Sonntag, 12. Mai 2024

Archiv

Rosenmontag
Narren nehmen Terror, Putin und Pegida aufs Korn

In den Karnevalshochburgen Köln, Düsseldorf und Mainz haben sich die Jecken ihre beißende Satire nicht verbieten lassen - trotz des Terroranschlags in Kopenhagen und des abgesagten Umzugs in Braunschweig. Für Aufsehen und eine Kontroverse sorgten die Motivwagen zu den Terroranschlägen von Paris.

16.02.2015
    Ein Karnevalswagen beim Rosenmontaqgszug in Düsseldorf zeigt das Motiv "Terror hat nichts mit Religion zu tun".
    Ein Karnevalswagen beim Rosenmontaqgszug in Düsseldorf zeigt das Motiv "Terror hat nichts mit Religion zu tun". (dpa / Roland Weihrauch)
    Hunderttausende Karnevalfans haben sich den Spaß an ihrem höchsten Feiertag nicht nehmen lassen. Bei den Rosenmontagszügen in Köln, Düsseldorf und Mainz wurde die Angst vor islamistischen Anschlägen aber nicht verschwiegen, weder auf den Wagen noch am Straßenrand. Aufgegriffen werden außerdem der vom russischen Präsidenten Wladimir Putin geschürte Ukraine-Konflikt und die islamfeindlichen "Pegida"-Proteste.
    Am Sonntag war in Braunschweig ein Karnevalsumzug nach einer Terrordrohung abgesagt worden. Die Polizei in den drei rheinischen Hochburgen sah aber auch am Montag weiterhin keine besondere Gefahr. Dort spielten schon um 10.11 Uhr die Fanfaren das Startsignal zum Rosenmontagszug. In Mainz ging es eine Stunde später los. Düsseldorf präsentierte sich wie jedes Jahr bissig-politisch. So zeigte etwa der Satiriker Jacques Tilly auf seinem Wagen einen kopflosen Mann auf der Flucht vor einem Maskierten, der ein bluttropfendes Schwert schwingt. Aus dem offenen Hals des Flüchtenden mit dem "Charlie Hebdo"-Magazin in den Händen kam die Spruchblase "Satire kann man nicht töten".
    Doch Kölner Motivwagen zu islamistischem Terror
    Das Thema Terror war auch auf dem Umzug in Köln präsent, dort war nun doch ein Wagen zu den Anschlägen von Paris zu sehen. Allerdings in abgewandelter Form: Gezeigt wurde ein Clown, der mitten in einem abgeholzten Stiftewald einen neuen Buntstift als Symbol der Narrenfreiheit wachsen lässt. An der Stelle des Zuges, wo der ursprüngliche "Charlie-Hebdo-Wagen" fahren sollte, fuhr ein grauer Wagen ohne Aufbauten und närrische Bemalung mit. Der Schriftzug "Das ist was bleibt! Das freudeversprühende Grau!" sollte ein Zeichen dafür setzen, dass fanatische Islamisten nicht den Frohsinn des Karnevals verhindern. In Düsseldorf gab es drei Turbanträger, die sich Mund, Ohren und Augen zu halten. Auf ihren Kopfbedeckungen hieß es "Terror...hat nichts... mit Religion zu tun".
    Griechenlands Premierminister schießt mit einer Steinschleuder auf die einäugige Bundeskanzlerin.
    Griechenlands Premierminister schießt mit einer Steinschleuder auf die einäugige Bundeskanzlerin. (dpa / Maja Hitij)
    Auch Papst Franziskus kam in Düsseldorf nicht ungeschoren davon. Eine Papstfigur schlug in vollem Ornat unter dem Motto "Nächstenhiebe" mit einem Stock auf den nackten Po des Vatikan ein und erklärte dazu: "Schlagen, aber mit Würde". Damit griff der Mottowagen die umstrittene Bemerkung des Papstes über einen Vater auf, der Schläge als Erziehungsmaßnahme einsetzt.
    Putin und "Pegida"
    Das Kölner Motto "Social jeck - kunterbunt vernetzt" kam gleich auf acht Wagen zum Zug: Porno, Kaufrausch, Trash und Terror strömten da zum Beispiel aus dem Netz. Aber auch die große und die kleine Politik fahren mit. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) legt eine Bruchlandung mit Bundeswehrschrott hin. Die Kölner Karnevalisten thematisierten auch den russischen Präsidenten Wladimir Putin, der als Roboter-Panzer Tschetschenien, Moldawien, Georgien und die Ukraine überrollt, die in Richtung Europäische Union streben.
    Die Düsseldorfer hatten Satiriker Tilly auch einen Mottowagen zum Thema Flüchtlinge bauen lassen. In der Mitte des Zuges zeigte er ein sinkendes Flüchtlingsboot, um Hilfe schreiende Menschen und ertrinkende Afrikaner. Der Text "Flüchtlingsgrab Mittelmeer. Das ist der wahre Untergang des Abendlandes" nahm Bezug auf die Parolen der islamkritischen und fremdenfeindlichen "Pegida"-Bewegung.
    Im baden-württembergischen Rottweil begann am Montagmorgen der Narrensprung. Tausende Maskenträger strömten in einem mehrstündigen Umzug durch die historische Innenstadt. Der Narrensprung ist einer der Höhepunkte der schwäbisch-alemannischen Fastnacht.
    (sdö/pg/dk/tj)