Dirk Müller: Die Abwrackprämie für Altautos ist bei zahlreichen Umweltpolitikern und Umweltverbänden gleichermaßen auf viel Widerstand gestoßen. Doch die neuesten Pläne des Bundesverkehrsministeriums dürften die Gemüter noch mehr erhitzen, denn nach Informationen mehrerer Tageszeitungen plant die Große Koalition, die Kfz-Steuer für große alte Autos, also für diejenigen mit viel Hubraum, steuerlich zu entlasten. Dabei hatte die Bundesregierung versprochen, die Steuer an den CO2-Verbrauch der Fahrzeuge zu koppeln. Dies gilt offenbar jetzt nicht mehr. Umweltminister Sigmar Gabriel sieht die Klimaschutzziele sogar auf den Kopf gestellt.
Über diesen Komplex sprechen wollen wir nun mit Jürgen Resch, Chef der Deutschen Umwelthilfe. Guten Tag!
Jürgen Resch: Einen schönen guten Tag.
Müller: Herr Resch, haben Sie noch frische Luft bekommen, als Sie davon gehört haben?
Resch: Ja, und vor allen Dingen noch weitere frische Luft, als wir dann die Unterlagen, die uns mittlerweile zugespielt wurden, genauer studiert haben. Es gibt einen weiteren Aspekt, den diese Bundesregierung vor hat: Sie möchte auch insgesamt die Autofahrer entlasten. Die vorgeschlagenen Entlastungen insbesondere bei den großen Spritfressern machen dann auf die Jahre 2009 bis 2014 je nach Modell 1,6 bis 1,978 Milliarden Euro aus. Das heißt, es soll nicht nur bei den großen Spritfressern durch entsprechende Senkungen der Kfz-Steuer eine falsche Lenkungswirkung erfolgen, sondern andere Steuerzahler müssen dann letztendlich diese geringeren Kfz-Steuern aufbringen und somit das Autofahren noch attraktiver machen.
Müller: Herr Resch, wir haben das ja bewusst korrekt zitiert. Die "Süddeutsche Zeitung" ist in erster Linie als Quelle angegeben. Andere Zeitungen haben auch darüber berichtet. Aber Sie gehen auch fest davon aus, dass das stimmt, was jetzt nicht nur noch in der Schublade liegt, sondern tatsächlich schon auf dem Verhandlungstisch?
Resch: Genau! Mir liegen die entsprechenden Unterlagen aus dem Finanzministerium vor. Es gibt verschiedene Modelle: A, B, C. Das, was im Moment diskutiert wird, ist das so genannte Modell C, das eben entgegen der Ankündigung, dass zukünftig die Kfz-Steuer nach CO2 bezogen wird und aufkommensneutral gleich viel Steuern aufbringen soll und eine ökologische Lenkungswirkung enthalten soll, im Gegenteil keine Aufkommensneutralität da ist und auch dieser CO2-Bezug ab einer gewissen Fahrzeuggröße dadurch abgemildert wird, dass der Sockel nicht weiter ansteigt. Das heißt letztendlich, dass der Fahrer eines kleinen Wagens den Fahrer des großen Fahrzeuges mitsubventioniert.
Müller: Herr Resch, Sie sind ja gedanklich flexibel. Das haben Sie auch in vielen Interviews mit uns immer wieder deutlich gemacht. Ich möchte mal versuchen, Sie in die andere Position zu versetzen. Peer Steinbrück sind Sie jetzt, der Finanzminister. Welche Motive können dahinter stecken?
Resch: Wir wissen, dass die Automobilpolitik von der Industrie gemacht wird. Es gibt keine Branche, die so stark versucht, Einfluss auszuüben auf die Bundesregierung, wie der Verband der Deutschen Automobilindustrie unter Führung von Herrn Wissmann und den Automobilunternehmen selber. Wir stellen einfach fest, dass die Mitarbeiter auch der Automobilunternehmen, die in den Ministerien ganz offiziell mitarbeiten, ganze Arbeit geleistet haben.
