Dirk Müller: George Bush tritt ab von der politischen Bühne - noch nicht ganz vollständig, erst Anfang nächsten Jahres -, aber er ist jetzt auf Abschiedsbesuch in Europa, auch Abschiedsbesuch in Deutschland, bei einer guten Freundin, wie er selbst sagt: bei Angela Merkel. Im Gästehaus Meseberg sagt er "farewell". "George Bush - umstrittenster Präsident aller Zeiten" ist jetzt schon nachzulesen. Viel, viel mehr als beispielsweise Lyndon B. Johnson, Richard Nixon oder auch als Bill Clinton.
Er hat dem Land geschadet. Er hat der Welt geschadet. Er hat sie unsicherer gemacht. - Das Urteil sehr vieler Politiker und sehr vieler Kommentatoren ist vernichtend. Hat der amerikanische Präsident denn wirklich alles falsch gemacht? Darüber wollen wir nun sprechen mit dem FDP-Ehrenvorsitzenden Otto Graf Lambsdorff. Guten Morgen!
Otto Graf Lambsdorff: Guten Morgen Herr Müller!
Müller: Graf Lambsdorff, selbst das Urteil über Robert Mugabe könnte kaum schlechter ausfallen.
Lambsdorff: Ja, das sehe ich auch und das lese ich auch. Ich halte das für ungerecht. Ich halte das auch für falsch. Ich glaube, dass dieser Präsident natürlich sehr viele Fehler gemacht hat - national und international -, aber sicherlich gibt es auch einige Pluspunkte. Das sehen seine Landsleute so; Das sieht auch die Welt international so. Und ich empfehle dringend, dass wir jetzt nicht in Deutschland anfangen, mit Kritik über ihn herzufallen in einer Weise, die nur kränkend wirkt und die außer Acht lässt, dass ein amerikanischer Präsident bis zu seinem letzten Tage im Amt eine ungeheuere Fülle von Macht hat. George Bush ist noch nicht Ex-Präsident; er ist immer noch Präsident des stärksten, wirtschaftlich und militärisch stärksten Landes der Welt und das sollten wir nicht vergessen, wenn wir über ihn und mit ihm reden.
Müller: Graf Lambsdorff, wenn wir über die großen Themen schauen: der 11. September, Afghanistan, Irak. Hätte ein anderer amerikanischer Präsident anders gehandelt?
Lambsdorff: In Sachen Irak könnte das sein, aber man muss daran denken, dass er damals eine große Mehrheit im Kongress hatte, denn ohne den Kongress hätte er das nicht unternehmen können, was er unternommen hat. Was Afghanistan anlangt, so war ja die volle Unterstützung auch der deutschen Seite. Wie hat noch der SPD-Fraktionsvorsitzende Struck seinerzeit gesagt: "Deutschland wird am Hindukusch verteidigt". Also: in Sachen Afghanistan waren wir einig. Wir sind allerdings nicht so einig, wie das manchmal scheint, und ich sage voraus, Herr Müller, dass der nächste amerikanische Präsident - wer immer das sein wird - in Sachen Afghanistan mehr von uns Europäern verlangen wird, wie überhaupt der nächste amerikanische Präsident keineswegs ein leichterer Partner für die Europäer sein wird. Es wird Fortschritte geben beim Klimawandel. Das ist auch dringend notwendig. Da hat sich George Bush sicherlich dicke Versäumnisse geleistet. Aber auch da hat er ja gestern in Meseberg angedeutet, es wird zu einem Kompromiss kommen und er wird ihn noch in seiner Amtszeit herstellen. Und er wird vor allem versuchen - und das wäre nun in der Tat auch in den Augen der Amerikaner ein großes Ergebnis -, deutliche Schritte zur Lösung des Nahostproblems zu unternehmen. Ob das gelingt, steht in den Sternen. Das haben auch seine Vorgänger versucht und nicht erreicht. Das war bei Bill Clinton auch nicht besser. Aber alles das steht noch auf der Tagesordnung und es ist immer noch ein knappes Jahr Zeit.
Müller: Blicken wir noch einmal zurück zum Irak-Krieg. Da hat es ursprünglich eine breite Zustimmung gegeben, trotz der umstrittenen Position in Europa, aber viele haben gesagt, wir machen mit - in Amerika, aber auch in Europa. Kann man jetzt sagen, dass Kriege aus westlicher Sicht falsch sind, wenn man sie verliert?
