
Zwei Wochen nach der ersten Abstimmung treten Trzaskowski und Nawrocki nun in einer Stichwahl gegeneinander an. Jüngsten Umfragen zufolge liegen beide Kandidaten etwa gleichauf. Erste Prognosen werden in der Nacht erwartet.
Warschaus Bürgermeister Trzaskowski: Auf der Seite von Regierungschef Tusk
Rafał Trzaskowski ist Bürgermeister von Warschau und gilt als enger Vertrauter von Regierungschef Tusk. Der proeuropäische Liberale setzt auf eine gesellschaftliche Öffnung. Der 53-jährige will das Abtreibungsrecht liberalisieren und die Rechte von LGBT-Personen stärken. Auch wirtschaftlich plädiert er für eine enge Anbindung an die EU. Trzaskowski war bereits EU-Abgeordneter und Minister. Er kandidierte 2020 erstmals für das Präsidentenamt.
Historiker Nawrocki: von der nationalkonservativen PiS unterstützt
Karol Nawrocki ist parteilos. Er wird jedoch von der nationalkonservativen PiS unterstützt. Der 42-Jährige Historiker steht für einen Kurs der nationalen Selbstbehauptung. Nawrocki lehnt eine engere EU-Integration ab und will eine traditionellere Gesellschaftsordnung. Im Wahlkampf trat er mit scharfer Rhetorik gegen Migration und liberale Reformen auf. Zudem warb er offensiv um rechtsradikale Wählerstimmen.
Negativschlagzeilen: Nawrocki spricht von Schmutzkampagne
Nawrocki steht unter anderem wegen seiner Vergangenheit und Verbindungen zu rechtsradikalen Kreisen in der Kritik. Medienberichten zufolge war er in seiner Jugend an einer Hooligan-Schlägerei beteiligt. Ihm werden Kontakte ins Rotlichtmilieu nachgesagt. In den 2000er-Jahren soll er als Hotelangestellter Prostituierte an Gäste vermittelt haben. Nawrocki weist diesen Vorwurf als "Lüge" zurück. Strafrechtliche Konsequenzen gab es bislang nicht.
Für Negativschlagzeilen sorgte auch, dass Nawrocki unter dubiosen Umständen die Wohnung eines Rentners übernommen hat. Polnischen Medienberichten zufolge versprach er dem alten Mann, sich um ihn zu kümmern, tat dies aber nicht - der 80-Jährige sei nun in einem städtischen Heim. Nawrocki betont, er sei Opfer einer Schmutzkampagne.
Richtungsentscheidungen - auch für Europa
Die Wahl in Polen gilt als richtungsweisend. Trzaskowski würde die Reformagenda der Regierung unterstützen. Nawrocki könnte mit seinem Vetorecht Gesetze blockieren und den Kurs der Regierung bremsen. Auch außenpolitisch wären die Unterschiede spürbar. Während Trzaskowski mehr europäische Kooperation anstrebt, fordert Nawrocki etwa eine Absage an den Euro und eine stärkere Kontrolle der Westgrenzen.
Die Bedeutung dieser Wahl reicht über Polen hinaus, denn als EU-Mitglied, NATO-Partner und wichtiger Unterstützer der Ukraine spielt Polen eine Schlüsselrolle in Europa. Eine politische Blockade oder ein Richtungswechsel in Warschau könnte daher spürbare Folgen für Brüssel und Berlin haben. Unabhängig vom Wahlausgang zeigte sich der Polen-Beauftragte der Bundesregierung, der CDU-Außenpolitiker Abraham, allerdings sicher, dass Polen fest in der EU und der NATO verankert bleibt. Die Unterstützung der Ukraine liege weiterhin im nationalen Interesse, sagte Abraham im Deutschlandfunk.
Ausführlichere Informationen zur Abstimmung in Polen:
Präsidentenwahl in Polen: Politischer Stillstand oder Reformkurs?
Diese Nachricht wurde am 02.06.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.