Jetzt in diese andere Rolle mich hineinversetzt: Der Bundesfinanzminister meint offensichtlich, wenn er der Automobilindustrie ausreichend Erleichterungen steuerlicher Art gibt, dann könne diese leichter durch die Krise kommen. Wir sind allerdings der Auffassung, dass das ein Danaergeschenk ist, denn um Deutschland herum haben alle anderen europäischen Regierungen das getan, was Deutschland angekündigt hat, nämlich eine CO2-bezogene Kfz-Besteuerung einzuführen, die Spritfresser bestraft und besondere Anreize von bis zu 6.000 Euro für den Kauf von ganz besonders Sprit sparsamen Fahrzeugen setzt. Das führt natürlich jetzt in Deutschland dazu, dass wir durch diese Anreizsetzung auf irgendwelche Vorteile für Fahrzeuge unter 120 Gramm verzichten, also weitere Differenzierungen, besondere Anreize, wie wir es früher hatten, mit 1.000 Euro zum Beispiel für das Drei-Liter-Auto, und auf der anderen Seite die Absenkung der Steuer bei großen Fahrzeugen der Autoindustrie das Signal geben, weiter so, macht weiter diese entsprechenden Fahrzeuge. Die werden aber in den anderen europäischen Märkten immer schwerer verkäuflich sein. Die liegen jetzt schon wie Blei. Und die Gefahr, die einfach darin besteht, ist, dass mittelfristig der deutschen Autoindustrie dann das gleiche droht wie der amerikanischen.
Müller: Zumal auch, Herr Resch, wenn wir das richtig in Erinnerung haben, die Europäische Union ja für 2015 Vorgaben macht, die dann alle einhalten müssen.
Resch: Ja und es wird ausgesprochen schwierig werden, wie man diese entsprechenden 120 Gramm einhalten möchte.
Müller: Also auch der Porsche Cayenne muss das dann bringen?
Resch: Auch der Porsche Cayenne muss es bringen, wobei dazu muss man sagen: Die Regelungen, die in Brüssel jetzt letztendlich beschlossen wurden, sind durchlöchert wie ein Schweizer Käse. Für die nächsten Jahre ist es der Automobilindustrie sogar noch zugestanden worden, dass sie beim CO2-Ausstoß um drei bis vier Gramm ansteigen darf, weil man eben alle möglichen Gutschriften ihnen auch noch gewährt. Aber irgendwann müssen sie effizientere Fahrzeuge bringen und wir sehen keine Möglichkeit für die Automobilindustrie, diese Werte zu erreichen. Es wird dann wieder eine Diskussion wie im vergangenen Jahr geben, dass man eben Unmögliches nicht verlangen könne und dass die Werte ein weiteres Mal aufgeweicht werden sollen. Deswegen verlassen wir uns nicht darauf; wir verlangen jetzt eigentlich sehr viel stärker unter Hinweis auf die Klimaschutzverpflichtungen, die Deutschland abgeschlossen hat (innerhalb des europäischen Verbundes, aber auch international), dass dieses im Verkehrsbereich umgesetzt wird und wir einfach das machen, was andere Länder machen.
Ich will mal so ein Beispiel nennen. Wenn sie in Portugal einen Sprit sparenden Wagen zulassen, dann kriegen sie einen kleinen Zuschuss von einigen hundert Euro. Wenn sie dagegen einen Porsche Cayenne oder einen Touareg mit dem großen Motor zulassen, zahlen sie dort 35.000 Euro Strafsteuer. – Wenn sie nach Norwegen gehen, das gleiche. Ein Mittelklassewagen mit einem niedrigen Verbrauch kostet vielleicht 800 Euro Zulassungssteuer, ein Fahrzeug mit einem hohen Verbrauch 40.000, 45.000 Euro.