Lambsdorff: Das ist nicht nur aus westlicher Sicht, das ist aus der Sicht aller kriegführenden Parteien so. Kriege sollten wirklich das allerletzte Mittel der Politik sein, wenn es überhaupt noch ein Mittel der Politik sein kann. Der moderne Krieg ist auch nicht mehr der, den Clausewitz einmal so bezeichnet hat.
Aber was den Irak anlangt, war ja nach einem Urteil der Welt damals jedenfalls, als es los ging, nicht so sehr die Tatsache des Krieges der große Fehler, sondern die Fehler wurden gemacht mit dem, was nachher kam, was Herr Rumsfeld da veranstaltet hat, dass man feststellen musste, dass die Amerikaner auf nichts vorbereitet waren, dass sie gedacht haben, sie würden hier mit triumphalen und mit offenen Armen empfangen und überhaupt nicht einkalkuliert hatten, dass es große Widerstände im Irak gegen eine Besetzung durch Amerikaner gibt, dass es mit der ganzen arabischen Welt Probleme gibt. Was da an Nicht-Politik geleistet worden ist, was da an Fehlern gemacht worden ist, das weiß heute jeder. Das weiß auch glaube ich der Präsident selber und das lässt sich auch gar nicht vertuschen. Nur auch hier wird alles, was in Zukunft kommt, nicht so heiß gegessen, wie es gelegentlich serviert wird. Wenn Sie sich mal die Äußerungen der Kandidaten für die Präsidentschaft in Amerika ansehen - und zwar sowohl Barack Obama wie Hillary Clinton, erst recht John McCain -, keiner bleibt mehr bei seiner Aussage, jedenfalls die beiden demokratischen Präsidentschaftsbewerber, wir gehen sofort zurück und ziehen uns sofort aus dem Irak zurück. Das wird nicht geschehen. Sie werden sich dort keine Niederlage einhandeln. Jedenfalls werden sie alles versuchen, um das zu vermeiden. Auch insofern wird ein zukünftiger amerikanischer Präsident kein einfacher Gesprächspartner für die Welt sein.
Müller: Graf Lambsdorff, verraten Sie uns einen Pluspunkt.
Lambsdorff: Ein Pluspunkt ist, dass insgesamt gesehen die Situation in Amerika keineswegs unstabiler geworden ist. Die wirtschaftliche Position ist schwieriger geworden; das ist klar. Deswegen hat auch jeder Präsidentschaftsbewerber gerade der Republikaner mit diesem Erbe zu tun. Aber ich glaube, dass Ihre Frage berechtigt ist. Ausgemachte richtige Pluspunkte sind schwer aufzutreiben und schwer zu finden. Das stimmt!
Müller: Also könnte man doch sagen, die Welt ist unsicherer geworden?
Lambsdorff: Dass die Welt unsicherer geworden ist, vermag ich nicht zu erkennen. Jedenfalls nicht durch Fehler von George W. Bush. Aber dass wir es jetzt mit dem islamistischen Terror zu tun haben, das ist zweifellos richtig und das wird sich nach Afghanistan weiterhin als ein Punkt erweisen, dass wir es mit Klimawandel-Problemen zu tun haben, die gelöst werden müssen. Dass hier aber der Präsident in den letzten Wochen und letzten Monaten jedenfalls eine fortschrittlichere Position gezeigt hat, das ist auch richtig. Also die Probleme, die für ihn, für uns, für seinen Nachfolger auf dem Tisch liegen, die bleiben und die stehen zur Lösung an. Wie wir sie lösen können, das wird sich zeigen. Jedenfalls ist es wichtig, Herr Müller, dass die Beziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten - und das sind auch immer mal persönliche Beziehungen zwischen der Bundeskanzlerin und dem amerikanischen Präsidenten - gut sind. Das werden sie hoffentlich auch in Zukunft sein und bleiben und deswegen tut Angela Merkel völlig recht daran, den Präsidenten freundlich zu behandeln, ihn freundlich zum Abschied zu empfangen und das Gemeinsame herauszustreichen. Sie sind doch unsere bedeutenden Freunde. Sie sind unser größter Partner. Und wenn wir mal denken, was wir den Amerikanern alles zu verdanken haben, dann sollten wir etwas zurückhaltender sein, was Kritik anlangt.
