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Rio de Janeiro
"Es gibt keine schönere Stadt auf Erden"

Rio de Janeiro ist bekannt für den Zuckerhut und eine gigantische Christus-Figur, für Traumstrände, Karneval, Samba-Schulen und Bossa Nova. Seinen Namen hat Rio de Janeiro, das die Kolonialmacht Portugal heute vor 450 Jahren an der Guanabara-Bucht gründete, eigentlich einem Zufall zu verdanken.

Von Victoria Eglau | 01.03.2015
    Die berühmte Christusstatue in der Bucht von von Rio de Janeiro erscheint in der Abenddämmerung vor einem rot leuchtenden Himmel.
    Amerigo Vespucci landete 1502 mit seiner Flotte in der Bucht von Rio de Janeiro. (picture Alliance / dpa / Antonio Lacerda)
    "Wenn in der Welt ein irdisches Paradies zu finden ist, dann muss es ohne Zweifel nicht weit von dieser Gegend sein."
    So enthusiastisch beschrieb Amerigo Vespucci die herrliche Bucht, in der er im Januar 1502 mit einer Flotte unter portugiesischer Flagge gelandet war. Mehr als sechs Jahrzehnte später sollte dort die Stadt Rio de Janeiro gegründet werden. Vespucci und ein anderer Entdecker, Gaspar de Lemos, erkundeten im Auftrag von Portugals Krone die Küste des unbekannten Kontinents. Der Historiker Hans-Joachim König in seinem Buch "Die Geschichte Brasiliens":
    "Die große Bucht, die die portugiesischen Entdecker irrtümlicherweise für einen Fluss hielten, erhielt entsprechend dem Datum ihrer Sichtung, dem 1. Januar 1502, den Namen Rio de Janeiro."
    Auf Deutsch: Januar-Fluss. Bei ihren Landgängen entdeckten die Portugiesen nur ein Produkt, das sie interessierte: Rotholz, auch Brasilholz genannt. In Europa, wo die Textilindustrie blühte, war es als Färbemittel begehrt. Brasilholz wurde zum Hauptausfuhrprodukt des neuentdeckten Territoriums, und es gab dem portugiesischen Teil Amerikas seinen Namen: Brasilien. Die Portugiesen verfolgten zunächst nur Handelsinteressen, und Rio de Janeiro war einer ihrer Stützpunkte.
    Doch auch andere europäische Staaten wollten an der Expansion in den Südatlantik teilhaben. Vor allem französische Händler kamen den Portugiesen immer wieder ins Gehege.
    Hans-Joachim König: "Es führte dem portugiesischen König vor Augen, dass andere Maßnahmen als die Anlage von Handelsfaktoreien erforderlich waren, wollte Portugal sich nicht den Besitz von Brasilien und die Vorherrschaft im Südatlantik entreißen lassen. Kolonisierung war eine neue Methode der Herrschaftssicherung."
    Portugal setzte sich im Kampf um Rio de Janeiro gegen Frankreich durch
    Portugal ging in Brasilien zu einer energischen Siedlungspolitik über, aber Frankreich schaute nicht tatenlos zu. Im November 1555 erreichten mehrere hundert Auswanderer Rio de Janeiro und gründeten die Kolonie France Antarctique. Die portugiesische Kolonialverwaltung unternahm nun alles, um die Franzosen zu vertreiben. Im März 1560 drang Generalgouverneur Mem de Sá mit einer großen Flotte in die Bucht von Rio de Janeiro ein. Es folgten jahrelange kriegerische Auseinandersetzungen zwischen französischen und portugiesischen Kolonisten.
    Hans-Joachim König: "1565 setzte sich Estacio de Sá, ein Neffe des Generalgouverneurs, mit einem großen Truppenkontingent am Eingang der Bucht von Rio de Janeiro fest und errichtete dort auf der Halbinsel des Zuckerhutfelsens die befestigte Siedlung São Sebastião do Rio de Janeiro."
    Am 1. März 1565 wurde São Sebastião do Rio de Janeiro offiziell gegründet, doch noch zwei Jahre lang blieb die Siedlung umkämpft. 1567 schließlich schlugen portugiesische Truppen die Franzosen endgültig in die Flucht. Zwei Jahrhunderte später wurde der Hafen Rio de Janeiro Hauptstadt der Kolonie Brasilien.
    Als das Mutterland Portugal 1807 von napoleonischen Truppen besetzt wurde, floh die königliche Familie nach Südamerika. Prinzregent Johann machte Rio de Janeiro zum Regierungssitz des gesamten portugiesischen Reiches, wie Hans-Joachim König in seinem Buch beschreibt:
    "Mit der Errichtung der königlichen Druckerei, der Nationalbibliothek, eines Botanischen Gartens und eines Nationalmuseums gab er dem Land eine wichtige kulturelle Infrastruktur."
    1822 erreichte Brasilien die Unabhängigkeit von Portugal
    1822 erklärte die Kolonie Brasilien ihre Unabhängigkeit. Rio de Janeiro war durch seinen vorübergehenden Aufstieg zur Kapitale eines Imperiums herrschaftlicher und weltstädtischer geworden. 1969 allerdings zog Brasiliens Regierung aus Rio in das neu errichtete Brasilia.
    Berühmt ist Rio de Janeiro vor allem für seine Musik, Samba und Bossa Nova, den Karneval und eine nach wie vor überwältigende Küsten- und Hügellandschaft.
    Einst pries sie auch der Schriftsteller Stefan Zweig, ein Bewunderer Rios, der in Brasilien im Exil lebte und dort 1942 starb:
    "Es gibt keine schönere Stadt auf Erden, und es gibt kaum eine unergründlichere, unübersichtlichere. Man wird nicht fertig mit Rio de Janeiro."