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Rohingya in Bangladesch
Leben im größten Flüchtlingscamp der Welt

2017 flohen Hunderttausende Rohingya vor Verfolgung aus Myanmar nach Bangladesch. Als Unerwünschte haben sie sich im Nachbarland eine kaum menschenwürdige Existenz aufgebaut. In die Heimat trauen sie sich nicht - nach wie vor geht das burmesische Militär mit Gewalt gegen die Minderheit vor.

Von Benjamin Breitegger | 01.07.2019
Hütten in einer Senke: In der Monsunzeit sind Erdrutsche eine große Gefahr.
Leben im Provisorium: Trotz Erdrutsch- und Überschwemmungsgefahr erlaubt Bangladesch keine dauerhaften Befestigungen im Lager Kutupalong. (Benjamin Breitegger/Deutschlandradio)
Das Flüchtlingslager Kutupalong im Südosten Bangladeschs: Hütte reiht sich an Hütte, ein Meer aus Bambusrohren und Zeltplanen. Dazwischen Pfade aus festgetretener Erde. 720.000 Menschen leben hier, sie alle flüchteten aus Myanmar. Als sie 2017 in Bangladesch ankamen, rodeten sie den Wald und bauten Notunterkünfte – das hügelige Kutupalong wurde innerhalb kürzester Zeit zum weltweit größten Flüchtlingslager.
Die 40-jährige Khairun Nessa lebt mit ihrem Mann und sechs Kindern im Camp. Sie hockt in ihrer Hütte, die Luft steht Ende Mai bei 35 Grad Celsius.
"Bangladesch erreichten wir nach drei Tagen, die Grenzbeamten ließen uns durch. Wir flüchteten aus Myanmar, als das Militär das benachbarte Dorf angriff. Wir schwammen im Fluss und marschierten nachts, damit uns die Soldaten nicht entdeckten."
Mann und Frau nebeneinander in hockender Position
Khairun Nessa und Urmul Hakim leben seit knapp zwei Jahren im Camp, gemeinsam mit ihren sechs Kindern (Deutschlandradio/ Benjamin Breitegger)
Khairun Nessa gehört zur Volksgruppe der Rohingya, die eigentlich in der Region Rakhine im Westen Myanmars lebt. Der Staat erkennt sie aber nicht als Bürger an. Die mehrheitlich muslimische Ethnie wird seit Jahrzehnten diskriminiert.
Massenexodus im August 2017
Als im August 2017 muslimische Extremisten Polizeiposten überfielen und Polizisten ermordeten, reagierte das burmesische Militär mit flächendeckender Gewalt: Die Soldaten überfielen Dörfer der Region, mordeten willkürlich, massenvergewaltigten und brandschatzten. Überlebende berichten, dass Uniformierte Babys ins Feuer geworfen und sich an Kindern vergangen hätten. Tausende Menschen starben.
Die Vereinten Nationen sprachen von "ethnischen Säuberungen". UN-Ermittler sahen klare Anzeichen eines "beabsichtigten Völkermords" und fordern internationale Strafverfahren gegen den Armeechef und führende Militärs in Myanmar.
Die Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag gab Ende Juni dieses Jahres bekannt, dass sie beantragen werde, mutmaßliche Verbrechen gegen die Rohingya zu untersuchen.
In jenem August 2017 setzte innerhalb weniger Wochen ein Massenexodus ein. Die Rohingya – bis dahin wenigen ein Begriff – erlangten traurige Bekanntheit als die meistverfolgte Volksgruppe der Welt.
Das Nachbarland nahm die Menschen auf. Eineinhalb Jahre später, im Februar 2019, verkündete Bangladeschs Außenminister, Abul Kalam Abdul Momen, er wolle niemanden mehr ins Land lassen. Die Grenze zu Myanmar ist nun geschlossen.
Integration der Flüchtlinge unerwünscht
In Kutupalong harren die Flüchtlinge aus. Sie dürfen das Camp nur mit offizieller Genehmigung verlassen und sind von Nahrungsmittelhilfe abhängig. Kinder gehen zwar zur Schule, dürfen dort aber nur Burmesisch und Englisch und nicht Bengalisch lernen. Sie sollen sich nicht integrieren, bald zurück nach Myanmar.