Müller: Graf Lambsdorff, ich muss Sie in diesem Zusammenhang auch noch einmal etwas fragen. Ist es schwer, amerikanischer Präsident zu sein? Ist es schwer, George Bush zu sein nach dem 11. September, weil die Amerikaner Verantwortung übernehmen müssen, weil sie im Grunde immer die Drecksarbeit machen müssen?
Lambsdorff: Das ist für jeden amerikanischen Präsidenten das gleiche Problem. Jawohl, Sie haben Recht. Es ist schwer. Es ist nicht einfach, amerikanischer Präsident zu sein. Manchmal wundert es mich, warum Leute mit solcher Energie wie es Hillary Clinton und Barack Obama getan haben sich dafür einsetzen, hier kandidieren zu können. Aber gut: Das ist Politik und es ist natürlich auch sehr reizvoll, der mächtigste Mann oder die mächtigste Frau der Welt im Weißen Haus in Washington sein zu können.
Müller: Dann ist es einfacher, wenn ich Sie hier unterbrechen darf, Deutscher oder Franzose zu sein und zu sagen wir sind Gutmenschen?
Lambsdorff: Nein. Das ist nicht einfacher, aber wir müssen uns darüber im klaren sein: Deutschland ist eine Mittelmacht, eine wichtige Mittelmacht und Amerika ist die Großmacht, ist die Supermacht, ist es nach wie vor, wird es auch auf absehbare Zeit noch bleiben. Und was die Amerikaner in Beziehung zum Beispiel zu China, in Beziehung mit den Japanern, also alles was im Pazifik geschieht, was im Fernen Osten geschieht, machen, das ist durchaus auf der Haben-Seite auch für George Bush zu verbuchen. Nur schnelle Lösungen, zufriedenstellende Lösungen, Beseitigung gar der Probleme von heute auf morgen, das wird keiner schaffen. Das hat er nicht geschafft, das werden andere auch nicht schaffen. Er hat sicherlich einen erheblichen Lernprozess durchgemacht. Das sieht man gerade in diesen Tagen. Es wäre auch aus meiner Sicht höchst wünschenswert gewesen, wenn dieser Lernprozess früher und erfolgreicher begonnen hätte.
Müller: Live bei uns im Deutschlandfunk heute Morgen der FDP-Ehrenvorsitzende Otto Graf Lambsdorff. Danke für das Gespräch und auf Wiederhören!
Lambsdorff: Danke sehr, Herr Müller.
Er hat dem Land geschadet. Er hat der Welt geschadet. Er hat sie unsicherer gemacht. - Das Urteil sehr vieler Politiker und sehr vieler Kommentatoren ist vernichtend. Hat der amerikanische Präsident denn wirklich alles falsch gemacht? Darüber wollen wir nun sprechen mit dem FDP-Ehrenvorsitzenden Otto Graf Lambsdorff. Guten Morgen!
Otto Graf Lambsdorff: Guten Morgen Herr Müller!
Müller: Graf Lambsdorff, selbst das Urteil über Robert Mugabe könnte kaum schlechter ausfallen.
Lambsdorff: Ja, das sehe ich auch und das lese ich auch. Ich halte das für ungerecht. Ich halte das auch für falsch. Ich glaube, dass dieser Präsident natürlich sehr viele Fehler gemacht hat - national und international -, aber sicherlich gibt es auch einige Pluspunkte. Das sehen seine Landsleute so; Das sieht auch die Welt international so. Und ich empfehle dringend, dass wir jetzt nicht in Deutschland anfangen, mit Kritik über ihn herzufallen in einer Weise, die nur kränkend wirkt und die außer Acht lässt, dass ein amerikanischer Präsident bis zu seinem letzten Tage im Amt eine ungeheuere Fülle von Macht hat. George Bush ist noch nicht Ex-Präsident; er ist immer noch Präsident des stärksten, wirtschaftlich und militärisch stärksten Landes der Welt und das sollten wir nicht vergessen, wenn wir über ihn und mit ihm reden.
Müller: Graf Lambsdorff, wenn wir über die großen Themen schauen: der 11. September, Afghanistan, Irak. Hätte ein anderer amerikanischer Präsident anders gehandelt?
