Mittwoch, 15. Mai 2024

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Rückendeckung für Cornelia Pieper

Elke Durak: Pieper oder nicht Pieper, es gibt FDP-internen Streit um die Zukunft der FDP-Generalsekretärin Cornelia Pieper und gewiss nicht nur wegen ihrer etwas abweichenden Meinung in bildungspolitischen Fragen. Sie verlangt mehr bundespolitische Verantwortung und das ist Teufelszeug für jeden eingefleischten Liberaldemokraten. Auf dem Dreikönigstreffen der FDP in Stuttgart heute wird man an Frau Pieper so oder so nicht vorbeikommen, es sei denn, man schickte sie hinaus. Das wird nicht gelingen, das wird man auch nicht tun. Daniel Bahr ist am Telefon, sozialpolitischer Sprecher seiner Fraktion, der FDP-Fraktion im Bundestag und auch FDP-Vorstandsmitglied, ich erreiche ihn in Stuttgart kurz vor Beginn des Treffens. Was zieht Sie eigentlich zu dieser sehr alten Veranstaltung?

Moderation: Elke Durak | 06.01.2005
    Daniel Bahr: Ach es ist immer erstens etwas Schönes, um alle einmal wieder zu treffen am Anfang des Jahres und sich ein gutes neues Jahr zu wünschen, aber natürlich geht es auch immer auch darum, eine Kursbestimmung zu machen. Und das Dreikönigstreffen ist insofern in der Tat geschichtlich legendär, weil ja die FDP Anfang des Jahres damit immer ihre Themen setzen konnte. So wie die CSU eine Klausurtagung in Wildbad Kreuth macht. Häufig sind Legenden dann natürlich auch eine Geschichte, die dann dazu beiträgt, dass das Dreikönigstreffen wie das in Wildbad Kreuth bekannt geworden sind. Aber ich finde es eigentlich eine gute Sache, dass man sich trifft und sich dabei darüber unterhält, was sind eigentlich die Schwerpunktthemen der FDP für dieses Jahr. Und in 2005 glaube ich, gibt es genug zu diskutieren und sich zu überlegen, was wir dieses Jahr alles machen wollen.

    Durak: Eigentlich sollte die FDP ja wissen, was sie machen will und vor allen Dingen mit Blick auf die Bundestagswahl. Aber lassen Sie uns ein Wort noch zu Frau Pieper verlieren, warum braucht die FDP eben diese Generalsekretärin?

    Bahr: Cornelia Pieper hat unbestreitbare Verdienste. Sie hat die FDP mit zu einer gesamtdeutschen Partei gemacht. Wenn Sie sich mal daran erinnern, in den 90er Jahren war die FDP im Grunde eine westdeutsche Partei, im Osten hatten wir Ergebnisse von ein, zwei Prozent und das ist jetzt nicht mehr so. Wir sind stabil über fünf Prozent in den neuen Bundesländern. Das unterscheidet uns im übrigen von den Grünen, die das nicht sind, die sind im Osten wesentlich schwächer aufgestellt. Und da hat sie einen großen Anteil daran. Sie ist eine unheimlich offene, ehrliche Persönlichkeit, also sie hat unbestritten Verdienste auch, die sie in die FDP, in die Führungsmannschaft einbringen kann und deswegen gehört sie auch in die Führungsmannschaft.

    Durak: Aber? - Kein aber.

    Bahr: Das ist nicht meine Sache. Cornelia Pieper ist im Amt. Und Guido Westerwelle hat gesagt, dass Personalentscheidungen bis zur Wahl in Schleswig Holstein, das heißt Ende Februar, für ihn nicht anstehen und deswegen werden wir uns alle gedulden, wie er sich denn entscheidet, ob er sie wieder zur Generalsekretärin machen will oder ob er jemand anderen nimmt. Es ist ja so, dass das Vorschlagsrecht für den Generalsekretärsposten nur beim Bundesvorsitzenden liegt und insofern ist es eine Entscheidung von Guido Westerwelle.

    Durak: Finden Sie das in Ordnung, dass da eine Alleinentscheidung getroffen wird? Wozu braucht es da den Vorstand, das Präsidium?