Doch Hilfsorganisationen stellen sich darauf ein, jahrelang zu bleiben. Denn eine Rückkehr in ihre ursprüngliche Heimat schließen die Rohingya derzeit aus – aus gutem Grund.
16. September 2017 - Rohingya beim Grenzübertritt nach Bangladesh
16. September 2017 - Rohingya beim Grenzübertritt nach Bangladesh (Mohammad Rakibul Hasan/ZUMA Press / picture alliance)
Amnesty International warnte erst im Mai: Die burmesische Armee begehe im Kampf gegen bewaffnete buddhistische Aufständische Kriegsverbrechen. In den vergangenen Monaten kam es demnach erneut zu außergerichtlichen Hinrichtungen, Soldaten folterten und verschleppten Zivilisten.
Der Amnesty-Bericht basiert auf 81 Interviews mit Vertretern ethnischer Minderheiten in der Region Rakhine. Mitte Juni kappte die Regierung den Internetzugang der Region.
"Myanmar akzeptiert uns nicht als Staatsbürger"
Dort, in der Nähe der lokalen Hauptstadt Sittwe, lebt der Anwalt und Aktivist Kyaw Hla Aung. Er setzt sich dafür ein, dass die Menschenrechte der Rohingya anerkannt werden – kämpft für Schulen für Muslime und gegen Landraub. Der Staat inhaftierte ihn deshalb wiederholt, insgesamt zwölf Jahre lang saß er im Gefängnis. Sein Sohn schickte vor dem Internet-Blackout Sprachaufnahmen von ihm per E-Mail:
"Die Regierung in Myanmar akzeptiert nicht mal das Wort Rohingya. Sie akzeptiert uns nicht als Staatsbürger Myanmars. Nach der Unabhängigkeit hatten wir Ausweise, aber die wurden in den 1990er-Jahren konfisziert. Heute sagt die Regierung, wir seien illegale Migranten aus Bangladesch. Wir Rohingya haben mit der Militärdiktatur unsere Identität verloren, und seit den 1990ern dürfen wir uns nur eingeschränkt im Land bewegen."
Mehr als einhunderttausend Rohingya in der Region Rakhine sind laut Human Rights Watch gezwungen in Lagern zu leben, kontrolliert vom burmesischen Militär. Kyaw Hla Aung:
"Die Vertriebenen in den Lagern überleben nur mit Hilfe des Welternährungsprogramms und mancher Hilfsorganisationen. Es gibt kein richtiges Bildungssystem und keine richtigen medizinischen Einrichtungen in den Lagern. Es gibt keine Krankenhäuser. Und bei gesundheitlichen Problemen ist es sehr schwierig, die Menschen in öffentliche Krankenhäuser zu schicken."
Diskriminierung geht trotz internationalem Druck weiter
Mitte Juni berichtete die britische Zeitung "The Guardian", dass die Vereinten Nationen in Myanmar damit drohten, ihre Hilfe in Rakhine bis auf lebensrettende Maßnahmen zurückzuziehen. Sie wollen nicht Komplize einer "Regierungspolitik der Apartheid" sein. Man könne nur weitermachen, wenn es "konkrete Fortschritte in der grundlegenden Frage der Bewegungsfreiheit" gebe.
Apartheid, Freiluftgefängnisse – mit diesen Begriffen beschreibt auch Amnesty International die Lage in Rakhine.
Myanmars Staatsrätin Aung San Suu Kyi
Myanmars De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi, äußert sich meist nicht zu Kritik am Umgang mit den Rohingya (picture-alliance / dpa / Lynn Bo Bo )
Trotz internationalem Druck kommt es weiter zu massiver Diskriminierung. Das Militär ist weiterhin machtvoll und die De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi äußert sich meist nicht zur Kritik.
Der Autor Azeem Ibrahim geht in seinem Buch "The Rohingyas. Inside Myanmar’s Genocide" davon aus, dass die Friedensnobelpreisträgerin sogar manche der nationalistischen Ansichten zur Überlegenheit der Buddhisten teile. Bei einer Europareise Anfang Juni traf Aung San Suu Kyi den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán. In einem gemeinsamen Statement hieß es, eines der Probleme beider Länder sei die Frage des Zusammenlebens mit der ständig wachsenden muslimischen Bevölkerung.