Lambsdorff: In Sachen Irak könnte das sein, aber man muss daran denken, dass er damals eine große Mehrheit im Kongress hatte, denn ohne den Kongress hätte er das nicht unternehmen können, was er unternommen hat. Was Afghanistan anlangt, so war ja die volle Unterstützung auch der deutschen Seite. Wie hat noch der SPD-Fraktionsvorsitzende Struck seinerzeit gesagt: "Deutschland wird am Hindukusch verteidigt". Also: in Sachen Afghanistan waren wir einig. Wir sind allerdings nicht so einig, wie das manchmal scheint, und ich sage voraus, Herr Müller, dass der nächste amerikanische Präsident - wer immer das sein wird - in Sachen Afghanistan mehr von uns Europäern verlangen wird, wie überhaupt der nächste amerikanische Präsident keineswegs ein leichterer Partner für die Europäer sein wird. Es wird Fortschritte geben beim Klimawandel. Das ist auch dringend notwendig. Da hat sich George Bush sicherlich dicke Versäumnisse geleistet. Aber auch da hat er ja gestern in Meseberg angedeutet, es wird zu einem Kompromiss kommen und er wird ihn noch in seiner Amtszeit herstellen. Und er wird vor allem versuchen - und das wäre nun in der Tat auch in den Augen der Amerikaner ein großes Ergebnis -, deutliche Schritte zur Lösung des Nahostproblems zu unternehmen. Ob das gelingt, steht in den Sternen. Das haben auch seine Vorgänger versucht und nicht erreicht. Das war bei Bill Clinton auch nicht besser. Aber alles das steht noch auf der Tagesordnung und es ist immer noch ein knappes Jahr Zeit.
Müller: Blicken wir noch einmal zurück zum Irak-Krieg. Da hat es ursprünglich eine breite Zustimmung gegeben, trotz der umstrittenen Position in Europa, aber viele haben gesagt, wir machen mit - in Amerika, aber auch in Europa. Kann man jetzt sagen, dass Kriege aus westlicher Sicht falsch sind, wenn man sie verliert?
Lambsdorff: Das ist nicht nur aus westlicher Sicht, das ist aus der Sicht aller kriegführenden Parteien so. Kriege sollten wirklich das allerletzte Mittel der Politik sein, wenn es überhaupt noch ein Mittel der Politik sein kann. Der moderne Krieg ist auch nicht mehr der, den Clausewitz einmal so bezeichnet hat.
Aber was den Irak anlangt, war ja nach einem Urteil der Welt damals jedenfalls, als es los ging, nicht so sehr die Tatsache des Krieges der große Fehler, sondern die Fehler wurden gemacht mit dem, was nachher kam, was Herr Rumsfeld da veranstaltet hat, dass man feststellen musste, dass die Amerikaner auf nichts vorbereitet waren, dass sie gedacht haben, sie würden hier mit triumphalen und mit offenen Armen empfangen und überhaupt nicht einkalkuliert hatten, dass es große Widerstände im Irak gegen eine Besetzung durch Amerikaner gibt, dass es mit der ganzen arabischen Welt Probleme gibt. Was da an Nicht-Politik geleistet worden ist, was da an Fehlern gemacht worden ist, das weiß heute jeder. Das weiß auch glaube ich der Präsident selber und das lässt sich auch gar nicht vertuschen. Nur auch hier wird alles, was in Zukunft kommt, nicht so heiß gegessen, wie es gelegentlich serviert wird. Wenn Sie sich mal die Äußerungen der Kandidaten für die Präsidentschaft in Amerika ansehen - und zwar sowohl Barack Obama wie Hillary Clinton, erst recht John McCain -, keiner bleibt mehr bei seiner Aussage, jedenfalls die beiden demokratischen Präsidentschaftsbewerber, wir gehen sofort zurück und ziehen uns sofort aus dem Irak zurück. Das wird nicht geschehen. Sie werden sich dort keine Niederlage einhandeln. Jedenfalls werden sie alles versuchen, um das zu vermeiden. Auch insofern wird ein zukünftiger amerikanischer Präsident kein einfacher Gesprächspartner für die Welt sein.
Müller: Graf Lambsdorff, verraten Sie uns einen Pluspunkt.
Lambsdorff: Ein Pluspunkt ist, dass insgesamt gesehen die Situation in Amerika keineswegs unstabiler geworden ist. Die wirtschaftliche Position ist schwieriger geworden; das ist klar. Deswegen hat auch jeder Präsidentschaftsbewerber gerade der Republikaner mit diesem Erbe zu tun. Aber ich glaube, dass Ihre Frage berechtigt ist. Ausgemachte richtige Pluspunkte sind schwer aufzutreiben und schwer zu finden. Das stimmt!