Müller: Herr Resch, jetzt haben wir schon ganz viel damit zu tun, diese drei Beispiele uns zu merken. In Deutschland droht nach den neuesten Plänen jedenfalls quasi eine Kappungsgrenze für die Steuerbelastung für große Autos. – Vielen Dank für das Gespräch.
Resch: Danke.
Müller: Jürgen Resch, Chef der Deutschen Umwelthilfe.
Über diesen Komplex sprechen wollen wir nun mit Jürgen Resch, Chef der Deutschen Umwelthilfe. Guten Tag!
Jürgen Resch: Einen schönen guten Tag.
Müller: Herr Resch, haben Sie noch frische Luft bekommen, als Sie davon gehört haben?
Resch: Ja, und vor allen Dingen noch weitere frische Luft, als wir dann die Unterlagen, die uns mittlerweile zugespielt wurden, genauer studiert haben. Es gibt einen weiteren Aspekt, den diese Bundesregierung vor hat: Sie möchte auch insgesamt die Autofahrer entlasten. Die vorgeschlagenen Entlastungen insbesondere bei den großen Spritfressern machen dann auf die Jahre 2009 bis 2014 je nach Modell 1,6 bis 1,978 Milliarden Euro aus. Das heißt, es soll nicht nur bei den großen Spritfressern durch entsprechende Senkungen der Kfz-Steuer eine falsche Lenkungswirkung erfolgen, sondern andere Steuerzahler müssen dann letztendlich diese geringeren Kfz-Steuern aufbringen und somit das Autofahren noch attraktiver machen.
Müller: Herr Resch, wir haben das ja bewusst korrekt zitiert. Die "Süddeutsche Zeitung" ist in erster Linie als Quelle angegeben. Andere Zeitungen haben auch darüber berichtet. Aber Sie gehen auch fest davon aus, dass das stimmt, was jetzt nicht nur noch in der Schublade liegt, sondern tatsächlich schon auf dem Verhandlungstisch?
Resch: Genau! Mir liegen die entsprechenden Unterlagen aus dem Finanzministerium vor. Es gibt verschiedene Modelle: A, B, C. Das, was im Moment diskutiert wird, ist das so genannte Modell C, das eben entgegen der Ankündigung, dass zukünftig die Kfz-Steuer nach CO2 bezogen wird und aufkommensneutral gleich viel Steuern aufbringen soll und eine ökologische Lenkungswirkung enthalten soll, im Gegenteil keine Aufkommensneutralität da ist und auch dieser CO2-Bezug ab einer gewissen Fahrzeuggröße dadurch abgemildert wird, dass der Sockel nicht weiter ansteigt. Das heißt letztendlich, dass der Fahrer eines kleinen Wagens den Fahrer des großen Fahrzeuges mitsubventioniert.
Müller: Herr Resch, Sie sind ja gedanklich flexibel. Das haben Sie auch in vielen Interviews mit uns immer wieder deutlich gemacht. Ich möchte mal versuchen, Sie in die andere Position zu versetzen. Peer Steinbrück sind Sie jetzt, der Finanzminister. Welche Motive können dahinter stecken?
Resch: Wir wissen, dass die Automobilpolitik von der Industrie gemacht wird. Es gibt keine Branche, die so stark versucht, Einfluss auszuüben auf die Bundesregierung, wie der Verband der Deutschen Automobilindustrie unter Führung von Herrn Wissmann und den Automobilunternehmen selber. Wir stellen einfach fest, dass die Mitarbeiter auch der Automobilunternehmen, die in den Ministerien ganz offiziell mitarbeiten, ganze Arbeit geleistet haben.