"Ein sehr genau geplanter Völkermord"
Ein religiöser Konflikt zwischen Buddhisten und Muslimen – diese Ansicht greife zu kurz, sagt Nassir Uddin, Ethnologieprofessor an der Universität Chittagong in Bangladesch. Das, was in Myanmar heute geschehe, seien staatliche Verbrechen.
"Bis 2012 war es noch ein versteckter Genozid. Seit 2012 – und speziell ab 2016 – ist das aber ein bekannter Genozid: ein sehr genau geplanter Völkermord. Die staatliche Politik hat sich seitdem nicht geändert. Militärs sagen immer wieder, dass die einzige Lösung sei, die restlichen Rohingya aus Rakhine zu vertreiben."
Nassir Uddin stammt aus der Grenzregion und forscht seit Jahrzehnten zu Minderheiten. Er hat hunderte Interviews mit Angehörigen der Rohingya geführt. Der burmesische Staat begründe Verbrechen gegen sie damit, dass sie illegale Einwanderer seien, die während der britischen Kolonialzeit ins Land gekommen seien. Nassir Uddin sagt, dieses staatliche Narrativ gelte es zu brechen – es sei schlicht falsch.
"Rohingya leben seit mehr als tausend Jahren in der Region. Nur um einen historischen Beweis zu nennen: Francis Buchanan, einer der bekannten Historiker der Region, schrieb einen Artikel, der 1799 veröffentlicht wurde, in der Zeitschrift "Asiatic Researcher". Er schreibt klar, dass er in Nord-Rakhine mit einer Gruppe Menschen sprach, die sich als "Rooinga" bezeichneten und eine eigene Sprache hatten, die sie die Rooinga-Sprache nannten. Das war 1799, also bevor die Briten die Region besetzten."
"Ultimatives Feindbild" als "dreifache Minderheit"
Die Briten blieben mehr als 120 Jahre lang. Nach dem Zweiten Weltkrieg, im Jahr 1948, wurde Burma, das 1989 in Myanmar umbenannt worden ist, unabhängig. In den Anfangsjahren der postkolonialen Zeit saßen Rohingya sogar als Abgeordnete im nationalen Parlament. Doch 1962 putschte das Militär, das bis heute das Sagen hat. Der Buddhismus wurde zur Staatsideologie.
Der Platz für die kulturelle und religiöse Minderheit der Rohingya schwand immer mehr. Staatlich sanktionierte Gewalt, Vertreibung und Diskriminierung gehörten zu ihren Alltagserfahrungen. 1982 wurde das burmesische Staatsbürgerschaftsgesetz verabschiedet, es erkannte 135 Ethnien an – nicht aber die Rohingya.
Buchautor Azeem Ibrahim argumentiert, dass die Rohingya ein praktisches Feindbild darstellten, als der "burmesische Weg in den Sozialismus" scheiterte – und das Land verarmte. Der Ethnologe Nassir Uddin erklärt die Ausgrenzung der Rohingya ähnlich:
"Sie sind eine dreifache Minderheit: ethnisch, religiös – und sprachlich. Das hat sicher dazu beigetragen – und ich stimme Azeems Argument zu – dass die Rohingya zum ultimativen Feindbild wurden."
Mehr Rohingya in Bangladesh als in Myanmar
Die jahrzehntelange Diskriminierung hatte mehrere Fluchtbewegungen zur Folge: Neben den 720.000 Menschen, die seit 2017 gekommen sind, leben bereits seit Jahrzehnten rund eine halbe Million Rohingya in Bangladesch. In der Vergangenheit gab es zwar offizielle Rückkehrprogramme. Da sich die Lage in Myanmar aber nicht verbesserte, flüchteten die meisten Menschen erneut.
Heute sind bis zu 1,3 Millionen Rohingya in Bangladesch – mehr als in Myanmar. Der nationalistisch-buddhistische Staat verbucht das als Erfolg. Das Aufnahmeland Bangladesch stellt es vor riesige Herausforderungen.
Männer schleppen Ziegel mit einfachen Hilfsmitteln.
