Archiv

Rheinland-Pfalz
Erdwärmekraftwerk vor dem Aus

Schon kurz nachdem das erste Erdwärmekraftwerk im Oberrheingraben 2007 ans Netz ging, traten in Landau Risse in Decken und Wänden in benachbarten Wohngebieten auf. Nun hob sich die Erde im Kraftwerksumfeld um mehrere Zentimeter, in der Stadt fürchtet man dies als Vorboten eines größeren Erdbebens.

Von Ludger Fittkau |
    Ein Mitarbeiter steht in Insheim (Rheinland-Pfalz) in einem Geothermiekraftwerk neben einem großen Ventilator.
    Ein Mitarbeiter steht in Insheim (Rheinland-Pfalz) in einem Geothermiekraftwerk neben einem großen Ventilator. (picture alliance / dpa / Uwe Anspach)
    Eine Kleingartenanlage am Stadtrand von Landau in der Pfalz. Das Erdwärme- Kraftwerk liegt nur gut hundert Meter entfernt. Die Kleingärtner sind Hauseigentümer im benachbarten Stadtteil und berichten von den Bewegungen, die das Kraftwerk hier angeblich im Boden auslöst:
    "Ich habe zuhause unter unserer Decke leichte Risse, die aufgetreten sind. Das ist oberflächlich, aber es ist unschön. Zumal man ewig den Vermieter anruft. Das ist wieder was, wir müssen was machen oder so."
    "Ich komme mir ein bisschen veräppelt vor, denn ich habe in gutem Glauben, dass die Technik gut ist, habe ich die Verkaufentscheidung damals getroffen."
    "Die Hebungen, die in der Stadt auftreten sind, sind ja schon massiv, mit sieben Zentimeter.
    Und ich denke, da können noch weitere Schäden auftreten, als schon da sind. Und deswegen wäre eine Stilllegung eigentlich dringend nötig."
    Der Boden hat sich mehrere Zentimeter angehoben
    Das sieht inzwischen auch der Stadtrat von Landau so, der das Geothermieprojekt im Stadtgebiet lange unterstützt hat, weil die Erdwärme als eine zukunftsweisende Energie galt. Leichte Erdbeben, die durch das Kraftwerk ausgelöst worden waren, habe man lange Zeit nicht sehr beachtet, berichtet der Landauer Oberbürgermeister Hans- Dieter Schlimmer (SPD). Doch nun habe sich der Boden mehrere Zentimeter nach oben geschoben:
    "Das war ja ein erheblicher Vorfall am Kraftwerk selbst, dort die höchsten Erhebungen. Das Gelände ist ja quasi innerhalb weniger Tage aufgerissen. Die Erde hat sich angehoben. Man dachte schon, man stünde vor einem größeren tektonischen Ereignis. Und das hat sich dann alles binnen weniger Tage beruhigt, als das Kraftwerk dann abgestellt wurde. Und damit auch für mich und andere auf der Hand lag, dass diese Erdanhebungen mit dem Kraftwerk zu tun hatten. Und das ist dann für eine Stadt vor allem dann, wenn ein solches Kraftwerk in unmittelbarer Nähe zu einem Wohngebiet liegt, einfach nicht mehr tragbar."
    Ein neues Wohngebiet entsteht auf dem Gelände einer alten Kaserne in unmittelbarer Nähe zum Kraftwerk. Gleichzeitig wird auf dem Areal die Landesgartenschau 2015 vorbereitet, in die das Geothermie-Kraftwerk ursprünglich einbezogen werden sollte. Doch die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Eveline Lemke von den Grünen, die für die Genehmigung des Kraftwerksbetriebs zuständig ist, glaubt nicht mehr daran, dass die Erdwärme in Landau noch mal Akzeptanz findet:
    "Die Krux an dem Standort in Landau ist, dass er sich quasi mitten in einem Wohngebiet befindet und dass auch über diese Mikroseismiken, also diese kleinen Bewegungen, die wir ja immer haben, der Planet bewegt sich ja immer unter der Erde. Aber dort gibt es jetzt einen Diskurs, der weit über das hinausgeht, was eine Akzeptanz noch sichern hilft."
    Land prüft Betriebsgenehmigung
    Noch prüft das Land, ob es die Betriebsgenehmigung für das privat betriebene Kraftwerk aufrechterhalten kann oder nicht. Zusätzlich ermittelt die Staatsanwaltschaft Landau aktuell wegen möglicher fahrlässiger Verunreinigung des Grundwassers im Kraftwerksbereich. Eine kaputte Dichtung soll dabei eine Rolle gespielt haben.
    Kraftwerksleiter Nikolaus Tsolakis von der Betreiberfirma Geo-X:
    "Wir selber sind natürlich an einer lückenlosen und auch schonungslosen Aufklärung interessiert. Es muss alles auf den Tisch damit eben auch hinterher das Vertrauen wieder hergestellt werden kann in die Geothermie."
    Doch wie es scheint, ist das Vertrauen bei der Landauer Kommunalpolitik verspielt.
    Alle Parteien im Landauer Stadtrat fordern vom Land nun ein schnelles Szenario für den Ausstieg aus der Tiefengeothermie: der Landauer Oberbürgermeister Hans-Dieter Schlimmer:
    "Wir erwarten vom Land, dass es uns unterstützt. Und die Äußerungen von Ministerin Lemke waren auch nicht anders zu werten. Wenn man sagt, mit der dort verwendeten Technik ist das Kraftwerk unmittelbar an einem Wohngebiet nicht mehr vermittelbar. Das ist öffentlich kommuniziert worden und da wollen wir die Ministerin auch beim Wort nehmen."
    Am 25. Mai sind Kommunalwahlen in Rheinland-Pfalz. Auch dies wird die Entscheidungsfreude der Mainzer Landesregierung erhöhen, hofft man in Landau.