Jetzt in diese andere Rolle mich hineinversetzt: Der Bundesfinanzminister meint offensichtlich, wenn er der Automobilindustrie ausreichend Erleichterungen steuerlicher Art gibt, dann könne diese leichter durch die Krise kommen. Wir sind allerdings der Auffassung, dass das ein Danaergeschenk ist, denn um Deutschland herum haben alle anderen europäischen Regierungen das getan, was Deutschland angekündigt hat, nämlich eine CO2-bezogene Kfz-Besteuerung einzuführen, die Spritfresser bestraft und besondere Anreize von bis zu 6.000 Euro für den Kauf von ganz besonders Sprit sparsamen Fahrzeugen setzt. Das führt natürlich jetzt in Deutschland dazu, dass wir durch diese Anreizsetzung auf irgendwelche Vorteile für Fahrzeuge unter 120 Gramm verzichten, also weitere Differenzierungen, besondere Anreize, wie wir es früher hatten, mit 1.000 Euro zum Beispiel für das Drei-Liter-Auto, und auf der anderen Seite die Absenkung der Steuer bei großen Fahrzeugen der Autoindustrie das Signal geben, weiter so, macht weiter diese entsprechenden Fahrzeuge. Die werden aber in den anderen europäischen Märkten immer schwerer verkäuflich sein. Die liegen jetzt schon wie Blei. Und die Gefahr, die einfach darin besteht, ist, dass mittelfristig der deutschen Autoindustrie dann das gleiche droht wie der amerikanischen.
Müller: Zumal auch, Herr Resch, wenn wir das richtig in Erinnerung haben, die Europäische Union ja für 2015 Vorgaben macht, die dann alle einhalten müssen.
Resch: Ja und es wird ausgesprochen schwierig werden, wie man diese entsprechenden 120 Gramm einhalten möchte.
Müller: Also auch der Porsche Cayenne muss das dann bringen?
Resch: Auch der Porsche Cayenne muss es bringen, wobei dazu muss man sagen: Die Regelungen, die in Brüssel jetzt letztendlich beschlossen wurden, sind durchlöchert wie ein Schweizer Käse. Für die nächsten Jahre ist es der Automobilindustrie sogar noch zugestanden worden, dass sie beim CO2-Ausstoß um drei bis vier Gramm ansteigen darf, weil man eben alle möglichen Gutschriften ihnen auch noch gewährt. Aber irgendwann müssen sie effizientere Fahrzeuge bringen und wir sehen keine Möglichkeit für die Automobilindustrie, diese Werte zu erreichen. Es wird dann wieder eine Diskussion wie im vergangenen Jahr geben, dass man eben Unmögliches nicht verlangen könne und dass die Werte ein weiteres Mal aufgeweicht werden sollen. Deswegen verlassen wir uns nicht darauf; wir verlangen jetzt eigentlich sehr viel stärker unter Hinweis auf die Klimaschutzverpflichtungen, die Deutschland abgeschlossen hat (innerhalb des europäischen Verbundes, aber auch international), dass dieses im Verkehrsbereich umgesetzt wird und wir einfach das machen, was andere Länder machen.
Ich will mal so ein Beispiel nennen. Wenn sie in Portugal einen Sprit sparenden Wagen zulassen, dann kriegen sie einen kleinen Zuschuss von einigen hundert Euro. Wenn sie dagegen einen Porsche Cayenne oder einen Touareg mit dem großen Motor zulassen, zahlen sie dort 35.000 Euro Strafsteuer. – Wenn sie nach Norwegen gehen, das gleiche. Ein Mittelklassewagen mit einem niedrigen Verbrauch kostet vielleicht 800 Euro Zulassungssteuer, ein Fahrzeug mit einem hohen Verbrauch 40.000, 45.000 Euro.
Müller: Herr Resch, jetzt haben wir schon ganz viel damit zu tun, diese drei Beispiele uns zu merken. In Deutschland droht nach den neuesten Plänen jedenfalls quasi eine Kappungsgrenze für die Steuerbelastung für große Autos. – Vielen Dank für das Gespräch.
Resch: Danke.
Müller: Jürgen Resch, Chef der Deutschen Umwelthilfe.