Asphalt ist in Kutupalong nicht erlaubt. Straßen werden aus Ziegeln gebaut. (Benjamin Breitegger/Deutschlandradio)
Ende Mai hat die Regenzeit in Bangladesch begonnen, sie dauert bis September. Während des Monsuns muss das Flüchtlingslager, das auf Erdhügeln errichtet worden ist, den Wassermassen standhalten. Bis zu 46 Zentimeter pro Tag regnete es im Vorjahr. Urmul Hakim, der Ehemann von Khairun Nessa, erinnert sich:
"Letztes Jahr haben wir gelitten, wir hatten keine gute Zeltplane und das Wasser ist in unsere Hütte eingedrungen. Aber dieses Jahr haben wir mehr Zeltplanen. Wir hoffen, dass der Regen unsere Hütte nicht beschädigen wird."
Permanente Infrastruktur erlaubt die Regierung nicht
Zu den größten Gefahren in den riesigen Flüchtlingslagern gehören Überschwemmungen und Erdrutsche. Um die zu verhindern, graben Arbeiter Abwasserrinnen. Und sie sichern Hänge mit Sandsäcken und Bambusstangen. Die Internationale Organisation für Migration, das UN-Flüchtlingshilfswerk und das UN-Welternährungsprogramm lassen in einer gemeinsamen Initiative Straßen aus Ziegelsteinen bauen. Asphaltierte Straßen und andere permanente Infrastruktur erlaubt die Regierung Bangladeschs nicht.
Der Brite Damon Elsworth ist für die Instandhaltungsarbeiten im 18 Quadratkilometer großen Camp verantwortlich.
"Wir sind alle besorgt darüber, wie wir das langfristig machen werden. Das alles hier ist temporär. Die Ziegelstraßen werden nicht ewig halten. Die Wasserkanäle werden bald weggeschwemmt. Ich denke, nach vier oder fünf Jahren wird man den Großteil der Infrastruktur neu aufbauen müssen, und all die harte Arbeit der vergangenen 18 Monate wird verloren sein. Zu den Hochzeiten haben wir hier rund 500.000 US-Dollar im Monat ausgegeben. Nur für Material. Die Infrastruktur hier aufzubauen und zu erhalten, in einem Camp in der Größe einer Stadt mit mehr als einer Million Menschen, hat einen hohen Preis. Und der ist gleichzeitig eine große Belastung."
In diesem Jahr sind 920 Millionen US-Dollar nötig, um die humanitäre Krise zu bewältigen. So steht es im Gemeinsamen Aktionsplan von IOM, Flüchtlingshilfswerk und Welternährungsprogramm. Bisher gibt es Zusagen für nicht mal ein Fünftel der Summe. Die IOM alleine fragte bei der internationalen Gemeinschaft rund 136 Millionen US-Dollar an. Damit werden Straßen, Kanäle und Latrinen gebaut. Helfer behandeln das Baumaterial Bambus, damit es länger hält. Und Flüchtlinge erhalten Gaskocher, damit die Gegend nicht weiter abgeholzt wird.
Soziale Spannungen in der Region spürbar
Die Region Cox's Bazar, in der sich das Kutupalong-Camp ausbreitet, galt schon vor der Ankunft der Flüchtlinge als eine der ärmsten in Bangladesch – die meisten Menschen hier leben von dem, was das Land hergibt. Soziale Spannungen seien daher spürbar, so der Ethnologe Nassir Uddin:
"Nach der ersten großen Fluchtbewegung 1978 hieß die lokale Bevölkerung die Rohingya willkommen. Da kamen Menschen in einer Krise und es gab dieses Gefühl, dass alle Teil der gleichen muslimischen Gemeinschaft waren. Aber allmählich, während der letzten zwei, drei, vier Jahrzehnte, kamen immer mehr Menschen – und die Lebenssituation für die Einheimischen wurde immer kritischer. Die Belastung stieg. Heute sind die Einheimischen – die Gastgeber – eine Minderheit in der eigenen Heimat."
Eine von der deutschen Else Kröner-Fresenius-Stiftung geförderte Gesundheitsstation im Camp 8 von Kutupalong.
Gesundheitsstation in Kutupalong (Benjamin Breitegger/Deutschlandradio)
Für die lokale Bevölkerung gebe es weniger Arbeit, sagt Mohammad Al Mamun, der Leiter einer Hilfsorganisation, die eine Gesundheitsstation im Camp betreibt. Denn die geflüchteten Rohingya würden den Preis drücken, sie arbeiteten als Tagelöhner bereits für rund zwei Euro. Schließlich müssten auch sie überleben.