Müller: Also könnte man doch sagen, die Welt ist unsicherer geworden?
Lambsdorff: Dass die Welt unsicherer geworden ist, vermag ich nicht zu erkennen. Jedenfalls nicht durch Fehler von George W. Bush. Aber dass wir es jetzt mit dem islamistischen Terror zu tun haben, das ist zweifellos richtig und das wird sich nach Afghanistan weiterhin als ein Punkt erweisen, dass wir es mit Klimawandel-Problemen zu tun haben, die gelöst werden müssen. Dass hier aber der Präsident in den letzten Wochen und letzten Monaten jedenfalls eine fortschrittlichere Position gezeigt hat, das ist auch richtig. Also die Probleme, die für ihn, für uns, für seinen Nachfolger auf dem Tisch liegen, die bleiben und die stehen zur Lösung an. Wie wir sie lösen können, das wird sich zeigen. Jedenfalls ist es wichtig, Herr Müller, dass die Beziehungen zwischen Deutschland und den Vereinigten Staaten - und das sind auch immer mal persönliche Beziehungen zwischen der Bundeskanzlerin und dem amerikanischen Präsidenten - gut sind. Das werden sie hoffentlich auch in Zukunft sein und bleiben und deswegen tut Angela Merkel völlig recht daran, den Präsidenten freundlich zu behandeln, ihn freundlich zum Abschied zu empfangen und das Gemeinsame herauszustreichen. Sie sind doch unsere bedeutenden Freunde. Sie sind unser größter Partner. Und wenn wir mal denken, was wir den Amerikanern alles zu verdanken haben, dann sollten wir etwas zurückhaltender sein, was Kritik anlangt.
Müller: Graf Lambsdorff, ich muss Sie in diesem Zusammenhang auch noch einmal etwas fragen. Ist es schwer, amerikanischer Präsident zu sein? Ist es schwer, George Bush zu sein nach dem 11. September, weil die Amerikaner Verantwortung übernehmen müssen, weil sie im Grunde immer die Drecksarbeit machen müssen?
Lambsdorff: Das ist für jeden amerikanischen Präsidenten das gleiche Problem. Jawohl, Sie haben Recht. Es ist schwer. Es ist nicht einfach, amerikanischer Präsident zu sein. Manchmal wundert es mich, warum Leute mit solcher Energie wie es Hillary Clinton und Barack Obama getan haben sich dafür einsetzen, hier kandidieren zu können. Aber gut: Das ist Politik und es ist natürlich auch sehr reizvoll, der mächtigste Mann oder die mächtigste Frau der Welt im Weißen Haus in Washington sein zu können.
Müller: Dann ist es einfacher, wenn ich Sie hier unterbrechen darf, Deutscher oder Franzose zu sein und zu sagen wir sind Gutmenschen?
Lambsdorff: Nein. Das ist nicht einfacher, aber wir müssen uns darüber im klaren sein: Deutschland ist eine Mittelmacht, eine wichtige Mittelmacht und Amerika ist die Großmacht, ist die Supermacht, ist es nach wie vor, wird es auch auf absehbare Zeit noch bleiben. Und was die Amerikaner in Beziehung zum Beispiel zu China, in Beziehung mit den Japanern, also alles was im Pazifik geschieht, was im Fernen Osten geschieht, machen, das ist durchaus auf der Haben-Seite auch für George Bush zu verbuchen. Nur schnelle Lösungen, zufriedenstellende Lösungen, Beseitigung gar der Probleme von heute auf morgen, das wird keiner schaffen. Das hat er nicht geschafft, das werden andere auch nicht schaffen. Er hat sicherlich einen erheblichen Lernprozess durchgemacht. Das sieht man gerade in diesen Tagen. Es wäre auch aus meiner Sicht höchst wünschenswert gewesen, wenn dieser Lernprozess früher und erfolgreicher begonnen hätte.
Müller: Live bei uns im Deutschlandfunk heute Morgen der FDP-Ehrenvorsitzende Otto Graf Lambsdorff. Danke für das Gespräch und auf Wiederhören!
Lambsdorff: Danke sehr, Herr Müller.