anzuheizen."
Diese Interpretation reicht der Regierung als Rechtfertigung, um mit aller Härte gegen politische Gegner vorzugehen. Und so gibt es weiterhin fast täglich Meldungen über brutale Festnahmen, Entführungen und Misshandlungen. Konsequenzen müssen Polizei und Militär erfahrungsgemäß nicht fürchten.
Das Regime hat großen Einfluss auf die Justiz und will ihn durch Verfassungsänderungen noch ausbauen. Seit dem Sturz von Robert Mugabe im November 2017 patrouillieren Soldaten auf den Straßen. Das verstärkt den Eindruck, dass Simbabwe nun von einem Militärregime regiert wird.
Ein Militärregime?
Der Politikwissenschaftler Ringisai Chikohomero spricht von einer Machtclique aus Militärs und Politikern: "Wir müssen auf das zurückschauen, was 2017 passiert ist, um die heutige Lage in Simbabwe zu verstehen. Emmerson Mnangagwa war damals keine populäre Person. Er wurde vom Militär ins Amt des Präsidenten gehoben. Der oberste Richter, ein ehemaliger General, hat dafür gesorgt, dass dieser Putsch als verfassungskonform anerkannt wurde. Das Militär ist also der Garant dieses Regimes. Bemerkenswert war eine Pressekonferenz im Juni, bei der das Militär betonte, dass es keinen weiteren Umsturz plant. Damit hat es auf entsprechende Gerüchte in der Führungsspitze reagiert. Es gibt also die Möglichkeit, wenn auch ohne handfeste Beweise, dass es gewisse Unstimmigkeiten gibt und etwas im Busch ist."
Es gebe sowohl im Militär als auch in der Regierungspartei ZANU-PF rivalisierende Interessensgruppen, betont der Politikwissenschaftler. Diese Flügelkämpfe könnten Mnangagwa gefährlicher werden, als die Opposition. "Momentan kann man nicht von einer starken politischen Opposition sprechen. Sie ist zersplittert, unfähig sich auf breiter Front zu organisieren oder die Bevölkerung zu mobilisieren. Sie denkt nicht strategisch, sie überlegt nicht, wie sie sich neu organisieren oder wieder zu einer Einheit werden könnte."
Simbabwe brauche einen nationalen Heilungsprozess, einen Dialog zwischen den politischen Parteien, fordert die Sprecherin der MDC-Alliance Fadzayi Mahere. Trotz der anhaltenden Anfeindungen, der Repression und den tiefen ideologischen Gräben: "Wir rufen die ZANU-PF dazu auf, sich mit uns an einen Tisch setzen, die politischen Waffen niederzulegen und die Bevölkerung in den Mittelpunkt zu rücken. Das ist angesichts unserer nationalen Krise dringend notwendig. Es darf nicht weiter um politische Egos gehen. Unser Land brennt und die Bürger müssen Priorität haben."
Vermittlungsversuche sind gescheitert
Diese Forderung gehe jedoch an den politischen Realitäten vorbei, kritisiert der Politikwissenschaftler Ringisai Chikohomero: "Wir befinden uns nicht mehr im Jahr 2008. Damals war es eindeutig, dass die MDC die Wahl gewonnen hatte und trotzdem war die Regierungspartei nicht bereit, die Macht abzugeben. Heutzutage gibt es für die ZANU-PF keinen Grund, mit irgendwem einen Dialog zu führen. Sie kann einfach regieren: Sie hat die Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament, sie hat die Wirtschaft, die Rohstoffe und die Zentralbank unter Kontrolle. Außerdem ist vollkommen unklar, wie dieser nationale Dialog genau aussehen soll und welches Ziel damit verfolgt wird."
Angesichts der zunehmenden Repression wenden sich Opposition und Aktivisten nun hilfesuchend ans Ausland. Unter dem Hashtag #ZimbabweanLivesMatter werben sie um Unterstützung. Nach wochenlangem Schweigen hat nun auch Südafrika erstmals Besorgnis geäußert und diplomatische Gespräche aufgenommen.
Die Hilferufe nach einer regionalen und internationalen Intervention scheinen zu verhallen. Es bleibt höchstens bei Solidaritätsbekundungen. Auch in der Vergangenheit sind alle Vermittlungsversuche von außen letztlich gescheitert.
Geschwächte Zivilgesellschaft
Trotzdem sei die Lage nicht aussichtslos, meint der Menschenrechtsanwalt Doug Coltart. Das Regime werde die zunehmende Kritik im eigenen Land auch mit drastischer Gewalt nicht unterdrücken können: "Ich glaube nicht, dass die Taktik der Regierung die gewünschte Wirkung erzielt. Im Gegenteil: Wir bekommen nun das wahre Gesicht des Regimes zu sehen, das eines autoritären Militärregimes, das gegen die eigenen Bürger vorgeht. Damit schwindet der Rückhalt in der Bevölkerung. Das Regime versucht zwar, die Opposition im Land zu vernichten und scheint dabei kurzfristig auch Fortschritte zu machen, aber langfristig wird diese Rechnung nicht aufgehen."
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Menschenrechtsanwalt Doug Coltart (Privilege Musvanhiri)
Doch die Unzufriedenheit der Bürger allein werde nichts verändern, entgegnet der Politikwissenschaftler Chikohomero. Nicht nur die politische Opposition, auch die Zivilgesellschaft sei nach Jahrzehnten der Autokratie und Repression geschwächt.
Von einem Bürger-Aufstand sei Simbabwe meilenweit entfernt: "Es steht schon seit einiger Zeit die Frage im Raum, ob wir Bürger oder Untertanen haben. Ich tendiere stark zum letzteren. Die Grundlage für einen Volksaufstand existiert einfach nicht, auch die Geschichte unseres Landes spricht dagegen. Die Dynamik, das Verhalten und das Verhältnis von Bürgern und Staat waren immer davon geprägt, dass eine kleine Elite ihre Untertanen regiert."
Das war schon unter Robert Mugabe so, in dessen autokratische Fußstapfen sein ehemaliger Verbündeter und Nachfolger Emmerson Mnangagwa getreten ist. Die Machtstrukturen im Land sind verhärtet. Eine Lösung dieser Krise ist trotz der dramatischen Zuspitzung nicht in Sicht.
Mitarbeit in Harare: Privilege Musvanhiri