"Die Rohingya nutzen außerdem das Land. Die lokale Bevölkerung überlebte nur durch den Wald, sie haben früher Bäume gefällt und Feuerholz verkauft und dadurch jeden Tag 300 bis 400 Taka, also drei bis vier Euro verdient. Heute haben sie diese Möglichkeit nicht mehr, sie müssen sogar Feuerholz für sich selbst kaufen. Hier war früher Wald, nun ist das ganze Land abgeholzt. Wie sollen sie also überleben?"
Niemand geht freiwillig nach Myanmar zurück
In den Gemeinsamen Aktionsplan ist deshalb die einheimische Bevölkerung integriert. Hilfsorganisationen sollen nicht nur in Flüchtlingslagern tätig werden, sondern einen Teil ihres Budgets für Projekte bereitstellen, die der lokalen Bevölkerung zugutekommen.
Nichts spricht dafür, dass sich die Lage entspannt und die Rohingya das Flüchtlingslager Kutupalong bald verlassen können. Myanmar versprach unter Vermittlung Chinas zwar, die Rohingya wieder zurückzunehmen. Aber ihre prekäre Lage im Land besserte sich bislang nicht. Niemand geht freiwillig zurück. Erst Mitte Juni beschuldigte der bengalische Außenminister die burmesische Regierung "offenkundiger Lügen". Myanmar würde seine Versprechen nicht einhalten.
Bangladesch plant einstweilen, das überfüllte Camp Kutupalong zu entlasten. 100.000 Flüchtlinge sollen nach Bhasan Char umgesiedelt werden, eine bisher unbewohnte Insel im Golf von Bengalen. Die Regierung hat bereits Unterkünfte für 70.000 Menschen und einen drei Meter hohen Hochwasserschutz errichtet.
Menschenrechtler kritisieren den Plan: Der Hochwasserschutz sei zu niedrig und die Insel gefährdet, bei Stürmen komplett überschwemmt zu werden. Der UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte in Myanmar, Yanghee Lee sagte nach einem Besuch, es gebe eine Reihe von Dingen, die ihm nach wie vor unklar seien, darunter die zentrale Frage, ob die Insel wirklich bewohnbar sei.
Kinder im Flüchtlingslager sitzen vor einem improvisiertem Geschäft.
Die Kinder im Flüchtlingslager haben keine Perspektive. Bengalisch lernen dürfen sie nicht. (Benjamin Breitegger/Deutschlandradio)
Human Rights Watch bezeichnete Basan Char als "De-facto-Gefängnisinsel". Sie liegt mehrere Stunden Bootsfahrt vom Festland entfernt. Man wisse nicht, wie Bangladesch Hunderttausend Freiwillige für den Umzug finden wolle.
"Wir wollen nur als Staatsbürger akzeptiert werden"
Der Ethnologe Nassir Uddin sagt, die Hunderttausenden Rohingya – die Hälfte davon Kinder – seien in Kutupalong und anderen Camps zwar in Sicherheit. Aber alles, was sie tun können, sei warten. Ein menschenwürdiges Leben sei das nicht.
"Was macht man? Wohin geht man? Man sitzt nur in einem kleinen Zelt, kriegt Nahrungsmittel, kocht, isst. Sieht so ein Leben aus? Sie haben keine sicherere Zukunft. Sie haben überhaupt keine Zukunft. Und ihre Kinder kriegen keine gute Ausbildung. Viele ältere Menschen haben mir gesagt: Unser Leben ist nun irgendwie vorbei. Aber was ist mit der Zukunft unserer Kinder?"
Das Ehepaar Khairun Nessa und Urmul Hakim bleibt weiter im Camp, gemeinsam mit ihren sechs Kindern. Geld für ihre Ausbildung hätten sie keines, sagt Urmul Hakim:
"Ich wünsche mir nur, dass Myanmar und die internationale Gemeinschaft sicherstellen, dass wir nicht leiden müssen, wenn wir eines Tages zurückkehren. Jetzt können wir das nicht. Die Armee würde uns töten. Wir wollen nur als Staatsbürger akzeptiert werden. Als Muslim in Myanmar kriege ich nicht mal ein Begräbnis. Wenn ich hier im Camp sterbe, kriege ich zumindest ein Begräbnis."