    Bahr: Ja, ich glaube, das ist ja nur bei der Position des Generalsekretärs so. Und da glaube ich, ist es sinnvoll, weil es ein Vertrauensverhältnis zwischen Vorsitzenden und dieser wichtigen Position braucht, das ist in den anderen Parteien nicht anders. Das ist eine sehr herausgehobene Position. Die soll ja auch mal dem Vorsitzenden den Rücken freihalten, beziehungsweise inhaltliche Impulse angeben, sie soll die Partei organisieren, also das ist schon eine herausgehobenere Position als der Stellvertreterposten und insofern hat sich das so herausgebildet und ich glaube, da will auch keiner dran rütteln und das passt auch schon so zusammen.

    Durak: Naja, der inhaltliche Impuls, den Frau Pieper gegeben hat, in Sachen Bildung, wie halten Sie es denn damit, Ihre Bildungserfahrungen liegen ja noch nicht allzu lange zurück, Sie sind unter Dreißig. Finden Sie auch, dass es mehr nationale Bildungsstandrads geben sollte, wie es Frau Pieper verlangt?

    Bahr: Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube, dass es viel sinnvoller ist, den Bildungseinrichtungen insgesamt mehr Autonomie zu geben. Das heißt, nicht zu überlegen, wo kann der Staat sich jetzt wieder mehr einmischen, wo kann der Staat mehr Vorgaben machen, sondern genau das Gegenteil zu machen, den Schulen und Hochschulen viel mehr Freiheiten zu geben, selbst sich ein Profil herauszubilden, selbst Entscheidungen vor Ort zu treffen. Das heißt, Bildungspolitik viel, viel mehr zu dezentralisieren als wir es heute schon haben. Meine Erfahrungen aus der Pisa-Studie sind übrigens, dass nicht der staatliche Einfluss zu guter Qualität in der Bildung führt, sondern dass gerade die Länder, die ihren Einrichtungen Autonomie gegeben haben, mehr Entscheidungshoheit vor Ort, dass die zu wesentlich besseren Ergebnissen gekommen sind, insofern würde ich einen anderen Weg gehen. Aber ich will Ihnen auch sagen, ich halte diesen Bildungsstreit im Moment in der FDP für vollkommen aufgebauscht.

    Durak: Von wem, von den Medien aufgebauscht oder FDP-intern?

    Bahr: Da sind wir, glaube ich, in der FDP selbst Schuld dran. Wie da jetzt daraus indirekt Rücktrittsforderungen gemacht werden. Also es ist das gute Recht der Generalsekretärin, dass sie inhaltliche Impulse gibt. Und ich muss Ihnen sagen, ich hätte mir viel häufiger gewünscht, dass Cornelia Pieper Inhalte in die Diskussionen der FDP bringt, das ist die Aufgabe einer Generalsekretärin, immer mal wieder neue Ideen reinzubringen, programmatische Anstöße zu geben. Insofern wenn das jetzt wieder gekoppelt wird mit Personalstreit, dann halte ich das für wirklich nur aufgebauscht und vorgeschoben dieser Bildungsstreit, da scheinen einige ganz andere Ziele zu haben.

    Durak: Darüber werden Sie also möglicherweise heute sprechen in Stuttgart. Wir wollen noch über etwas anderes sprechen, was uns so über Nacht an Informationen erreicht hat, Herr Bahr, Sie werden genannt, als einer der Parlamentarier in Deutschland nun aus dem Bundestag, der bei einer Bank beschäftigt war, ist, mit Geld oder ohne Geld?

    Bahr: Nein, ich bin seit 2003 gehaltlos beurlaubt. Ich war vorher bei der Dresdner Bank tätig, auch während meines Studiums und habe mich dann für die Zeit im Deutschen Bundestag jetzt gehaltlos beurlauben lassen. Das ist mir auch wichtig. Sie müssen verstehen, ich bin jetzt 28 und ich möchte ja nicht ewig in der Politik bleiben und insofern auch eine Rückkehrmöglichkeit zu haben in meinen Beruf, den ich vorher ausgeübt habe, ist für mich gerade auch als junger Abgeordneter auch ein Stück Unabhängigkeit. Ich bin nicht darauf angewiesen, Karriere in der Politik zu machen oder hier zu bleiben. Wenn es mir hier nicht mehr passt, oder wenn es möglicherweise meiner Partei oder den Wählerinnen und Wähler nicht mehr passt wie ich Politik machen soll, dann kann ich gut auch etwas anderes machen. Insofern war das für mich etwas, mit dem ich ganz offensiv umgegangen bin. Jeder weiß das, ich habe das veröffentlicht, das steht auf meiner Homepage. Ich gehe da insofern auch ganz offen und ehrlich mit um. Ich finde insofern, das ist auch der richtige Weg, warum soll nicht jemand auch eine Rückkehrmöglichkeit haben in ein Unternehmen, warum soll nicht auch jemand nebenbei Mitarbeiter in einem Unternehmen bleiben. Übrigens im Öffentlichen Dienst hat jeder die Rückkehrmöglichkeit sogar auf seinen alten Arbeitsplatz, der wird freigehalten. Das ist dann insofern ein guter Zustand.

