
Die fünf Richter des Obersten Gerichtshofs haben Sitzungen bis zum 12. September geplant, in denen jeder Richter die Begründung seines Urteils vorträgt. Auch die Verteidiger von Bolsonaro und seinen sieben Mitangeklagten haben das Recht, auf die Urteilsbegründungen zu reagieren.
"Wir bedauern, dass die Geschichte der brasilianischen Republik erneut von einem Putschversuch geprägt war, der die Institutionen und die Demokratie untergräbt und darauf abzielt, einen Ausnahmezustand und eine echte Diktatur zu errichten", sagte Moraes zum Beginn der Beratungen. Die Staatsanwaltschaft sieht Bolsonaro als Hauptverantwortlichen für den Putschversuch vom 8. Januar 2023, als Tausende seiner Anhänger den Kongress, den Obersten Gerichtshof und den Präsidentenpalast stürmten und dort randalierten. Es war der schwerste Angriff auf Brasiliens Demokratie seit dem Ende der Militärdiktatur 1985. Bolsonaro selbst hat die Vorwürfe stets bestritten und spricht von politischer Verfolgung.
Politologe: Mögliche Haftstrafe könnte aufgehoben werden
Diese Ansicht sei eine "gewagte These", da Bolsonaro immer wieder seine Anhänger gegen Lula mobilisiert habe, sagte der Politikwissenschaftler Maihold im Deutschlandfunk. Wegen einer starken Politisierung der Justiz und der Mehrheitsverhältnisse im Parlament zugunsten von Bolsonaros Partei PL müsse aber damit gerechnet werden, dass eine mögliche Haftstrafe aufgehoben werden könnte.
US-Präsident Trump, der wegen des Sturms seiner Anhänger auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021 nie zur Rechenschaft gezogen wurde, sprach von einer Hexenjagd auf Bolsonaro. Die US-Regierung verhängte wegen des Prozesses Rekordzölle gegen Brasilien. Diese hätten aber laut Lateinamerika-Experte Maihold nicht zu so großen Verwerfungen geführt wie in anderen südamerikanischen Ländern, weil Brasiliens größter Exportpartner China ist.
Der Prozess gegen Bolsonaro (Audio)
Diese Nachricht wurde am 03.09.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.