    Durak: Ich glaube...Entschuldigen Sie, dass ich Sie unterbreche, Herr Bahr. Aber es ist schon wichtig, es kommt ja nicht darauf an, dass man Rückkehrmöglichkeiten hat, was die öffentliche Diskussion jetzt betrifft, sondern es kommt darauf an, erstens ist es gemeldet worden und zweitens inzwischen geht es dahin, wie hoch sind die Bezüge, ist das noch, entspricht das noch den Realitäten?

    Bahr: Ja da kann ich Ihnen zu meiner Person sagen, ich haben ja keine Bezüge, ich bin gehaltlos beurlaubt, gemeldet ist es von Anfang an, es ist offensiv bei mir auf der Homepage, insofern, glaube ich, kann ich mir selbst keinen Vorwurf machen.

    Durak: Aber sie haben eine Meinung zu andern Fällen, oder?

    Bahr: Richtig, also der Fall von Herrn Arentz, das war ja der Auslöser, das war völlig inakzeptabel, er hat, glaube ich, 60.000 Euro bekommen und ohne eine Gegenleistung zu bringen. Das ist, finde ich, inakzeptabel, weil da natürlich sehr schnell der Ruch entsteht, als ob da eine Entscheidung möglicherweise gekauft wurde oder als ob da Gefälligkeiten gekauft wurden. Aber das ist etwas ganz anderes als das, was ich unter einer Nebentätigkeit eines Abgeordneten verstehe. Übrigens ist das auch nicht das, was ich unter den Verhaltensregeln verstanden habe für Abgeordnete, was Herr Arentz gemacht hat. Insofern ist er ein schwarzes Schaf, aber das heißt nicht, das die ganze Herde schwarze Schafe sind.

    Durak: Aber es gibt in fast jeder Partei und insbesondere wohl auch in der FDP Kollegen, die Mandatsträger sind, die eine ganze Reihe von Neben- ja -verdiensten oder Nebentätigkeiten haben zunächst einmal, wahrscheinlich auch mit Verdiensten das eine oder andere mal. Muss man da etwas ändern, brauchen wir einen neuen Verhaltenskodex?

    Bahr: Ich glaube nicht, wir haben die Regel, dass das veröffentlicht werden muss. Es gibt ja Zeitungen in Deutschland, die das jetzt auch veröffentlichen, das ist völlig ok, das ist deren gutes Recht. Dann wundert man sich nur, wenn dann der Eindruck entsteht, als ob alle Nebentätigkeiten gegen Gehalt sind. Also es gibt sehr, sehr viele ehrenamtliche Nebentätigkeiten. Also es ist ja nicht so, dass alle Nebentätigkeiten gegen Bezahlung, sondern es gibt unheimlich viele Vorstandspositionen, die auf Ehrenamt sind auch von Bundestagsabgeordneten. Ich glaube, dass mehr Transparenz rein muss, es gibt ja auch die Anzeigepflicht. Das heißt, ab einem bestimmten Nebenverdienst, Einkommen muss dem Bundestagspräsidenten auch die Höhe dieses Einkommens mitgeteilt werden. Insofern sehe ich im Moment noch nicht den großen Änderungsbedarf. Ich haben gehört rot-grün wird einen Gesetzesentwurf schreiben, etwas verschärfen. Ich werde mir das angucken und dann werden wir darüber überlegen in der FDP, wie wir dazu stehen. Aber im Moment sehe ich für mich keinen Handlungsbedarf nur weil da jemand einen Fehler gemacht hat oder ein paar Leute Fehler gemacht haben, ist das noch lange nicht Anlass dafür, das ganze Gesetz zu ändern.

    Durak: Wir werden darüber berichten können, Herr Bahr. Besten Dank, das war Daniel Bahr, Mitglied im FDP-Vorstand und sozialpolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion.